Helfende Mädels am Spielfeldrand
Vor der neuen Fußball Saison Bei immer mehr Klubs kümmern sich Frauen um die Blessuren und Psyche der Männer
Wenn der Muskel zwickt, die Schulter weh tut oder ein leichtes Stechen in der Rippe zu spüren ist, dann setzt sich gar mancher Amateurfußballer aus der Region ein schmerzverzerrtes Gesicht auf. Erste Hilfe bei vielen Vereinen im Landkreis leisten inzwischen immer mehr die Frauen. Die hübschen Mädels vom Spielfeldrand rennen – sofern es der Schiedsrichter erlaubt – mit ihrem kleinen Sanitätskoffer auf den Platz, um dort mit Eisspray, Eispack, Kompressen oder gar einem Tapeverband für erste Linderung zu sorgen.
Christian Pessinger vom FC Pfaffenhofen-Untere Zusam hat da noch ganz andere Zeiten erlebt. Einen eigenen Betreuer oder eine Betreuerin gab es nicht. „Wenn jemand versorgt werden musste, kam ein Ersatzspieler mit der Kühlbox auf den Platz gerannt“, erinnert sich der 29-Jährige. Inzwischen herrschen beim FC PUZ in Sachen Betreuung geradezu luxuriöse Verhältnisse. Insgesamt drei Frauen kümmern sich um die Blessuren der Kicker. Zu Melli Skrotzki, die in einer Buttenwiesener Praxis für Physiotherapie arbeitet, schicken die Verantwortlichen ihre Spieler, wenn eine intensivere Pflege von Verletzungen notwendig ist. Bei den Spielen der zweiten Mannschaft ist Rebecca Morschl als Betreuerin dabei, bei der „Ersten“setzt Anika Rager im Bedarfsfall ihre „heilenden Hände“ein. Warum immer mehr Frauen diesen ehrenamtlichen Job ausüben? Christian Pessinger hat eine einfache Erklä„Das rung: Interesse der Frauen am Fußball in der Region ist in den vergangenen Jahren einfach größer geworden.“ Bei Sarah Weber musste das Interesse am Männerfußball erst gar nicht groß geweckt werden. Schon als kleines Mädchen ist sie mit ihrem Bruder Simon zu den Spielen des FCL gegangen und hat mitgefiebert. Seit ihr um zwei Jahre älterer Bruder selbst in der ersten Mannschaft spielt, leidet die 28-Jährige noch mehr mit. Die hauptberufliche Physiotherapeutin überlässt bei den Spielen auf dem Platz die Erstversorgung dem FCL-Urgestein Werner „Bella“Klug. Doch seit sieben Jahren ist sie schlechthin die „medizinische Abteilung“beim Traditionsklub von der Donau. Mindestens einmal die Woche macht sie vor, während oder nach dem Training Dehnungs- und Lockerungsübungen mit angeschlagenen Spielern auf dem Platz. Auch mit ihrem Freund Fabian Kraus, den sie durch den Fußball beim FCL kennengelernt habe. Bei den Spielen des Bezirksliga-Absteigers reiht sich Sarah Weber in den Kreis der restlichen Spielerfrauen auf den Zuschauerrängen ein und feuert das Team an. „Wenn man so nah an der Mannschaft dran ist, leidet man natürlich besonders mit“, gesteht die Lauingerin. Dem Vorsitzenden des FCL, Roland Sommer, ist aufgefallen, dass es in mehreren Vereinen Frauen wie Sarah Weber gibt, die neben ihrer Arbeit als Betreuerin oder Physiotherapeutin auch hervorragende Psychologinnen seien. „Frauen sind diesbezüglich viel einfühlsamer“, ist er überzeugt.
In die gleiche Kerbe schlägt Abteilungsleiter Benno Sailer vom SV Aislingen. Der ehemalige Bayernligaspieler ist froh, dass es in seinem Verein eine Frau wie Johanna Stark, geborene Fenzl, gibt. Als die Ellerbacherin vor einigen Jahren als Betreuerin zu den Kickern auf den Kapellenberg kam, brachte sie als gelernte Physiotherapeutin viel Know-how mit. Nicht nur zahlreiche Wehwehchen der SVA-Kicker hat sie dabei in all den Jahren kennengelernt, sondern auch ihren Mann fürs Leben: Spieler Stefan Stark, mit dem sie inzwischen verheiratet ist. Zuletzt hat Johanna Stark pausiert, weil ihr zweites Kind zur Welt kam. Jetzt hofft Benno Sailer, dass die Babypause bald vorbei ist und sie an den Spielfeldrand zurückkehrt. „Sie fehlt uns schon sehr“, betont der Aislinger Fußball-Boss. Nicht nur als Betreuerin, sondern eben auch als Psychologin.
Seit drei Jahren ist Nicole Brümmel Betreuerin beim TSV Haunsheim und seit zwei Monaten an der Seite von Rudolf Guffler obendrein auch noch Fußball-Abteilungsleiterin. Die in Wittislingen wohnende Autoverkäuferin ist mit Leidenschaft bei den Spielen ihrer Mannschaft dabei und ist froh darüber, dass sie mit schweren Verletzungen wie Knochenbrüchen noch nicht konfrontiert wurde. „Solche Verletzungen sind Gott sei Dank zurückgegangen“, betont sie. Dafür habe sich die Zahl der Bänderrisse exorbitant erhöht. Wenn Nicole Brümmel bei Verletzungen nicht genau einschätzen kann, was es denn sein könnte, dann sagt sie den TSV-Spielern, dass sie zum Arzt gehen sollen. Froh ist Brümmel darüber, dass es in Haunsheim keine „Weicheier“in der Mannschaft gibt. „Die Jungs sind alle hart im Nehmen“, hat sie in ihren drei Jahren als Betreuerin festgestellt.
Erst vor wenigen Wochen hat Sophie Wiedenmann in Dillingen ihr Abitur gemacht. Seit einem Jahr ist sie Betreuerin beim Kreisligisten BC Schretzheim. Und das mit großem Engagement. Die 18-Jährige weiß inzwischen, welcher Spieler wann welche Verletzung schon einmal gehabt hat und wo er besonders empfindlich ist. Dieses Wissen bringt sie bei ihrer Erstversorgung mit ein. Gekommen ist zu ihrem Job auf dem Fußballplatz durch den ehemaligen Sportlichen Leiter des BCS, Peter Piak. „Er hat mich angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, als Betreuerin zu fungieren“, erinnert sie sich. Von ihrer Familie hat sie dabei große Zustimmung erhalten. Vor allem von ihrem Opa, der viele Jahre Jugendleiter in Schretzheim war und von ihrem Bruder Jonas Wiedenmann, der lange Zeit beim BCS gespielt hat.
Sophie Wiedenmann hat ebenso wie die anderen Betreuerinnen bei den Vereinen im Landkreis (siehe oben- und nebenstehende Fotos) bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit meist auch noch ein sympathisches Lächeln auf den Lippen. Welches in Fußballerkreisen natürlich nicht auf Ablehnung stößt ...