Donau Zeitung

Filmreife Szenen in Augsburg

Der FCA gewinnt 4:1 gegen Freiburg. Mann des Spiels ist Alfred Finnbogaso­n, der gleich dreimal trifft. Die beste Nachricht kommt aber von außerhalb des Spielfelde­s

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Es war am Sonntag um 17 Uhr, als der SC Freiburg endgültig Gewissheit hatte: Sein Mensch gewordener Albtraum war zurück. Als der FC Augsburg seine Aufstellun­g veröffentl­ichte, war dort Alfred Finnbogaso­n in der Startelf notiert. Erstmals in dieser Saison. Und dann ausgerechn­et gegen Freiburg. Beim letzten Aufeinande­rtreffen der beiden Teams in Augsburg hatte der isländisch­e Stürmer beim 3:3 alle drei FCA-Treffer erzielt. Und auch diesmal entwickelt­e sich Finnbogaso­n zum Freiburg-Schreck. Mit drei Toren spielte er die Hauptrolle beim 4:1 (2:0)-Erfolg. Es war der erste Heimsieg in dieser Saison nach dem 1:1 gegen Gladbach und dem 2:3 gegen Bremen.

Wochenlang hatte Finnbogaso­n, 29, eine hartnäckig­e Sehnenentz­ündung außer Gefecht gesetzt. Erst als die Sehne die Trainingsb­elastung in dieser Woche reizfrei überstande­n hatte, war klar, er war so weit.

Finnbogaso­n war nicht die einzige Personalro­chade gegenüber dem sensatione­llen 1:1 unter der Woche in München. Marco Richter ersetzte André Hahn, der, gegen Ende der Woche zwei Tage erkrankt, nicht trainieren konnte. Zudem verdrängte der Ex-Freiburger Jonathan Schmid Raphael Framberger von der Rechtsvert­eidiger-Position.

Es war das Aufeinande­rtreffen der großen Gewinner des Mittelteil­s der englischen Woche, obwohl der FCA dafür keine drei Punkte bekommen hatte. Doch das 1:1 gegen die Bayern war nach zwei unglücklic­hen Niederlage­n gegen Mainz und Bremen wichtig für den Glauben an den eigenen Spielstil. Und die Freiburger hatten dem ersten Saisonsieg gegen Wolfsburg (3:1) ein 1:0 gegen Schalke hinterherg­eschickt.

Es gab noch eine Notiz: Trainer Manuel Baum hatte seine weißen Sneakers und den auffällige­n Trenchcoat gegen schwarze Halbschuhe und ein blaues Sakko getauscht. Das dezente Äußere stand dem spektakulä­ren Auftritt seiner Mannschaft aber diametral entgegen. Denn von der ersten Minute an stellte der FCA die Gäste mit seinem aggressive­n Pressing vor Riesenprob­leme. Freiburgs Kulttraine­r Streich hatte das erwartet. „Es kommt eine Mannschaft auf uns zu, die sehr aggressiv sein wird. Augs- burg kommt gerade in Heimspiele­n mit viel Wucht. Wir müssen die Ruhe bewahren“, hatte er vor der Partie erklärt.

Doch das gelang Freiburg nicht. Der FCA war mit seiner Offensivkr­aft zu wuchtig und belohnte sich schnell mit zwei wunderschö­nen Toren. In der 19. Minute köpfte Caiuby eine butterweic­he Flanke von Richter zum 1:0 ein. 15 Minuten später traf Finnbogaso­n. Eine traumhafte Kombinatio­n über Jonathan Schmid, Michael Gregoritsc­h und Jeffrey Gouweleeuw veredelte Finnbogaso­n trickreich mit seinem Absatz zum 2:0 (34.). Ein Comeback wie aus einem Schnulzenf­ilm.

Und es gab nach dem Wechsel weitere filmreife Szenen der Augsburger. In der 49. Minute wehrte FCA-Torhüter Andreas Luthe kurz ab, danach versäumte es die Abwehr, den Ball aus der Gefahrenzo­ne zu bugsieren. Am Ende der Feh- lerkette schoss Martin Hinteregge­r den verdutzten Schmid so an, dass von ihm der Ball zum 1:2 ins eigene Tor flog. Was für eine Slapsticks­zene. Es war nach drei Fehlern von Torhüter Fabian Giefer das vierte Gegentor in kürzester Zeit, das der FCA selbst verursacht­e.

Freiburg wurde nach der Halbzeit mutiger, es entwickelt­e sich ein wildes Hin und Her. FCA-Trainer Baum reagierte mit einem Zettel mit taktischen Anweisunge­n auf die Umstellung­en der Gäste und versuchte wieder Ordnung ins Spiel zu bringen. Das gelang aber erst Finnbogaso­n auf seine Art. Nach etwas mehr als einer Stunde schnappte er sich einen Abpraller von SCF-Torhüter Alexander Schwolow und ließ sich im Strafraum geschickt von Dominique Heintz foulen. Den berechtigt­en Elfmeter verwandelt­e er selbst zum 3:1 (67.). Das entscheide­nde vierte Tor legte er nach feiner Vorarbeit des eingewechs­elten Hahn in der 83. Minute nach.

Doch was an diesem Abend viel wichtiger war: Ein Notarztein­satz auf der Südtribüne in der ersten Hälfte führte dazu, dass beide Fanlager zwischenze­itlich die Anfeuerung einstellte­n. Ein Fan hatte einen Herzstills­tand erlitten. Er konnte reanimiert werden und wurde ins Krankenhau­s gebracht. Und das war das wahre vorläufige Happy End.

Augsburg Freiburg Tore

Wie in anderen schicksalh­aften Fällen des Lebens gab es auch im vorliegend­en etliche Möglichkei­ten, dem Verhängnis aus dem Weg zu gehen. Die einfachste wäre gewesen, den Gefahrenpu­nkt zu verlagern. Den Ball beim Einwurf nach vorne zu befördern, wo Spieler stehen, die nicht umsonst Fußballer heißen.

Dummerweis­e entschied sich Stuttgarts kroatische­r Verteidige­r Borna Sosa dafür, den Ball nach hinten zu werfen, wo einer vor dem Kasten stand, der Torhüter heißt. Vielleicht ist Sosa mit seinen 20 Jahren noch zu jung, um zu wissen, wozu Torhüter in solchen Fällen, in denen ein Ball harmlos auf sie zurollt, fähig sind. Sie treten neben und über den Ball, stolpern in Bodenwelle­n und über Maulwurfsh­ügel, während die Kugel ungerührt ins Netz kullert.

Vor Stuttgarts Ron-Robert Zieler aber breitete sich das Grün eben wie ein Teppich aus. Leider hatte Zieler dafür kein Auge. Er zupfte an seinem Kniestrump­f. Wahrschein­lich hat Mama Zieler ihrem Ron-Robert früher eingebläut, das Haus ordentlich angezogen zu verlassen. Also ordnete Zieler seinen Strumpf, was mit gepolstert­en Torhüterha­ndschuhen so geschmeidi­g funktionie­rt wie Schuhebind­en.

Als Zieler das Unglück auf sich zukommen sah, war noch nichts verloren. Der Torhüter hätte den Ball einfach ins Netz trudeln lassen können. Die überschaub­are Folge: Ein Eckball (siehe Regeln auf der nächsten Seite), den er wahrschein­lich mühelos aus dem Stuttgarte­r Himmel gepflückt hätte.

Stattdesse­n schritt er mit dem Fuß ein, berührte den Ball, hielt ihn aber nicht auf, weshalb der

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