Himmlischer Mittagsschlaf
Alle großen Geister der Kulturgeschichte zerbrachen sich den Kopf bei der Beschäftigung mit der Frage, wie sich das Leben des Menschen mit Vernunft in Verbindung bringen lasse. Jetzt, im Jahre 2018, ist die Antwort gefunden: Vernünftig ist der Mittagsschlaf. Der Bamberger Schlaf-Experte Göran Hajak ist überzeugt: Jeder Mensch benötigt Tag für Tag zwei Ruhepausen. Eine in der Nacht und eine nach dem Mittagessen.
Bisher galten Mitarbeiter, die im Büro friedlich schlummerten, als vernunftferne Wesen, die Deutschlands Produktivität infrage stellten. Jetzt endlich sieht die Wissenschaft in ihnen beispielhafte Belegschaftsmitglieder, die mit vernünftigem Schlaf ihre Aufstiegschancen verbessern. In der Vergangenheit galt die Kunst des Hochschlafens als unfaire Form der Karrierebeschleunigung. Aber jetzt weiß man: Wer zwischen 12 und 14 Uhr kurz einzunicken versteht, stützt mit neu gewonnener Energie nicht nur seinen Kreislauf, sondern auch sein Unternehmen. Künftig sollten die Chefs dem Beispiel ihrer vernünftigen Mitarbeiter folgen, den Kopf auf die Schreibtischunterlage sinken lassen und sich zu voller Kraft emporschlafen.
Allerdings wird kaum ein Mittagschläfer seinen Schlummer so außergewöhnlich gestalten können wie Goethe. Dieser berühmte Kraftdurch-Schlaf-Experte gesteht im Bericht „Italienische Reise“, dass er in der Sixtinischen Kapelle mit seinem Mittagsschlaf dem Himmel nahe kam: „Ich erinnere mich, ermüdet von großer Tageshitze, auf dem päpstlichen Stuhle einem Mittagsschlaf nachgegeben zu haben.“