Filmreife Szenen in Augsburg
Der FCA gewinnt 4:1 gegen Freiburg. Mann des Spiels ist Alfred Finnbogason, der gleich dreimal trifft. Die beste Nachricht kommt aber von außerhalb des Spielfeldes
Augsburg Es war am Sonntag um 17 Uhr, als der SC Freiburg endgültig Gewissheit hatte: Sein Mensch gewordener Albtraum war zurück. Als der FC Augsburg seine Aufstellung veröffentlichte, war dort Alfred Finnbogason in der Startelf notiert. Erstmals in dieser Saison. Und dann ausgerechnet gegen Freiburg. Beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Teams in Augsburg hatte der isländische Stürmer beim 3:3 alle drei FCA-Treffer erzielt. Und auch diesmal entwickelte sich Finnbogason zum Freiburg-Schreck. Mit drei Toren spielte er die Hauptrolle beim 4:1 (2:0)-Erfolg. Es war der erste Heimsieg in dieser Saison nach dem 1:1 gegen Gladbach und dem 2:3 gegen Bremen.
Wochenlang hatte Finnbogason, 29, eine hartnäckige Sehnenentzündung außer Gefecht gesetzt. Erst als die Sehne die Trainingsbelastung in dieser Woche reizfrei überstanden hatte, war klar, er war so weit.
Finnbogason war nicht die einzige Personalrochade gegenüber dem sensationellen 1:1 unter der Woche in München. Marco Richter ersetzte André Hahn, der, gegen Ende der Woche zwei Tage erkrankt, nicht trainieren konnte. Zudem verdrängte der Ex-Freiburger Jonathan Schmid Raphael Framberger von der Rechtsverteidiger-Position.
Es war das Aufeinandertreffen der großen Gewinner des Mittelteils der englischen Woche, obwohl der FCA dafür keine drei Punkte bekommen hatte. Doch das 1:1 gegen die Bayern war nach zwei unglücklichen Niederlagen gegen Mainz und Bremen wichtig für den Glauben an den eigenen Spielstil. Und die Freiburger hatten dem ersten Saisonsieg gegen Wolfsburg (3:1) ein 1:0 gegen Schalke hinterhergeschickt.
Es gab noch eine Notiz: Trainer Manuel Baum hatte seine weißen Sneakers und den auffälligen Trenchcoat gegen schwarze Halbschuhe und ein blaues Sakko getauscht. Das dezente Äußere stand dem spektakulären Auftritt seiner Mannschaft aber diametral entgegen. Denn von der ersten Minute an stellte der FCA die Gäste mit seinem aggressiven Pressing vor Riesenprobleme. Freiburgs Kulttrainer Streich hatte das erwartet. „Es kommt eine Mannschaft auf uns zu, die sehr aggressiv sein wird. Augs- burg kommt gerade in Heimspielen mit viel Wucht. Wir müssen die Ruhe bewahren“, hatte er vor der Partie erklärt.
Doch das gelang Freiburg nicht. Der FCA war mit seiner Offensivkraft zu wuchtig und belohnte sich schnell mit zwei wunderschönen Toren. In der 19. Minute köpfte Caiuby eine butterweiche Flanke von Richter zum 1:0 ein. 15 Minuten später traf Finnbogason. Eine traumhafte Kombination über Jonathan Schmid, Michael Gregoritsch und Jeffrey Gouweleeuw veredelte Finnbogason trickreich mit seinem Absatz zum 2:0 (34.). Ein Comeback wie aus einem Schnulzenfilm.
Und es gab nach dem Wechsel weitere filmreife Szenen der Augsburger. In der 49. Minute wehrte FCA-Torhüter Andreas Luthe kurz ab, danach versäumte es die Abwehr, den Ball aus der Gefahrenzone zu bugsieren. Am Ende der Feh- lerkette schoss Martin Hinteregger den verdutzten Schmid so an, dass von ihm der Ball zum 1:2 ins eigene Tor flog. Was für eine Slapstickszene. Es war nach drei Fehlern von Torhüter Fabian Giefer das vierte Gegentor in kürzester Zeit, das der FCA selbst verursachte.
Freiburg wurde nach der Halbzeit mutiger, es entwickelte sich ein wildes Hin und Her. FCA-Trainer Baum reagierte mit einem Zettel mit taktischen Anweisungen auf die Umstellungen der Gäste und versuchte wieder Ordnung ins Spiel zu bringen. Das gelang aber erst Finnbogason auf seine Art. Nach etwas mehr als einer Stunde schnappte er sich einen Abpraller von SCF-Torhüter Alexander Schwolow und ließ sich im Strafraum geschickt von Dominique Heintz foulen. Den berechtigten Elfmeter verwandelte er selbst zum 3:1 (67.). Das entscheidende vierte Tor legte er nach feiner Vorarbeit des eingewechselten Hahn in der 83. Minute nach.
Doch was an diesem Abend viel wichtiger war: Ein Notarzteinsatz auf der Südtribüne in der ersten Hälfte führte dazu, dass beide Fanlager zwischenzeitlich die Anfeuerung einstellten. Ein Fan hatte einen Herzstillstand erlitten. Er konnte reanimiert werden und wurde ins Krankenhaus gebracht. Und das war das wahre vorläufige Happy End.
Augsburg Freiburg Tore
Wie in anderen schicksalhaften Fällen des Lebens gab es auch im vorliegenden etliche Möglichkeiten, dem Verhängnis aus dem Weg zu gehen. Die einfachste wäre gewesen, den Gefahrenpunkt zu verlagern. Den Ball beim Einwurf nach vorne zu befördern, wo Spieler stehen, die nicht umsonst Fußballer heißen.
Dummerweise entschied sich Stuttgarts kroatischer Verteidiger Borna Sosa dafür, den Ball nach hinten zu werfen, wo einer vor dem Kasten stand, der Torhüter heißt. Vielleicht ist Sosa mit seinen 20 Jahren noch zu jung, um zu wissen, wozu Torhüter in solchen Fällen, in denen ein Ball harmlos auf sie zurollt, fähig sind. Sie treten neben und über den Ball, stolpern in Bodenwellen und über Maulwurfshügel, während die Kugel ungerührt ins Netz kullert.
Vor Stuttgarts Ron-Robert Zieler aber breitete sich das Grün eben wie ein Teppich aus. Leider hatte Zieler dafür kein Auge. Er zupfte an seinem Kniestrumpf. Wahrscheinlich hat Mama Zieler ihrem Ron-Robert früher eingebläut, das Haus ordentlich angezogen zu verlassen. Also ordnete Zieler seinen Strumpf, was mit gepolsterten Torhüterhandschuhen so geschmeidig funktioniert wie Schuhebinden.
Als Zieler das Unglück auf sich zukommen sah, war noch nichts verloren. Der Torhüter hätte den Ball einfach ins Netz trudeln lassen können. Die überschaubare Folge: Ein Eckball (siehe Regeln auf der nächsten Seite), den er wahrscheinlich mühelos aus dem Stuttgarter Himmel gepflückt hätte.
Stattdessen schritt er mit dem Fuß ein, berührte den Ball, hielt ihn aber nicht auf, weshalb der