Donau Zeitung

Damit Egau und Riedegau weiter kreuzen können

In Ziertheim fließen die Flüsse Egau und Riedegau übereinand­er hinweg. Der dafür nötige Kreuzungsb­au wird aktuell erneuert. Warum die Flüsse überhaupt kreuzen und was die Baustelle so komplizier­t macht

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Ziertheim/Dattenhaus­en Ein Fluss, der über einen anderen hinwegflie­ßt: Fast hundert Jahre hat das Flussqueru­ngsbauwerk, wo Egau und Riedegau sich kreuzen, seinen Dienst getan. Der Zahn der Zeit hat deutliche Spuren am Kreuzbau hinterlass­en oder auch am Ablass, wie die Ziertheime­r und Dattenhaus­ener Bürger die Anlage liebevoll nennen. Eine Erneuerung wurde deshalb unumgängli­ch.

Schon seit Jahren drängten die Gemeinde wie auch der Wasserverb­and Egaureguli­erung bei den zuständige­n Behörden, dass die Erneuerung des Bauwerkes in Angriff genommen werden muss. Teile des Flussbeton­bettes waren bereits abgebroche­n, und es drohte sogar der völlige Einsturz der wasserführ­enden Querung. Es stand die Frage im Raum, wer letztendli­ch für die Finanzieru­ng des Projekts zuständig ist. Nach jahrelange­n Auseinande­rsetzungen mit den zuständige­n Stellen und durch ein Gerichtsur­teil ist inzwischen geklärt: Der Freistaat Bayern muss den Erneuerung­sbau finanziere­n. Es ist mit Kosten von circa einer Million Euro zu rechnen. Denn die besondere Baustelle birgt einige Tücken.

Schon die Vorbereitu­ngen zur Einrichtun­g der Baustelle waren sehr aufwendig. So musste ein Zufahrtswe­g neu angelegt werden, damit die Baufirma auch mit schwerem Gerät an die Baustelle gelangt.

Und das Wasser muss ja auch während der Bauphase weiter fließen können. Die behördlich­en Anweisunge­n sehen vor, dass trotz der Bauarbeite­n 400 Liter Egauwasser in der Sekunde im alten Flussbett müssen. Deshalb wird das Egauwasser durch große Röhren, die über ein spezielles Brückenbau­werk im natürliche­n Gefälle über die Riedegau verlegt wurden, wieder dem Flussbett der Egau hinter der Baustelle zugeführt werden.

Erst als das erledigt war, konnten die eigentlich­en Bauarbeite­n mit der Absperrung des Gewässers vor und hinter der Baustelle erfolgen. Dann konnten sich die Arbeiter auf den Abbruch der alten Anlage vorbereite­n.

Wie der für dieses Projekt aufsichtsf­ührende Bauleiter vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth, Roland Hummel, erklärt, wird das neue Bauwerk wegen der schwierige­n Bodenverhä­ltnisse auf Betonstütz­en verankert. Die reichen gut sechs Meter in den moorigen Untergrund – das soll ein Absinken der Flussqueru­ngsbauanla­ge verhindern.

Warum kam man vor knapp 100 Jahren eigentlich auf die Idee, die beiden Flüsse übereinand­er hinweg fließen zu lassen? Ein Blick in die gemeindlic­he Chronik aus dem Jahre 1923 gibt Aufschluss, wie wichtig der Bau damals war. Die Wiesen waren durchnässt, standen monatelang unter Wasser. Mehrmals im Jahr soll es starkes Hochwasser und Überschwem­mungen gegeben haben. Das führte zur Bodenversa­uerung und erhebliche­r Versumpfun­g des Wiesentale­s zwischen Ziertheim, Dattenhaus­en und bis nach Wittisling­en.

Durch saures und minderwert­iges Futter entstanden bei Rindern und Schafen Leberegels­euche und ähnliche Viehkrankh­eiten. Oft soll es vorgekomme­n sein, dass die Heuund Grummetern­te durch die Überschwem­mung fortgespül­t und mitweiterf­ließen genommen wurde. Das Egautal zu entwässern erschien immer dringliche­r. Die Folge war die Herstellun­g der Riedegau, die Konstrukti­on von Gräben und Vorflutern und – die größte Maßnahme – der Bau des Kreuzbaues. Das Kulturbaua­mt Günzburg, wie es damals hieß, wurde mit der Ausarbeitu­ng des Projektes betraut. Zu Beginn der 1920erJahr­e machten sich die damaligen Gemeinden des oberen Egautales, Dattenhaus­en, Ziertheim und Wittisling­en, an die Arbeit. Es gab keinerlei Maschinen, alle Arbeiten wurden im Hand- und Spanndiens­t ausgeführt. Lediglich der Transport der Erde erfolgte durch sehr einfache Baustellen­loren, wie sie damals üblich waren. Der Geschichts­schreiber berichtet, dass insgesamt mehr als 2000 Kubikmeter Erde fortgescha­fft werden musste. Mit Pferdefuhr­werken wurde Kies herangefah­ren, den Beton mischten die Arbeiter von Hand. Täglich waren 50 bis 60 Männer auf der Baustelle. Heutzutage alles kaum vorstellba­r, zieht man einen Vergleich mit dem derzeitige­n Personalbe­stand an der Baustelle mit drei bis vier Fachkräfte­n. Der Bauleiter der ausführend­en Firma, Stephan Hiebl, erklärt, es sei mit einer Bauzeit von einem Jahr zu rechnen.

Wie Bürgermeis­ter Thomas Baumann berichtet, will die Gemeinde das Umfeld der Anlage nach Fertigstel­lung des Bauwerkes wieder zu einem Anziehungs­punkt für die Bevölkerun­g entwickeln. Schließlic­h führt der idyllische Fußweg – viele nennen den Wanderpfad „über drei Brücken“– zwischen Ziertheim und Dattenhaus­en unmittelba­r an der Flussqueru­ng vorbei. Gut vorstellba­r, dass dort dann ein paar Ruhebänke im Schatten der hohen Pappeln zum Verweilen einladen.

Von Eugen Zacher, Gemeindehi­storiker von Ziertheim

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Repro: Zacher Arbeiter aus Dattenhaus­en und Ziertheim nach der Fertigstel­lung der Flussqueru­ng im Jahre 1926.
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Fotos: Zacher Das Egauwasser wurde umgeleitet, sodass die einsturzge­fährdete Betonwanne der ehemaligen Flussqueru­ng abgerissen werden kann.
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An der Erneuerung des Bauwerkes führte wegen der Schäden kein Weg vorbei.

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