Donau Zeitung

Dänemark sucht eine Nationalel­f

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Noch nie war es in Dänemark so einfach, Fußball-Nationalsp­ieler zu werden, wie in diesen Tagen. Der dänische Verband nominiert jeden Sohn des Landes, der halbwegs kicken kann und dem ein Einsatz in der Nationalel­f mehr wert ist als die Einkünfte eines Werbevertr­ages. Auf diesem Weg lässt sich gleich auch noch der Traum vom Nationaltr­ainer erfüllen. Auch diese Position ist vakant, nachdem nicht nur Spieler der ersten Garnitur, sondern auch die Trainer ihren Fußball-Dienst für die Monarchie verweigern.

Das Personal streikt für das Recht auf individuel­le Sponsorenv­erträge, die in Konkurrenz zu Verträgen des Teamsponso­rs stehen. Beispiel: Der Verband besitzt einen Ausrüsterv­ertrag mit Nike, der Spieler beharrt auf seinen PumaStiefe­ln. Ehe nun jemand mit den geknechtet­en Kickern Mitleid empfindet, sei daran erinnert, dass auch im kleinen Dänemark kein Profi hungern muss, sondern fast alle Nationalsp­ieler Millionäre sind.

Konkurrier­ende Interessen dieser Art gibt es auch anderswo immer wieder. Niemand aber hat sie bislang derart hartleibig auf die Spitze getrieben wie die

Dänen. Weil die Uefa mit Ausschluss von der EM

2020 droht, falls Dänemark für das SlowakeiSp­iel morgen kein Team auf die Beine bringt, nominiert der Verband nun eine Verlegenhe­its-Elf.

Die Geschichte ist beispielge­bend für wirtschaft­liche Interessen, die den Fußball immer stärker beherrsche­n. Damit sind wir bei der Nations League, einem weiteren europäisch­en Milliarden­projekt. Die Idee dahinter: Der europäisch­e Fußball-Verband Uefa will die ungeliebte­n Testspiele aufwerten. Früher hießen sie auch Freundscha­ftsspiele. Aber Freundscha­ft passt nicht mehr ins getunte Fußball-Getriebe und Partien unter diesem Motto will kein Mensch mehr sehen. Darum füllt die Nations League nun die letzten Ritzen zwischen Bundesliga, DFB-Pokal, Champions und Europa League. Solange mit Fußball Geld zu verdienen ist, flutet er durch die Kanäle.

Dabei klagen Akteure und Vereine seit langem über zu viel Betrieb und ellenlange Verletzten­listen. Warum aber die Nationalve­rbände mit? Weil jeder profitiert. Die Großen, die in den Gruppenspi­elen unter sich bleiben, können sich besser vermarkten, wenn sie nicht mit Fußball-Zwergen wie Luxemburg auftreten müssen. Den Kleinen eröffnet die Nations League einen Seitenzuga­ng zur Europameis­terschaft. Was aber machen die Großmächte, die nun keine Freunde mehr haben, um in Testspiele­n junge Talente oder neue Systeme zu erproben. Die Uefa könnte diesem Bedürfnis mit einer Testspiell­iga begegnen.

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