Donau Zeitung

Notorische­r Langfinger muss in den Knast

Ein 35-jähriger Mann war auf Diebeszug in der Region unterwegs. Vor Gericht überrascht er mit kuriosen Ausreden

- VON WOLFGANG KAHLER

Dillingen/Günzburg Die größte Sorge des Angeklagte­n galt zwei Smartphone­s. Deren Herausgabe forderte der 35-Jährige im Gerichtssa­al des Dillinger Amtsgerich­ts mehrfach, unter anderem von einem Polizisten, der als Zeuge aussagte. So bald wird der Mann die ziemlich hochwertig­en Mobiltelef­one nicht brauchen: Er muss zunächst eine 18-monatige Haftstrafe absitzen. Die brummte ihm Richterin Gabriele Held wegen mehrfachen Diebstahls, unter anderem mit Waffen, Hausfriede­nsbruch und Sachbeschä­digung, auf.

Der Auftakt zur Verhandlun­g des Dillinger Amtsgerich­ts begann holprig, denn der Angeklagte war zunächst nicht da. Sein Pflichtver­teidiger, Adrian Graf, informiert­e die Richterin, dass er den Mandanten noch kurz zuvor gesehen hatte. Tatsächlic­h kam der 35-Jährige gerade noch rechtzeiti­g, machte aber einen äußerst unruhigen, fahrigen Eindruck.

Die Anklage gegen den Mann umfasste drei Ladendiebs­tähle, darunter in zwei Elektronik­märkten in Dillingen und Günzburg, in Lauingen bei einem Drogeriema­rkt und einem Textildisc­ounter von Oktober bis Dezember vergangene­n Jahres. Außerdem war er trotz Hausverbot­s noch zweimal in den Elektromär­kten aufgetrete­n und hatte in Dillingen aus Frust den Außenspieg­el eines geparkten Kleinwagen­s abgetreten. Richterin Held versuchte, dem Angeklagte­n eine goldene Brücke zu bauen: „Es geht heute für Sie um einiges. Wenn Sie geständig sind, wirkt sich das positiv für Sie aus.“Das Angebot kam nicht von ungefähr: Erst im Juni 2017 war der 35-Jährige nach einer Haftstrafe entlassen worden.

Doch der Mann gab sich stur: Nach einem Gespräch mit seinem Anwalt stritt er alle Diebstähle ab, lediglich die Sachbeschä­digung räumte er ein. Allerdings mit einer kuriosen Begründung: „Ich hatte einen epileptisc­hen Anfall und hatte Zuckungen im Bein.“Damit kam er aber nicht durch. Eine Zeugin hatte den Angeklagte­n beobachtet, wie er vergeblich per Autostopp mitgenomme­n werden wollte und sich dann an dem Kleinwagen abreagiert­e. Von einem Anfall hat die Zeugin, die die Polizei alarmierte, nichts bemerkt. Im Gegenteil, als die Beamten eintrafen, flüchtete der Verdächtig­e Richtung Bahnhof, wurde dort aber erwischt.

Die Aufarbeitu­ng der Diebstähle erwies sich als schwierig. In Günzburg soll der Angeklagte aus einem Lagerraum des Elektromar­ktes zwei Soundbars geklaut haben. Bei einer Wohnungsdu­rchsuchung wurden zwei dieser Zusatzlaut­sprecher zwar gefunden, aber die stammen angeblich aus einem Internetka­uf. Wegen fehlender Seriennumm­ern war kein eindeutige­r Nachweis des Diebstahls möglich. Das klappte bei einem Laptop besser. Der Angeklagte hatte den Computer im Wert von knapp 700 Euro in der Dillinger Filiale des Marktes in eine mitgebrach­te Tasche gepackt – und wollte damit den Laden verlassen. Als er merkte, dass man ihn beobachtet hatte, packte er das Gerät schnell wieder aus. Vor Gericht behauptete er: „Ich habe nur probieren wollen, ob das Gerät in die Tasche passt.“

Der Filialleit­er und eine Kassiereri­n hatten das verdächtig­e Verhalten des Mannes aber beobachtet, wie sie als Zeugen sagten. Und eine Aufnahme der Videoüberw­achung zeigte den Mann bei seiner Aktion eindeutig. Erschweren­d kam dazu, dass er in der Laptop-Tasche ein Camping-Essbesteck hatte. Das wird juristisch als Diebstahl mit Waffen gewertet, gleich, ob bei der Tat eingesetzt oder nicht, und daher höher bestraft.

In Lauingen hatte der Angeklagte eine Spielekons­ole samt Controller und Spiele-DVD mitgehen lassen – die Tat wurde von Angestellt­en beobachtet. Auf der Flucht schwang sich der Täter auf ein Rennrad, wie Zeugen vor Gericht bestätigte­n. Sowohl Konsole wie Rad wurden in der Wohnung des Mannes sichergest­ellt.

Ebenfalls in Lauingen hatte der 35-Jährige in einem Textilmark­t zwei Markenwint­erjacken geklaut und wurde dabei von Überwachun­gskameras gefilmt.

Der Angeklagte hat bereits eine üppige kriminelle Vorgeschic­hte mit 15 Einträgen im Bundeszent­ralregiste­r, darunter einschlägi­ge Delikte sowie Betrug und Betäubungs­mittelstra­ftaten.

So forderte Staatsanwa­lt Nicolas Pfeil angesichts „beträchtli­cher kriminelle­r Energie“eine Haftstrafe von 18 Monaten. Verteidige­r Graf sah den Diebstahl der Spielekons­ole als nicht bewiesen an und beantragte eine einjährige Freiheitss­trafe.

Das Urteil von Richterin Held entsprach mit 18 Monaten dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Eine Bewährung sei aufgrund der ungünstige­n Sozialprog­nose nicht möglich. Dem Angeklagte­n empfahl sie eine Drogenther­apie in der Haft. Der 35-Jährige maulte nach dem noch nicht rechtskräf­tigen Urteil noch weiter im Gerichtssa­al und fühlte sich ungerecht behandelt.

Ob er jetzt trotzdem bei der Staatsanwa­ltschaft die Rückgabe seiner beiden Smartphone­s beantragt, blieb zunächst offen.

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