Donau Zeitung

Scharf und schlau

Die neueste TV-Generation arbeitet mit Riesen-Displays, vierfacher Auflösung und künstliche­r Intelligen­z. Doch längst nicht alle Zuschauer können damit etwas anfangen. Wohin die Reise bei den führenden Hersteller­n geht

- VON STEFFEN HAUBNER

Ist die Zeit von 4K schon wieder vorbei? Das wäre wohl etwas übertriebe­n formuliert, doch tatsächlic­h drängen bereits die ersten Modelle mit 7680 mal 4320 Bildpunkte­n auf den Markt. Abermals eine Vervierfac­hung der Auflösung im Vergleich zum aktuellen Standard – da kann dem staunenden Publikum schon mal schwindeli­g werden. Während andere Hersteller noch zögern, preschen Samsung und Sharp in Sachen 8K – so nennt man die neue SuperSchär­fe – voran.

Doch es dürfte nicht ganz leicht werden, den Käufern eine weitere „ultimative“Auflösung schmackhaf­t zu machen. Das beste Argument dafür: Die Bilddiagon­alen werden immer größer. Im Premiumber­eich müssen es aktuell mindestens 65 Zoll sein, immer öfter greifen kaufkräfti­ge Heimkino-Fans zu 75 Zoll und mehr. Da muss die Detailschä­rfe mitziehen, weil sonst das Seherlebni­s leidet.

Ein weiterer Punkt ist die größere Tiefenwirk­ung. Laut Hersteller entsteht sie dadurch, dass „feinere Helligkeit­sabstufung­en oder Schattieru­ngen dem Gehirn zusätzlich­e Hinweise für Dreidimens­ionalität geben“.

Ein räumlicher Eindruck – ganz ohne 3D-Brille und die mittlerwei­le schon wieder fast abgemeldet­en gebogenen Curved-Displays. Zudem

Und woher sollen die Inhalte kommen?

wirkt bei 8K das Bild auch dann schärfer, wenn man dicht am TV sitzt. Damit finden selbst in nicht ganz so geräumigen Wohnzimmer­n mehr Zuschauer vor dem Heimkino Platz.

Und woher sollen die Inhalte kommen? Für die Umwandlung von SD-, HD- und 4K-Signalen in die höchste derzeit mögliche Auflösung hat Samsung einen Prozessor entwickelt, der mit künstliche­r Intelligen­z arbeitet. Mit dessen Hilfe wird nicht einfach ein beliebiger Filter über das Bild gelegt, sondern Schärfe, Bildrausch­en, Konturen und Farbschatt­ierungen gezielt angepasst. Grundlage ist eine Datenbank, aus der für jedes einzelne Bild der passende Filter abgerufen wird.

Der japanische Mitbewerbe­r Sharp brachte bereits 2017 ein erstes 8K-Display auf den Markt. Im Frühjahr 2019 soll nun die zweite Generation folgen – ebenfalls ausgerüste­t mit einem intelligen­ten Bildprozes­sor. Er kann große Datenmenge­n in Echtzeit mit einer Geschwindi­gkeit von 100 Herz verarbeite­n, um auch bei schnell bewegten Bildern Schlieren zu vermeiden.

Auch bei LG stellt man die Weichen auf 8K. Um die Konkurrenz nicht ungehinder­t vorbeizieh­en zu lassen, präsentier­te man kurzerhand einen 88-Zöller. 88 Zoll, das bedeu- tet eine Bilddiagon­ale von 2,23 Metern mit mehr als 33 Millionen Pixeln. Zu kaufen gibt es das TV-Ungetüm aber noch nicht, über Spezifikat­ionen und Preis schweigt sich der Hersteller aus.

LG setzt ganz auf OLED-Displays, die auf organische­n Halbleiter­n basieren. Das ist günstiger in der Produktion und ermöglicht daher bezahlbare Großformat­e. Kritikern zufolge geht das auf Kosten der Haltbarkei­t und Lichtausbe­ute. Die QLED-TVs von Samsung sind dagegen klassische LCD-Displays mit einer Flüssigkri­stallschic­ht, die von hinten angeleucht­et wird. Für Strahlkraf­t und kräftige Farben sorgt eine dazwischen liegende Schicht mikroskopi­sch kleiner Partikel, im Fachjargon „Quantum Dots“genannt, die das blaue Hintergrun­dlicht in die gewünschte Wellenläng­e umwandeln.

Angesichts all der technische­n Muskelspie­le wirkt es sympathisc­h, dass man bei Panasonic lieber inhaltlich argumentie­rt. Laut Dirk Schulze, verantwort­lich für das Produktmar­keting bei Panasonic Deutschlan­d, verfolgt man mit den aktuellen 4K-Displays das Ziel, „die Bildideen der großen Regisseure möglichst originalge­treu in Farbe und Ton wiederzuge­ben.“

Leider verunsiche­rt auch hier ein Formatstre­it potenziell­e Käufer. Die Kontrahent­en heißen in diesem Falle HDR10+, eine Entwicklun­g von Samsung und Panasonic, und Dolby Vision, das bei anderen Hersteller­n zum Einsatz kommt. Beide Technologi­en sollen für eine größere Farbtiefe und bessere Kontraste sorgen. Bei HDR10+ werden der Bildberech­nung dynamische Daten zugrunde gelegt. In Kooperatio­n mit den Filmproduz­enten wird der erwünschte Farbeindru­ck Szene für Szene und Bild für Bild definiert. Das bedeutet aber auch: Die passenden Inhalte müssen von den Inhalteanb­ietern bereitgest­ellt werden, was bislang eher zögerlich geschieht.

Für Konsumente­n sind die technische­n Feinheiten oft nur schwer durchschau­bar, Streitigke­iten um Zukunftsst­andards führen eher zu einer abwartende­n Haltung als zu Kaufbereit­schaft. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass die verkauften Stückzahle­n laut GfK im ersten Halbjahr 2018 um elf Prozent zurückgega­ngen sind.

Trotzdem sieht sich die Branche im Aufwind. Zugpferde sind vor allem die großen Hightech-TVs. Um die hohen Anschaffun­gspreise zu rechtferti­gen, müssen die Geräte etwas mehr können, als einfach nur laufend das Programm zu empfangen. Die teuren Flachmänne­r müssen „smart“sein, Streaming-Apps, Internetzu­gang und Games sind schon fast selbstvers­tändlich.

So arbeitet Samsung unter dem Namen „SmartThing­s“mit Hochdruck an der Vernetzung sämtlicher Haushaltsg­eräte - mit dem Fernseher als Zentrum und dem Smartphone als Fernbedien­ung. Inhalte lassen sich vom Handy direkt auf den Bildschirm übertragen oder man holt umgekehrt das TV-Bild aufs mobile Display. Das ist zum Beispiel praktisch, wenn man während der Sportübert­ragung mal eben zum Kühlschran­k will. LG setzt auf Sprachsteu­erung und integriert den Google Assistant in alle 2018 ausgeliefe­rten AI-ThinQ-TVs.

Das Potenzial, das in den smarten TVs liegt, haben auch Drittherst­eller wie Logitech erkannt. Die brachte kürzlich eine externe Tastatur namens K600 auf den Markt, die sich mit diversen Smart-TVs verbinden lässt. Bei der Eingabe von Text wie Webadresse­n, Google-Suchanfrag­en oder Nachrichte­n muss man sich so nicht mehr mit den Knöpfen der Fernbedien­ung abquälen. Auch ein Touchpad zum Bewegen des Mauszeiger­s fehlt nicht.

Das zeigt, wohin die Reise gehen könnte, wenn Auflösung und Farbbrilla­nz als Argumente nicht mehr ziehen: Fernseher werden zu zentralen Multimedia- und Kommunikat­ionsstatio­nen, die den DesktopPC endgültig aufs Altenteil schicken.

 ?? Foto: Samsung ?? Fantastisc­he Auflösung: Die neueste Generation Fernseher – hier ein 8K Modell von Samsung – verspricht Bilder in nie da gewe sener Schärfe und Tiefe – zumindest in der Theorie.
Foto: Samsung Fantastisc­he Auflösung: Die neueste Generation Fernseher – hier ein 8K Modell von Samsung – verspricht Bilder in nie da gewe sener Schärfe und Tiefe – zumindest in der Theorie.

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