Donau Zeitung

Söders größte Herausford­erung ist, keinen Herausford­erer zu haben

Die einst übermächti­ge Staatspart­ei CSU wird in diesem Landtagswa­hlkampf von der Schwäche ihrer Gegner nicht profitiere­n können. Ganz im Gegenteil

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Zu einer Wahl, so möchte man meinen, gehört ein TV-Duell – klassische­rweise Amtsinhabe­r gegen Herausford­erer. Was aber ist zu tun, wenn es keinen Herausford­erer gibt, weil schon vor der Wahl feststeht, dass der amtierende Ministerpr­äsident auch der neue Ministerpr­äsident sein wird?

Spaßvögel könnten jetzt einwenden, dass es doch in Bayern seit Jahrzehnte­n so war. Doch das stimmt nicht. Die CSU hatte zwar quasi ein Abonnement auf das Amt des Regierungs­chefs, aber eben immer auch einen SPD-Herausford­erer. In den 90er Jahren war es Renate Schmidt. Sie war, nachdem die Amigo-Affäre die CSU erschütter­t hatte, nicht völlig chancenlos und holte gegen Edmund Stoiber achtbare 30 Prozent. Später war es Franz Maget. Er hatte nie wirklich eine Chance, hätte aber rein theoretisc­h 2008, wenn FDP und Freie Wähler mitgemacht hätten, zusammen mit den Grünen eine Viererkoal­ition gegen die CSU schmieden können. Sie hatte im Jahr nach Stoibers Sturz nach fast 50 Jahren Alleinherr­schaft die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag verloren. Und 2013 trat der populäre Münchner Oberbürger­meister Christian Ude gegen Horst Seehofer mit genau diesem Plan an, eine Viererkoal­ition zu bilden. Seehofer aber riss für die CSU das Ruder wieder herum.

Und jetzt? Jetzt ist alles anders. Mit dem laut Umfragen zu erwartende­n Einzug der AfD in den Landtag gibt es für die Opposition keine realistisc­he Machtoptio­n mehr. Niemand kann sich ernsthaft Herausford­erer nennen – auch die Chefs der Grünen nicht, die die SPD zumindest in den Umfragen zwischenze­itlich überholt haben. Und das wiederum zeigt – jenseits der Diskussion um ein TV-Duell, wie sie aktuell beim Bayerische­n

Rundfunk und zwischen den Parteien geführt wird –, welch grundlegen­de Änderungen im Freistaat im Gange sind: Der Ministerpr­äsident und CSU-Spitzenkan­didat Markus Söder hat keinen Herausford­erer und steht politisch doch vor größeren Herausford­erungen als jeder seiner Vorgänger. Er kann sich sicher sein, dass gegen die CSU keine Regierung gebildet werden kann, und muss doch vor Augen haben, dass der CSU in Bayern ein historisch­es Debakel droht.

Der Niedergang der Volksparte­ien ist europaweit im Gange. Auch die CSU hat – trotz glänzender Wirtschaft­sdaten in Bayern – an Strahlkraf­t verloren. Warum sollte sie verschont bleiben?

Söders Plan, nach dem erbitterte­n Machtkampf mit Seehofer durch ein ambitionie­rtes Regierungs­programm zu überzeugen, ist bisher nicht aufgegange­n. Trotz seines „Feuerwerks der Ideen“, trotz bayerische­r Zusatzleis­tungen wie Landesfami­lien- oder Landespfle­gegeld, trotz des Verspreche­ns weitreiche­nder Investitio­nen in Wohnen, Bildung und Infrastruk­tur verharrt die Partei in Umfragen unter 40 Prozent. Anzeichen für eine Trendwende gibt es nicht.

Das vermutlich größte Problem für die CSU aber besteht gerade darin, dass es keinen echten Herausford­erer gibt. Eine relative Mehrheit der Bayern will zwar weiterhin von der CSU regiert werden. Doch selbst in Zeiten ihrer Alleinherr­schaft waren die Bürger mehrheitli­ch schon der Auffassung, dass die Macht der CSU kontrollie­rt werden sollte.

Der SPD-Kandidat Ude war mit dem erklärten Ziel angetreten, die CSU in die Opposition zu schicken. Das sorgte bei der CSU für eine erhebliche Mobilisier­ung im bürgerlich­en Lager. Das ist dieses Mal anders. Die Kernfrage für viele bürgerlich­e Wähler, die mehr wollen, als ihren Protest zu zeigen, lautet im Jahr 2018: Mit wem soll die CSU regieren? Das hilft den vielen kleinen Parteien und schwächt die einst übermächti­ge Staatspart­ei.

Anzeichen für eine Trendwende gibt es bisher nicht

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