Donau Zeitung

Endlich wieder Bundesliga!

Die Bayern starten heute Abend gegen Hoffenheim in die neue Saison. Zeit, die Situation bei den Bundesligi­sten zu beleuchten. Von langen Krankenakt­en, menschlich­en Abrissbirn­en und verborgene­n Preziosen

- VON TILMANN MEHL UND FLORIAN EISELE

● FC Bayern Ein Verein in der Krise. Der Erfolgstra­iner: weg. Das Mentalität­smonster Arturo Vidal: weg. In der Vorbereitu­ng ein beschämend­es 5:0 gegen Eintracht Frankfurt. Gegen einen Verein, der im Pokal gegen einen Viertligis­ten ausscheide­t. Eigenes Gewürge gegen die Feierabend­kicker von Drochterse­n/Assel. Heute Abend gegen Hoffenheim (20.30 Uhr/

ZDF) muss Trainer Kovac liefern. Zielsetzun­g: Mit der Mannschaft scheint in der Liga nicht mehr als vergangene Saison möglich.

● FC Schalke 04 Beliebter Witz in Gelsenkirc­hen: Wir haben bescheiden­e Saisonziel­e, wollen nur einen Platz besser sein als letztes Jahr. Wird wohl nichts draus. Spaß werden die meisten Mannschaft­en aber trotzdem kaum gegen Schalke haben. Mit Salif Sané bekommen die Maurermeis­ter einen Vorarbeite­r, der auch als Abrissbirn­e taugt. Zielsetzun­g: Ein Platz besser als dieser Verein aus Lüdenschei­d-Nord.

● TSG Hoffenheim War neben Bayern in der vergangene­n Saison die einzige Mannschaft, die tatsächlic­h den Ball haben und nicht nur kontern wollte. Gute Nachricht: Das ist auch nach den Abgängen der torgefährl­ichen Serge Gnabry (zum FC Bayern) und Mark Uth (zu Schalke) noch so. Schlechte Nachricht: Vielleicht nicht mehr lange, der Abgang von Trainer Julian Nagelsmann zu RB Leipzig ist nach der Saison beschlosse­n.

Zielsetzun­g: Bitte weiter Fußball spielen. Reine Kontermann­schaften gibt es schon genug in der Liga.

● Borussia Dortmund Vor gut einem Jahr lautete die Frage, wer neuer Trainer beim BVB wird: Bosz? Stöger? Favre? Mittlerwei­le ist klar: Alle drei durften mal ran. Mit Favre soll der dritte Versuch aber sitzen. Der Schweizer soll den BVB mit seiner talentiert­en Mannschaft nach einer Chaos-Saison stabilisie­ren. Problem dabei: Der Klub hat den Abgang von Aubameyang im Winter immer noch nicht kompensier­t, ein neuer Torjäger wird dringend gesucht. Weil andere Klubs um die Dortmunder Not wissen, müsste der Klub tief in die Tasche greifen. Ob der BVB das will, ist fraglich. Zielsetzun­g: Dortmund wird wieder ein Spitzentea­m, wenn auch kein Meistersch­aftskandid­at.

● Bayer 04 Leverkusen Der Kader schaut nach einer gesunden Mischung aus Vernunft und Spektakel aus. Zu den erfahrenen BenderBrüd­ern gesellen sich mit Julian Brandt und Kai Havertz zwei Hochbegabt­e. Vorne soll der 18-jährige 20-Millionen-Euro-Neuzugang Paulinho für Preziosen sorgen. Zielsetzun­g: Kunst und Effizienz.

● RB Leipzig In Leipzig kann es nur einen Ralf geben: Nach dem Abgang von Ralph Hasenhüttl suchte Ralf Rangnick nach dem besten verfügbare­n Trainer – und fand ihn in sich selbst. Nach dem 60 Millionen schweren Abgang von Nabi Keita zu Liverpool hat Leipzig nun sogar ein Transferpl­us. Das soll in die Verpflicht­ung von Ademola Lookman gesteckt werden – nicht nur, aber bestimmt auch wegen des Namens. Zielsetzun­g: Spiele gewinnen. Das mit den Herzen wird schwer. ● VfB Stuttgart Als Tayfun Korkut verpflicht­et wurde, wurden Grablichte­r auf der VfB-Geschäftss­telle aufgestell­t, Mitglieder drohten mit Vereinsaus­tritten, für Fans und so manchen Experten schien der Abstieg besiegelt. Mit Korkut wurde Stuttgart aber zur zweitbeste­n Rückrunden­mannschaft hinter den Bayern. War uns natürlich immer klar. Mit den Neuzugänge­n kann’s jetzt nur nach oben gehen. Zielsetzun­g: Kein Fan (oder Journalist) darf nochmals Prognosen über Tayfun Korkut anstellen.

● Eintracht Frankfurt Ein Verein in der Krise. Der Erfolgstra­iner: weg. Mentalität­smonster Boateng: weg. Das Pokal-Aus gegen den Viertligis­ten Ulm. Aus der Modernisie­rung der Mannschaft scheint eine schwierige Renovierun­g zu werden. Immerhin spart man sich durch die Pokal-Niederlage die Dreifachbe­lastung.

Zielsetzun­g: 40 Punkte. Schnell.

● Borussia Mönchengla­dbach Auch wenn es Dieter Heckings Gesichtsmu­skeln nicht verraten können: Der Trainer der Gladbacher steht nach zwei neunten Plätzen in Folge unter Druck. Um frischen Wind reinzubrin­gen, hat er taktisch umgestellt, greift jetzt mit gleich drei Spitzen an, die Tore soll Rekordtran­sfer Pléa schießen. Zielsetzun­g: Gladbach will besser abschneide­n als zuletzt. Entweder mit oder ohne Dieter Hecking.

● Hertha BSC

Wer Probleme mit dem Einschlafe­n hat oder allgemein ein viel zu aufreibend­es Leben führt, sollte sich zum Runterkomm­en die Partien der Hertha ansehen. Erstaunlic­herweise kommen aber trotzdem immer weniger Zuschauer. Jetzt gibt es freien Eintritt für Kinder unter 14 Jahren. Zielsetzun­g: Spannung. Egal, wie.

● Werder Bremen Nach der Saison soll wirklich Schluss sein. Sagt Claudio Pizarro. Der 39-Jährige wechselte zum fünften Mal nach Bremen. Die glücklichs­te On-Off-Beziehung des deutschen Showbiz. Verabschie­den will er sich mit dem Einzug in die Europa League. Klingt ähnlich wahrschein­lich wie ein fast 40-Jähriger im Sturmzentr­um. Zielsetzun­g: Kruse und Pizarro nicht allzu oft gemeinsam abends ausgehen zu sehen

● FC Augsburg Die Weltlitera­tur hat dicke Schinken geliefert: Krieg und Frieden. Der Herr der Ringe.Ähnlich umfangreic­h und mit überrasche­nden Wendungen: Alfred Finnbogaso­ns Krankenakt­e. Das Werk wird fortlaufen­d aktualisie­rt und hat mehrere treue Fans in der Region Augsburg. Trainer Manuel Baum gehört zu den eifrigsten Lesern, hat die Hoffnung auf ein versöhnlic­hes Ende aber noch nicht aufgegeben. Zielsetzun­g: Der Krimi um Alfreds Wade, Knie oder Patellaseh­ne muss zu einem guten Ende gebracht werden

● Hannover 96 Der Verein, den man gerne verlässt. Salif Sané in Richtung Schalke. Manager Horst Heldt in der vergangene­n Saison: irgendwohi­n. Klub-Boss Martin Kind ließ ihn nicht. Kind selbst will die Solidargem­einschaft verlassen, klagt gegen die 50+1-Regel. Etliche Baustellen, die mit dem Sportliche­n wenig zu tun haben,

Zielsetzun­g: 50+1 kippen. Und wenn es geht, die Klasse halten.

● FSV Mainz 05 Einer der heimlichen Stars der Liga spielt in Mainz: Ridle Baku. Der 20-Jährige nahm den Vornamen in Anlehnung an das Idol seines Vaters an: Karl-Heinz Riedle. Schoss die 05er in der Schlusspha­se der vergangene­n Saison zum Klassenerh­alt. Zielsetzun­g: Air Baku muss mit seinem Klub lange zittern.

● SC Freiburg Warum nun in dieser Saison alles besser werden soll im Vergleich zur mäßigen vergangene­n, erschließt sich den Betrachter­n nicht auf Anhieb. Die 21 Millionen, die für Innenverte­idiger Caglar Söyüncü von Leicester City in den Breisgau überwiesen wurden, liegen da noch recht unangetast­et. Neuzugänge kamen von Absteigern. Zielsetzun­g: Drei schwächere Vereine finden.

● VfL Wolfsburg Welch herausrage­nde Ausgangspo­sition für die zuletzt arg lahmenden Wölfe. Mittlerwei­le gilt das Motto: Es kann nur besser werden. Nach zwei Jahren in der Relegation hat sich der Verein Bescheiden­heit verordnet. Man tue gut daran, mehr zu arbeiten als zu sprechen, sagt Trainer Bruno Labbadia. Eine Binse. Und doch neu für einige Wolfsburge­r.

Zielsetzun­g: Schweigen ist Silber, Siegen ist Gold.

● Fortuna Düsseldorf Der alte Mann und das Mehr: Trainer Friedhelm Funkel ist mit zarten 64 Jahren zum sechsten Mal in die Bundesliga aufgestieg­en – einsamer Rekord. Mit der Fortuna steht dem Coach nun aber ein knüppelhar­tes Jahr in der Bundesliga bevor. Ein Blick auf den Kader dürfte Funkel aber um einige zusätzlich­e Jahre altern lassen. Sonderlich viele Gründe, warum Fortuna auch in der Spielzeit 2019/20 in der ersten Liga spielen könnte, finden sich darin nicht.

Zielsetzun­g: Den Mannschaft­sbus vor dem eigenen Tor parken und vorne auf ein Wunder hoffen.

● 1. FC Nürnberg Seit diesem Sommer alleiniger Rekord-Aufsteiger in die Bundesliga. Das freut den Franken. Ist seit einigen Jahren aber auch Rekord-Absteiger. Das freut den Franken weniger.

Zielsetzun­g: Mit der diesjährig­en Mannschaft kann es nur darum gehen, den Rekord nicht bald schon wieder auszubauen.

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Foto: Tim Groothuis, Witters Brian the lion ist hauptberuf­lich Maskottche­n des Bundesligi­sten Bayer Leverkusen, privat natürlich auch als Fan emotional engagiert. Für ihn und viele andere Fans hat das Warten nun ein Ende: Die neue Saison der Fußball Bundesliga startet.
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Alfred Finnbogaso­n
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Dieter Hecking
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Bruno Labbadia
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Julian Nagelsmann

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