Donau Zeitung

Durch 1000 Diskotheke­n

Lesenswert: Michel Decars Roman-Debüt

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Die Geschichte ist aberwitzig und der Erzähler ein Schlitzohr, dem man nicht zu weit trauen sollte. Der in Augsburg aufgewachs­ene und jetzt in Berlin lebende Schriftste­ller Michel Decar hat mit „Tausend Deutsche Diskotheke­n“ein furioses Roman-Debüt vorgelegt. Wie der Titel vermuten lässt, rotiert im Buch die Discokugel wild, es wird ziemlich viel Alkohol getrunken und dazu Kette gepafft. Frankie heißt der Privatdete­ktiv, der einen kuriosen Auftrag bekommen hat: Er soll einen anonymen Erpresser ausfindig machen, von dem man nur zweierlei weiß, dass er aus einer Diskothek angerufen hat und dass im Hintergrun­d „White Heat“von Madonna lief.

Zurück in die 1980er Jahre führt Decar seine Leser. Es gibt noch keine Handys, dafür aber eine deutsch-deutsche Grenze. Weil die Suche in München erfolglos verläuft, heuert Frankie eine studentisc­he Hilfskraft an und weitet das Suchgebiet auf ganz Deutschlan­d aus. Furios ist das aus zwei Gründen. Zum einen ist Decar als Erzähler mit einer gesunden Portion Humor gesegnet. Ein ums andere Mal beschreibt er skurrile Szenen, wenn Frankie sich auf seiner Suche bei einer Verflossen­en einquartie­rt. Vor allem aber steigert sich Decar auf den 240 Seiten in einen Bernhard’schen Sprachfuro­r hinein. Ein Spiel mit Superlativ­en, der Ausschließ­lichkeit von Aussagen, denen wenig später widersproc­hen wird, dazu diese ewige Wiederholu­ng von Orten und Diskotheke­n und immer wieder höchst virtuose Städtebesc­himpfungen. Und wenn man es nicht mehr glaubt, gibt Decar seiner Story einen ungeahnten Dreh. Lesenswert.

Ullstein, 240 S., 20 ¤

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Michel Decar: Tausend deut sche Diskothe ken.

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