So trocken war es noch nie im Wittislinger Ried
Seit mehr als 35 Jahren pflegen Freiwillige das Moor, das einzigartig ist und vielen bedrohten Pflanzen Lebensraum bietet. Warum das Mähen so wichtig ist
Wittislingen „Lokal handeln, global denken“, so nennt Harald Böck von der Arbeitsgemeinschaft Wittislinger Ried sein Motto. Die Gemeinschaft existiert bereits seit 1982 und kümmert sich um die Pflege und die Erhaltung des Gebiets, das von der Europäischen Union als Schutzgebiet ausgewiesen ist.
Auch dieses Jahr mähen wieder freiwillige Helfer die Streuwiesen mit einem Balkenmäher. Johannes Prifling aus Wittislingen ist dieses Jahr zum dritten Mal dabei, sein Kollege Hermann Schnalzger aus Gundelfingen hilft bereits seit 30 Jahren bei der Pflege. Beide tun dies aus Überzeugung. Die Arbeit sei zwar sehr schweißtreibend, man trage jedoch seinen Teil zum Schutz der Umwelt und des einzigartigen Moores bei. Jeden Samstag finden sich auch Leute aus der Umgebung ein, um das gemähte Gras mit der Hand aufzuladen, da Ladewägen durch den unebenen Untergrund beschädigt werden können.
„Etwa 460 verschiedene Pflanzen, von denen 53 in ihrem Bestand gefährdet sind, und 160 Vogelarten sind im Ried zu Hause“, erklärt Harald Böck. Das regelmäßige Mähen verhindert eine Verbuschung der Flächen und schützt damit die ansässigen Tier- und Pflanzenarten.
Einige seltene Gewächse wie der Lungenenzian oder der Teufelsabbiss würden an zu dicht bewachsenen Stellen kaum noch blühen können. Vogelarten wie Bekassine und Kiebitz, die in den Wiesen brüten, bräuchten offene und feuchte Strukturen. Deswegen lege man auch Vertiefungen an, in denen das Wasser länger steht. Doch dieses Jahr ist das schwieriger als sonst. „In 36 Jahren war es hier noch nie so trocken, normalerweise ist hier um diese Zeit schon alles feucht“, sagt Böck.
Er ist als Gebietsbetreuer für die Organisation der Pflege, den Aufkauf von Flächen und Exkursionen durch das Moor verantwortlich. Es sei ihm wichtig, den Leuten die Natur hier vor Ort näherzubringen. „Nur das, was man kennt, schützt man auch“, meint der Wittislinger Experte. Man arbeite auch sehr eng mit den Landwirten zusammen. Diese hatten früher die Streuwiesen selbst gemäht, die Kosten seien jedoch irgendwann zu hoch geworden. Die Arbeitsgemeinschaft habe dann begonnen, Flächen aufzukaufen. Mittlerweile befinden sich rund 75 Hektar in ihrem Besitz, viele davon sind an Bauern verpachtet, die die Felder weiter bewirtschaften.
Hierbei achte man dann vor allem auf ein umweltschonendes Arbeiten ohne den Einsatz von Pestiziden und Chemikalien. So wird ein verunreinigungsfreies Grundwasser gewährleistet, erklärt Böck. „Es ist eigentlich klassischer Naturschutz, den wir hier betreiben.“Man helfe, die Artenvielfalt des Gebiets zu erhalten sowie eine Pufferzone rund um das Ried zu schaffen. „Die Leute nehmen oft gar nicht wahr, dass wir die Natur für die Allgemeinheit erhalten“, merkt Harald Böck an.
Weitere Freiwillige in der Zukunft wären sehr gerne willkommen. „Man kann jederzeit kommen und selbst helfen, für Verpflegung ist auch gesorgt“, erklärt er lächelnd. Etwa vier bis fünf Einsatztage dauere es, bis das Gebiet aufgeräumt ist, am kommenden Samstag sind also wieder Helfer gefragt.
„Etwa 460 verschiedene Pflanzen und 160 Vogelarten sind im Ried zu Hause.“Harald Böck, Arbeitsgemeinschaft Wittislinger Ried