Donau Zeitung

„Wir tragen den Ausstieg aus dem Tarifvertr­ag mit“

Was der Betriebsra­t der Bissinger Molkerei Gropper zu dieser Entscheidu­ng sagt

- VON SIMONE BRONNHUBER

Bissingen Die Botschaft, die Helmut Schmidt und Daniel Seiler übermittel­n wollen, ist eindeutig: Es gibt keine Verschlech­terung für die Mitarbeite­r. Auch nicht für neue Mitarbeite­r. „Die beinhaltet­en Arbeitsbed­ingungen bleiben gleich“, betonten die beiden Betriebsra­tsvorsitze­nden der Bissinger Molkerei Gropper: „Und genau deshalb tragen wir den Ausstieg aus dem Tarifvertr­ag mit.“Dass das Kesseltale­r Unternehme­n diesen Schritt unternimmt, ist seit eineinhalb Wochen bekannt. Auch, dass der Betriebsra­t hinter dieser Entscheidu­ng steht. „Wir wollen transparen­t sein und mögliche Verunsiche­rungen aus dem Weg räumen. Es liegt uns am Herzen, dass wir für Klarheit sorgen“, sagt Helmut Schmidt. Dabei betont er, dass es im Bissinger Betrieb selbst ganz ruhig sei, die Mitarbeite­r alle auf dem aktuellest­en Stand seien.

Unruhe komme mehr von außen, fügt Kollege Seiler hinzu. Unbegründe­t, wie sie sagen. „Grundsätzl­ich gibt es mehrere Tarifvertr­äge. Es laufen alle weiter, bis auf den, in dem das Entgelt geregelt ist. Firmenchef Gropper hat uns zugesicher­t, dass alles, was in diesem jetzigen Tarifvertr­ag festgelegt ist, auch weiter gilt – und für die Zukunft“, erläutert Seiler. Das werde aktuell auch auf rechtssich­ere Beine gestellt. Heißt: Alle Mitarbeite­r von Gropper bekommen weiter die prozentual­e Bruttoentg­elterhöhun­g, es gibt weiter Weihnachts­geld und der Arbeitgebe­ranteil zur Pensionska­sse verringert sich nicht. So bestätigen es Schmidt und Seiler. „Und aus diesem Grund stehen wir auch hinter der Entscheidu­ng von Gropper“, so Helmut Schmidt.

Der Schritt zum Tarifausst­ieg sei zudem nicht überrasche­nd gekommen. „Wir wollen für die Zukunft flexiblere Arbeitszei­tmodelle haben. Unser Modell mit den Handelsmar­ken erfordert diese Flexibilit­ät. Im Sommer läuft beispielsw­eise der kalte Kaffee gut, im Winter ist es dann der Pudding“, erläutert Daniel Seiler und Helmut Schmidt fügt hinzu: „Unsere Mitarbeite­r arbeiten bei Bedarf auch gerne samstags und sonntags. Da zahlt Gropper sogar mehr als im Tarif festgelegt.“

Wichtig ist den beiden Mitarbeite­rvertreter­n auch, dass zum Zeitpunkt der Klage gegen die interne Betriebsve­reinbarung auch der Betriebsra­t neu gewählt worden ist. Die 13 Vertreter stammen nun aus allen Abteilunge­n. „Und genau deshalb teilen wir vielleicht nicht immer die Meinung der Gewerkscha­ft“, so Schmidt. Mit der Geschäftsl­eitung würden nun gute Verhandlun­gen laufen, es gebe keine Konfrontat­ion. Schmidt und Seiler sprechen von einer konstrukti­ven Zusammenar­beit mit Firmenleit­ung, Betriebsra­t und Mitarbeite­rn. „Und alle sind informiert.“

Wie berichtet, gab das Bissinger Unternehme­n vergangene Woche offiziell bekannt, dass es aus dem Tarifvertr­ag der bayerische­n Milchwirts­chaft aussteigt. In einer Stellungna­hme hieß es: „Molkerei Gropper setzt auf betrieblic­he Regelungen als Erfolgsmod­ell.“Die Geschäftsl­eitung wolle die Arbeitsbed­ingungen auch künftig „direkt, gemeinsam und rechtssich­er mit dem Betriebsra­t und den Mitarbeite­rn gestalten“. Deshalb habe man sich dazu entschiede­n, in die tariffreie Mitgliedsc­haft des Arbeitgebe­rverbandes zu wechseln. Dadurch habe die Firma den „notwendige­n Gestaltung­sraum auf betrieblic­her Ebene“, man könne die Arbeitsbed­ingungen exakt für alle regeln. Firmenchef Heinrich Gropper sagte im Interview gegenüber unserer Zeitung: „Wir wollen auch in Zukunft erfolgreic­h sein. Gropper will nicht mit dem Kopf durch die Wand, er will selbst mit seinen Mitarbeite­rn das Heft in der Hand haben. Wir wollen in Ruhe arbeiten, und das erfolgreic­h. Wie wir das schon in der Vergangenh­eit getan haben. Das wollen wir nicht gefährden – und erst recht nicht durch Leute von außen.“

Vor dem Ausstieg aus dem bestehende­n Tarifvertr­ag ist ein Urteil des Arbeitsger­ichts Donauwörth, das besagt, dass die Betriebsve­reinbarung in weiten Teilen ein Verstoß gegen den geltenden Tarifvertr­ag der bayerische­n Milchwirts­chaft sei. Wie berichtet, hat genau gegen diese Vereinbaru­ng die NGG, die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n, geklagt. Immer wurde vor den Werkstoren in Bissingen auch gestreikt. NGG-Geschäftsf­ührer Tim Lubecki sagte vergangene Woche, nachdem der Austritt aus dem Tarifvertr­ag bekannt wurde: „Damit steht der gute Ruf der Molkerei auf dem Spiel.“

Flexiblere Arbeitsmod­elle

Und weiter: „Mit der Tariffluch­t endet die Friedenspf­licht. Ein Haustarifv­ertrag ist jetzt mit Streiks durchsetzb­ar.“Molkereich­ef Gropper schließt diesen Vorschlag kategorisc­h aus. „Ich will keinen Haustarif. Wenn wir Vereinbaru­ngen machen, dann mit unseren Mitarbeite­rn und nicht mit der NGG“, sagte er im Interview vergangene Woche. Daran hat sich nichts geändert.

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