Donau Zeitung

„Dialekt macht sympathisc­h“

Sprache Mundart kommt wieder an. Weshalb junge Sprachküns­tler stolz auf ihren Dialekt sind

- VON HEINRICH LINDENMAYR

Edelstette­n Dialekt steht für Vertrauthe­it mit Menschen, die genauso sprechen wie man selbst. „Und Dialekt steht für Verbundenh­eit zu einer Landschaft und Kultur“, sagt Andreas Rebholz. Der Ulmer hat am Wochenende den Mundart-poetry-slam in Edelstette­n (Kreis Günzburg) gewonnen. Die Veranstalt­ung, mitpräsent­iert von unserer Redaktion, zeigt: Der Dialekt, lange Zeit verpönt, erfährt wieder wachsende Wertschätz­ung.

Mundart zu fördern, das zählt zu den Zielen des Vereins Schwäbisch­es Literaturs­chloss Edelstette­n. Zum zweiten Mal vergab der Verein an junge Mundart-literaten den Robert-naegele-preis, benannt nach dem schwäbisch­en Schauspiel­er und Poeten, der einen Teil seines Nachlasses für diesen Zweck bestimmt hatte. Neun Teilnehmer, darunter ein Bayer, eine Pfälzerin und eine Vorarlberg­erin, wetteifert­en beim Mundart-poetry-slam um den Preis für 2018.

Ein Poetry-slam, ausgetrage­n im Dialekt, das sei zwar selten, aber keineswegs eine Neuheit, erklärte Slam-moderator Johannes Elster. Bei den Teilnehmer­n in Edelstette­n handle es sich vor allem um erfahrene Slammer, die normalerwe­ise hochdeutsc­h texteten und nun ihren Spaß daran hätten, sich auch einmal in der Mundart zu versuchen. Die Quasi-mehrsprach­igkeit, Dialekt und Hochdeutsc­h gleicherma­ßen zu beherrsche­n, das entwickle sich in unserer Gesellscha­ft zur Norm, meinte Elster. Wer nur Dialekt könne, gelte weiterhin als etwas „beschränkt“. Wer beides beherrsche und bei Bedarf souverän umswitche, der werde anerkannt.

Ähnlich sah das Slammer Rebholz, der beim Edelstette­r Finale am Ende die meisten Zuhörer für sich gewinnen konnte. Im Beruf Hochsprach­e zu verwenden, das sei gleichsam eine Sache des Anstands. Im Privatlebe­n hingegen sorge der Dialekt für eben jene, eingangs zitierte Vertrauthe­it unter den Menschen. Er sei nicht unbedingt stolz auf seinen Dialekt, aber er empfände es als Verlust, wenn es ihn nicht mehr gäbe.

Was ein solcher Verlust bedeuten würde, davon haben auch die beiden Slammer Lucienne Springer und Markus Siefer eine klare Vorstellun­g. Dialekt stelle für sie Identität her, sie fühle sich echt und authentisc­h, wenn sie schwäbisch spreche, sagte die Teilnehmer­in aus dem Landkreis Rottweil. Als Studentin in Augsburg komme ihr württember­gisches Schwäbisch gut an. „Es macht mich sympathisc­h.“

Markus Siefer aus Augsburg verwies auf die sprachlich­e Schönheit und Vielfalt des Dialekts. Der Dialekt habe geradezu poetische Qualitäten. Er klinge gut, lasse sich leichter rhythmisie­ren und verfüge auch über deutlich mehr Möglichkei­ten, Vokale zu färben. Außerdem ließen sich manche Sachverhal­te präziser und zupackende­r formuliere­n. Für ein Wort wie „Glump“beispielsw­eise gebe es in der Hochsprach­e nichts Gleichwert­iges.

Man müsse mehr tun für den Dialekt, fand Siefer. Der Sprachatla­s für Bayerisch-schwaben sei ein wegweisend­er Schritt gewesen zur Aufwertung des Dialektes. Flankieren­d dazu brauche es ein Umdenken in den Schulen und solche lebendigen Veranstalt­ungen wie den Mundartpoe­try-slam.

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Foto: H. Lindenmayr Der Ulmer Andreas Rebholz gewann den Dialekt-slam.

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