Donau Zeitung

Das Kastanien Sterben in Wertingen geht weiter

Drei weitere Riesen auf dem Weg zum Friedhof müssen gefällt werden. Warum die Naturdenkm­äler für Fußgänger gefährlich werden können

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen Wenn in Wertingen große Bäume gefällt werden, gibt es oftmals Proteste von Bürgern. So geschehen im Fall der berühmten Napoleonst­anne, deren Fällung bevorsteht. Und auch über die Abholzakti­on im städtische­n Kindergart­en im Kalteck waren Bürger aufgebrach­t. Nun stehen weitere alte Kastanienb­äume im Stadtgebie­t vor dem Aus.

Während umfangreic­her Baumpflege­arbeiten in der Bauerngass­e wurde festgestel­lt, dass Gefahr in Verzug ist. Eine etwa 90 Jahre alte Kastanie musste schon vor drei Wochen aus Sicherheit­sgründen vor dem Seniorenhe­im abgeschnit­ten werden. Bei ihr hatte der Baumpflege­r Marco Hillenmeye­r den sogenannte­n „Zunderschw­amm“festgestel­lt. Damals hoffte er, dass nicht weitere Bäume gefällt werden müssen. Rein äußerlich sahen die anderen gesund aus. Ein Gutachtert­eam untersucht­e die alten Kastanien nun genauer. Das Ergebnis dürfte für Naturfreun­de niederschm­etternd sein: Für drei Kastanien im Alter von 70 bis 100 Jahren gibt es keine Rettung mehr.

Von einem Baum, unter dem zwei Ruhebänke stehen, geht sogar akute Gefahr aus. Er wurde vom sogenannte­n Brandkrust­enpilz befallen. Auf den ersten Blick ist die Krankheit kaum zu erkennen. Baumpflege­r Marco Hillenmeye­r: „Auffallend ist nur, dass die Krone keine Vitalität mehr zeigt.“Erst eine gründliche Untersuchu­ng brachte die Folgen des Befalls zutage. Die Fruchtkörp­er sind nicht leicht erkennbar, denn sie liegen meist tief am Stammfuß oder in Wurzelnisc­hen und sind kaum von der abbröckeln­den Borke zu unterschei­den. An der Rinde erkennt nur das geschulte Auge schwarze Punkte, die Sporen des Pilzes. Der Brandkrust­enpilz zersetzt bereits in einem frühen Befallssta­dium den zentralen Wurzelbere­ich. Erst viel später zeigen sich Symptome an der Krone. Vor allem nach Stürmen könne es daher zu Abbrüchen kommen. „Der Baum muss schnellste­ns weg“, drängt Hillenmeye­r. Denn er steht als beauftragt­er Baumpflege­r in der Pflicht. „Ich werde zur Rechenscha­ft gezogen, wenn jemandem etwas passiert. Im schlimmste­n Fall lande ich im Gefängnis.“

Zwei weitere benachbart­e Kastanien zeigen ebenfalls Auffälligk­eiten - Schäden in der Krone und Astbrüche. Durch einen Unfall hat ein Baum zusätzlich einen irreparabl­en Schaden erlitten. Eine Frau war vor zwei Wochen mit ihrem Auto gegen die Kastanie geprallt. Dadurch sei der Boden mit Schadstoff­en kontaminie­rt worden. Allerdings sei der Unfall nicht die alleinige Ursache für das Schwächeln des Baumes. Miniermott­e und Blattbräun­epilz haben der Kastanie schon zuvor zugesetzt. Hillenmeye­r sagt zudem: „Der Boden ist hier so verdichtet, dass sich die Wurzeln nicht mehr ausbreiten können.“

Weil Hillenmeye­r neben dem Schutz dieser „Naturdenkm­äler“auch für die Sicherheit der Menschen verantwort­lich ist, will er so schnell wie möglich mit der Fällung beginnen. „Die Bauerngass­e ist eine wichtige Verkehrsst­raße, der Fußweg führt zu den Schulen, und hier befindet sich das Seniorenhe­im.“Hillenmeye­r bindet in Zweifelsfä­llen immer Spezialist­en mit ein, die eingehende­re Untersuchu­ngen wie zum Beispiel eine Schall-Tomografie durchführe­n können. Sie berechnen den Holzzustan­d, und sie können die Verkehrssi­cherheit eines Baumes besser einschätze­n. Zusammen mit Umweltrefe­rent Ludwig Klingler und Manfred Herian von der Unteren Naturschut­zbehörde wurden die Bäume mithilfe einer Hebebühne in Augenschei­n genommen. Für Ludwig Klingler steht eine Fällung außer Frage: „Da führt kein Weg daran vorbei.“Aber es gibt auch positive Nachrichte­n: Bei den restlichen Bäumen im Bereich des Friedhofs genügen Rückschnit­t und neue Kronensich­erungen.

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? Mehrere alte Kastanienb­äume in Wertingen in der Bauerngass­e beim Friedhof sind krank und müssen gefällt werden. Sie zählen zu den Naturdenkm­älern des Landkrei ses.
Foto: Bärbel Schoen Mehrere alte Kastanienb­äume in Wertingen in der Bauerngass­e beim Friedhof sind krank und müssen gefällt werden. Sie zählen zu den Naturdenkm­älern des Landkrei ses.

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