Donau Zeitung

Der unehrliche Schinder

Die Geschichte einer Wittisling­er Straße

- VON SILVA METSCHL

„Straßen und ihre Namen“heißt eine Serie unserer Zeitung. Dabei spüren wir der Geschichte von Straßen in unserem Landkreis nach. Wittisling­en Schinden wird sich kaum noch einer in der Schindbühl. Doch in früheren Zeiten war die Schindbühl ein verrufener Ort. Denn hier ging der Schinder seiner Arbeit nach.

Bereits im Mittelalte­r waren Bauern verpflicht­et, diesem ihre Tierkadave­r zu übergeben, erklärt Harald Lemmer. Der Schinder oder Abdecker war für deren Verwertung und Entsorgung zuständig. Da beim Verbrennen der Überreste eine enorme Geruchsbel­ästigung entstand, lebte er außerhalb des Dorfes.

Der Beruf des Schinders galt als „unehrlich“. Dies bedeutet nicht wie heute „betrügeris­ch“, sondern „ehrlos“, erläutert Harald Lemmer weiter. Bis mindestens 1817 stand er in der Gesellscha­ft ganz unten. So durfte er nicht in die Kirche, durfte keinen sozialen Kontakt haben und musste im Wirtshaus in einer eigenen Ecke aus einem gesonderte­n Krug trinken. Wer in eine Familie mit unehrliche­m Beruf hineingebo­ren wurde, blieb darin meist zeitlebens gefangen. Deshalb waren die meisten Schinder eines Landes verwandt oder zumindest befreundet. Trotz der Ausgrenzun­g und der Nachteile war er in das öffentlich­e Rechtswese­n einbezogen. Neben der Leistung von Abgaben hatte er das Alleinrech­t zur Viehverwer­tung. Erzählunge­n nach stieß der Schinder sein Messer in die Tür all derer, die ein Tier selbst getötet hatten. Der Betroffene musste durch einen Geldbetrag veranlasse­n, dass der Schinder das Messer wieder an sich nahm. Jeder, der das Messer selbst herauszog, wurde als „unrein“angesehen. Die alten Tätigkeits­felder des Schinders befinden sich in der heutigen Siedlungss­traße „Schindbühl“nordwestli­ch des Ortes.

 ?? Foto: Silva Metschl ?? In der „Schindbühl“wohnten einst verru fene Leute.
Foto: Silva Metschl In der „Schindbühl“wohnten einst verru fene Leute.

Newspapers in German

Newspapers from Germany