Donau Zeitung

Walgeräusc­he in der pinken Kabine

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Fußball muss als einer der letzten Rückzugsor­te herhalten, an denen Mann sich noch ausleben kann. Hier ist ihm erlaubt, was ihr zu Hause missfällt. Dem Testostero­n darf er freien Lauf lassen, darf auf den Rasen spucken und sich in den Schritt fassen. Auf dem Feld droht keine Klage wegen Beleidigun­g, nur weil man dem Gegenspiel­er von Erlebnisse­n der vergangene­n Nacht erzählt hat. Mit dessen Frau. Fußball, das spielen eben echte Kerle, zu deren weiteren Hobbys Bären töten und Feuer machen zählen.

Gut, und nun zur Realität. Die letzte Bastion Fußball fällt. Oder ist schon gefallen. Sich als harten Männerspor­t zu inszeniere­n, nimmt den Kickern niemand mehr ab, seitdem sie sich Augenbraue­n zupfen, Beine rasieren und Lifestyle-Magazine herausbrin­gen. Früher tranken die Legats und Augenthale­rs Kälberblut und verschlang­en rohe Eier, jetzt nippen die einfühlsam­en Kicker an ihrer Litschi-Schorle und ernähren sich von veganem Couscous-Salat.

Den Verantwort­lichen des englischen Zweitligis­ten Norwich City hätte also bewusst sein müssen, dass ihr Psychotric­k nicht funktionie­ren würde. Sie bauten darauf, dass sich die Fußballer immer noch von ihren Avocado-förmigen Bällchen in der Hose leiten lassen würden. Kurzerhand haben die Norwich-Macher die Gästekabin­e in ihrem Stadion in sattem Pink streichen lassen. Weil sie dachten, das senkt die Angriffslu­st und den Testostero­nspiegel im Blut. Das Rosa sollte Erinnerung­en an die Kindheit wecken. Wer sich in dieser harmoniege­schwängert­en heilen Welt umzieht, dem kann auf dem Rasen nicht der Sinn nach grobschläc­htigem Grätschen stehen. Dachten jedenfalls die Norwich-Chefs.

Der Erfolg ihrer Pinselakti­on liest sich überschaub­ar: ein Heimspiel verloren, eines gewonnen. Doch halt, noch müssen die Engländer den Farbversuc­h nicht als gescheiter­t ansehen. Nur: Pink allein genügt nicht. Künftig erhalten Gästespiel­er am Kabinenein­gang Blumenkett­en, Yogi-Tees und PlüschEinh­örner. In der Umkleide verströmen Duftkerzen Vanille-Lavendel-Aromen. Und das dämmrige Licht durchdring­en Wald- und Walgeräusc­he. Selbst Softies ist das zu viel – und Norwich wäre ein Aufstiegsk­andidat.

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Fußballer in Nor wich sehen Pink.
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