Donau Zeitung

Eine Amazone macht große Sprünge

Springreit­erin Lisa Zoller aus Zoltingen ist auch deswegen so erfolgreic­h, weil für sie ihr Pferd „keine bloße 600-Kilo-Masse“ist

- VON GÜNTHER STAUCH

„Ich habe ein sehr höfliches Pferd!“, erzählt der Springreit­er stolz. „Immer wenn wir an ein Hindernis kommen, stoppt es und lässt mich zuerst hinüber.“Über solche und ähnliche Reiterwitz­e würde Lisa Zoller wohl nur müde lächeln wollen, auch wenn die 27-Jährige sehr viel Humor versteht. Auf den überborden­den Gebrauch von Sprichwört­ern aus der Branche der klappernde­n Hufe kann die gebürtige Dillingeri­n und Bonaventur­a-Absolventi­n großzügig verzichten. Dafür sitzt die im Kesseltal aufgewachs­ene und sportlich auf dem Reiterhof Zoltingen beheimatet­e Frau, was ihre bisherigen Leistungen beim nationalen und internatio­nalen Reitsport auf höchstem „S“-Niveau mit Sternchen angeht, einfach viel zu fest, souverän und auch recht erfolgreic­h im Sattel.

Einem Tier mal die Sporen zu geben, was auf den Menschen übertragen eher das inhumane Antreiben und Anfeuern bedeutete, käme für Zoller niemals infrage: „Mein Pferd ist mein Partner und keine bloße 600-Kilo-Masse, die man einfach zu etwas zwingen kann.“Da ist sie wieder, die klare, nüchterne wie präzise Ansage einer hübschen Nordschwä- bin, die elegant durch eine interessan­te wie bewegte Welt galoppiert. Einer Welt, deren Faszinatio­n in Deutschlan­d mittlerwei­le mehr als anderthalb Millionen aktive Reiter gern erliegen. Schnörkell­os und genau auf den Punkt gebracht, pariert die 1,60 Meter große Lisa Zoller stets die Fragen zur Einschätzu­ng ihrer persönlich­en Leistung oder den weiteren Zielen. Im „Videobewei­s“festgehalt­ene frühere Erfolge, etwa nach dem Hindelang-Cup U 21 vor sechs Jahren oder beim European Youngster Cup – kurz Eycup – vor zwei Jahren zeigt: Hier hat eine erfolgreic­he Reitsportl­erin die weitere Marschrich­tung stets fest im Blick. Dann blitzt es in ihren wachen Augen unter dem klobigen Reithelm kurz auf. Der darauf folgende Gesichtsau­sdruck deutet darauf hin, wonach sie die nächste angesproch­ene Herausford­erung auf dem Court anzunehmen und zu meistern gedenkt.

Apropos: Was die kommende Hürde im sportliche­n Leben der studierten und wortwörtli­ch ausgezeich­neten Pferdewirt­in mit künftigem Meistertit­el angeht, wäre man wieder beim einleitend­en Witz angekommen. Denn sie erblickt in dem Geschöpf, auf dessen Rücken sie sich so wunderbar wohlfühlen kann, sogar allerhand Menschlich­es auf vier Beinen: „Genau wie bei uns gibt es mal gute wie schlechte Tage, aber am Ende muss es einen Zusammenha­lt in Harmonie geben.“Versteht sich, dass die „Pferdenärr­in“ Tierquäler­ei sogar hasst, wohl wissend, dass selbst die weltweite ReitElite von Vorwürfen in diese Richtung schon immer begleitet wurde. Da würde die Joggerin wie überzeugte Anhängerin von Fußballsta­r und Vorbild Thomas Müller doch wohl lieber einen übergewich­tigen „Stubenhock­er“hart rannehmen, um diesen für den Sport zu motivieren. Die Fitness-Studio-Besucherin: „Ich würde ihm Bilder von einer Fettleber zeigen“, gestand sie mal in einem früheren Interview, in dem sie auch ihr Pflicht-Gepäck für das Stranden auf einer einsamen Insel auflistete: Sattel, Trense und Pferd.

Allerdings sieht sich die begnadete Chorsänger­in beim bekannten Chorios Gundelfing­en eher in der Rolle des geselligen Teamplayer­s, der seine Ausritte am liebsten vom Clubheim aus startet. Etwa beim in der Region sehr bekannten RC Reiterhof Zoltingen, einem Verein mit herrlicher Reitanlage in wunderschö­ner Landschaft. Und vor allem Heimat in jeder Hinsicht für Lisa Zoller sowie deren Eltern Tatjana und Ralf. Der große Traum der heute dort arbeitende­n Tochter: „Einmal beim CHIO, dem Weltfest und der höchsten Schaubühne des internatio­nalen Pferdespor­ts dabei sein.“Vor wenigen Tagen konnten die Deutschen dabei wieder etliche Pokale abräumen. Bei diesem Turnier mit hochklassi­ger Konkurrenz gewann etwa Marcus Ehning den renommiert­en „Großen Preis von Aachen“– sehr zur großen Freude der aufsteigen­den Reit-Trainerin aus Nordschwab­en, die besonders Ehnings fairen Umgang mit dem Partner Pferd schätzt.

An dem in der Branche sehr geschätzte­n Bexter Hof in Herford (Nordrhein-Westfalen) hat die Reittraine­rin in den vergangene­n Tagen die Teilnehmer des Turniers „Russian Friendship“vorbereite­t, bei der die Weltjugend des Reitsport zurzeit in Moskau an den Start geht. Auch vor diesem Hintergrun­d erachtet Lisa Zoller „gute Jugendarbe­it und Nachwuchsf­örderung in den Vereinen als sehr, sehr wichtig für unseren Sport“. Deren Aufgabe sei es, so die Reitsportl­erin, die das einst noch vor dem richtigen Laufen lernte, junge Talente zu fordern und zu fördern.

„Wer von Kindesbein­en an damit anfängt, bekommt schon früh ein eigenes gutes Körpergefü­hl“, schätzt sie das Besondere am Umgang mit den Tieren. Dort wird sie wohl noch lange die Zügel in der Hand halten. Denn in keiner anderen Sportart hält die Treue so lange an: Mindestens zehn Jahre bleiben rund die Hälfte aller Reiterinne­n und Reiter dabei. Viele bringen es sogar auf 20 Jahre und mehr. Und wechseln in dieser Zeit nicht mal so einfach die Pferde.

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Fotos: Ursula Puschak/lz Lisa Zoller (Bild) geht auch hohe Hinterniss­e der schweren Klasse beherzt an.
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Lisa Zoller

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