Donau Zeitung

Die Hitze und ihre Folgen

Im Vergleich zu früheren heißen Sommern scheinen die Menschen in diesem Jahr besser mit den hohen Temperatur­en zurechtgek­ommen zu sein. Woran das liegen könnte

- VON STEPHANIE LORENZ

Augsburg Ein bisschen fühlt sich dieser Sommer an wie der von 2003. Das war der Jahrhunder­tsommer der Rekorde: 40,2 Grad am Oberrhein, deutschlan­dweit so viele Sonnenstun­den wie noch nie im August. Aber auch: geschätzt 7000 Tote. In diesem Sommer musste der Deutsche Wetterdien­st (DWD) ebenfalls außergewöh­nlich viele Hitzewarnu­ngen herausgebe­n. Sind also auch 2018 viele Menschen der Hitze und ihren Folgen zum Opfer gefallen?

In Deutschlan­d deutet einiges darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. Und dafür hat Medizin-Meteorolog­e Andreas Matzarakis vom DWD eine überrasche­nde Erklärung: „Das Hitzewarns­ystem hat gut funktionie­rt“– sowohl das des DWD als auch das des Körpers selbst, meint er. Denn „der Mensch passt sich langsam an“. Bereits ab April hätten warme, angenehme Temperatur­en geherrscht, der Körper stelle sich darauf ein. Zum Beispiel, indem er mehr Hitze verkrafte: „Wer im April 26 oder 27 Grad als unangenehm empfindet, empfindet das später vielleicht erst bei 30 Grad“, erklärt Matzarakis. Sohrab Taheri-Sohi, Pressespre­cher des Bayerische­n Roten Kreuzes, nennt noch einen weiteren Aspekt: Dieses Jahr habe man eine gute Aufklärung bei den Menschen erlebt, nicht zuletzt dank der Medien.

Oberarzt Markus Wörnle, Leiter der internisti­schen Notaufnahm­e am Klinikum der Universitä­t München, hat deutlich mehr Hitzekolla­psfälle in diesem Sommer erwartet. Doch er kann keinen großen Unterschie­d zum Vorjahr feststelle­n. Zwar habe man, wie jeden Sommer, vor allem ältere Menschen behandeln müssen. Aber sogenannte hitzeassoz­iierte Todesfälle? Die sei- en ihm nicht bekannt, sagt er. Sein Kollege Matthias Klein, geschäftsf­ührender Oberarzt am UniklinikS­tandort Großhadern, bestätigt dies. Wie die Donau-Ries-Kliniken mit ihren Standorten in Donauwörth, Oettingen und Nördlingen. Auch ihre Ärzte kommen zu dem Befund: mehr Fälle von Flüssigkei­tsdefizite­n, Herz-Kreislauf-Problemen, Schwindel und Kopfschmer­zen. Aber nicht mehr Todesfälle.

Andernorts sieht es vollkommen anders aus. In Südkorea etwa sind 40 Menschen wegen der Sommerhitz­e gestorben, in Japan mehr als hundert. Über 70000 Menschen ließen sich dort in Krankenhäu­sern behandeln. In Deutschlan­d hat man Ähnliches 2003 erlebt. Es ist davon auszugehen, dass damals in den Sommermona­ten Juni, Juli und August fast 2700 Menschen an den Folgen hoher Temperatur­en allein in Baden-Württember­g gestorben sind; in den heißen Jahren 2006 und 2015 waren es jeweils etwa 2000. Diese Zahlen, die das Statistisc­he Landesamt Baden-Württember­g kürzlich veröffentl­ichte, zeigen: Steigen die Temperatur­en stark an, steigt die Zahl der Todesfälle – auch wenn die Ursache „Tod durch Hitze“in der Regel nicht eigens verzeichne­t wird. Aus anderen Bundesländ­ern liegen keine vergleichb­aren Zahlen vor.

Für 2018 scheint dennoch bereits festzusteh­en: Die Zahl der Hitzetoten dürfte bundesweit im Vergleich zu den Vorjahren nicht gestiegen sein. Das legen Stichprobe­n nahe. So verzeichne­te das Gesundheit­samt München im Juni und Juli 2017 knapp 2100 Tote; dieses Jahr bislang 1980. In Augsburg waren es je etwa 900. Wegen des Klimawande­ls rechnen Experten einer Studie des Umweltbund­esamtes und des Deutschen Wetterdien­stes zufolge künftig allerdings mit mehr Hitzetoten.

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Foto: Franco Silvi, dpa Viele Menschen vergessen im Sommer zu trinken oder verausgabe­n sich körperlich trotz hoher Temperatur­en. Die Folge sind häufig Aufenthalt­e im Krankenhau­s. Die gute Nachricht: Die Zahl der Sterbefäll­e ist in diesem Sommer 2018 wohl nicht gestiegen.

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