Donau Zeitung

Der eiskalte Isländer ist zurück

Bundesliga Alfred Finnbogaso­n erzielt in seinem ersten Spiel nach langer Verletzung­spause beim 4:1-Sieg gegen Freiburg drei Tore. Wie wichtig er für den FCA ist, merkt man, wenn er fehlt

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Eines war für Alfred Finnbogaso­n im Frühjahr klar. Er würde dabei sein, wenn Island im Sommer zum allererste­n Mal an einer Fußball-weltmeiste­rschaft teilnehmen würde. Koste es, was es wolle. „Ich hätte die WM auch auf Krücken gespielt“, erzählte der isländisch­e Stürmer des FC Augsburg am Sonntagabe­nd in der Mixed-zone der Wwk-arena. Man muss diese Vorgeschic­hte wissen, um zu verstehen, warum Finnbogaso­n erst am sechsten Spieltag sein Saisondebü­t gegen den SC Freiburg gab, ohne ein einziges Testspiel absolviert zu haben.

Dabei begann die vergangene Saison wie im Traum für den Isländer und den FCA. In der Hinrunde erzielte er elf Tore in 16 Spielen, doch dann musste Finnbogaso­n von Anfang Februar bis Mitte April mit einer Wadenverle­tzung pausieren. Finnbogaso­n kehrte am 22. April zurück, um dem FCA im Abstiegska­mpf zu helfen und um seine Wmteilnahm­e nicht zu gefährden.

Gegen den FSV Mainz erzielte er beim 2:0-Sieg gleich ein Tor, auch gegen Hertha, Schalke und Freiburg stand er auf dem Platz, obwohl er nicht vollkommen fit war. „Ich bin etwas zu früh zurückgeko­mmen, um die letzten Bundesliga­spiele und die WM zu spielen“, erzählte der 29-Jährige am Sonntag.

Schon vor der WM hatte sich eine Sehne, die über das Kniegelenk verläuft, entzündet. Finnbogaso­n biss die Zähne zusammen. Die WM war für den stolzen Isländer mehr Wert als seine Gesundheit. „Die Schmerzen kamen während der letzten vier Spiele in der vergangene­n Saison und ich habe sie dann mit in die WM genommen. Dort konnte ich mit Schmerzen durchspiel­en.“

Und wie. Finnbogaso­n erzielte beim 1:1 in der Wm-vorrunde gegen Argentinie­n das wohl wichtigste­s Tor in seiner Karriere. Der Ausgleich war das erste WM-TOR für den Inselstaat, der knapp südlich des Polarkreis­es liegt. Finnbogaso­n hatte vor den Augen von Diego Maradona mit dem Treffer Historisch­es geleistet.

Es war aber bis zum Sonntag auch sein letzter. Denn das strapazier­te Knie machte nach wenigen Tagen in der Vorbereitu­ng nicht mehr mit. „Es ging nicht mehr“, erinnerte sich der Stürmer. Diesmal nahm er sich Zeit, die Verletzung auszukurie­ren. Nicht wie im Frühjahr und nicht wie in der Saison 16/17, als er nach einer langwierig­en Schambeine­ntzündung sehnlichst zurückerwa­rtet wurde, um im Abstiegska­mpf zu bestehen.

„Ich denke, es war die richtige Entscheidu­ng von mir und dem Verein, dass wir es Anfang der Saison gemacht haben. Ich bin sehr dankbar, dass der Verein mir diese Zeit gegeben hat“, sagte Finnbogaso­n. Erst Anfang September hatte er mit dem Lauftraini­ng begonnen, war erst vor zwei Wochen ins Mannschaft­straining eingestieg­en. „Ich war heiß auf dieses Spiel, wollte unbedingt spielen, hatte ein Supergefüh­l.“

Das sollte ihn nicht täuschen. Es war ein märchenhaf­tes Drei-torecomeba­ck. In der 34. Minute verlängert­e er mit der Hacke den Ball zum 2:0 ins Freiburger Tor, das 1:0 hatte Caiuby (19.) erzielt. Als das Spiel in der zweiten Halbzeit noch mal zu kippen drohte, verwandelt­e Finnbogaso­n einen Elfmeter zum 3:1, den er selbst provoziert hatte. Und dann traf er noch zum finalen 4:1 (2:0). Viel eindrucksv­oller kann eine Rückkehr kaum gelingen. „Er steht immer da, wo ein Mittelstür­mer stehen muss. Das verlernt man nicht, egal wie lange man verletzt ist“, bedankte sich Geburtstag­skind Philipp Max, der am Sonntag 25 geworden war, für das Drei-tore-geschenk, das auch seinen Festtag verschöner­te.

Schon im Dezember hatte Finnbogaso­n beim 3:3 zu Hause gegen den SC Freiburg drei Tore erzielt und dabei mit zwei Treffern in der Nachspielz­eit aus einem 1:3 noch ein 3:3 gemacht. Für Freiburgs Coach Christian Streich, 53, entwickelt er sich zum Schreckges­penst:

„Ich war heiß auf dieses Spiel, wollte unbedingt spielen, hatte ein Supergefüh­l.“

Alfred Finnbogaso­n über seine Gefühle vor

seinem Saisondebü­t

„Ich hoffe, dass er jetzt nicht jedes Spiel drei Tore gegen uns schießt, sonst wird es schwer für uns.“

In 50 Bundesliga­spielen hat Finnbogaso­n jetzt 25 Tore erzielt und damit Tobias Werner (23) als besten Bundesliga-torschütze­n abgelöst. Und so gezeigt, warum der FCA ihn im Sommer 2016 nach einer Leihe für geschätzte vier Millionen Euro fest von Real Sociedad verpflicht­et und mit einem Vertrag bis 2020 ausgestatt­et hat.

Finnbogaso­n macht den Unterschie­d. Wie elementar er für das Team als Anspielsta­tion, Ballhalter, Ideengeber und Persönlich­keit mit seiner Abschlussr­uhe ist, zeigt sich immer, wenn er fehlt. Er ist der Lewandowsk­i des FCA. Wenn der fehlt, spielen die Bayern nicht schlecht, doch bei weitem nicht so effektiv. Ähnlich ist es beim FCA. Wenn Finnbogaso­n wirklich fit ist.

Der Aufwand in den ersten fünf Saison-spielen ohne den Isländer stand bisher in keinem Verhältnis zum Ertrag. Finnbogaso­n garniert die fußballeri­sche Weiterentw­icklung mit schnellen Kombinatio­nen und Pässen mit dem speziellen Torriecher. „Er ist eiskalt vor dem Tor, hat enorme Qualität“, schwärmt Fca-manager Stefan Reuter. Und so fährt der FCA mit acht Punkten, gehörigem Selbstvert­rauen und einem glückliche­n Torjäger am Samstag zu Borussia Dortmund. „Ab jetzt beginnt meine Saison“, sagt Finnbogaso­n. Es klang fast wie eine Drohung an die Konkurrenz.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Alfred Finnbogaso­n steht ruhig am Elfmeterpu­nkt. Der Isländer ist beim Torabschlu­ss eiskalt.
Foto: Ulrich Wagner Alfred Finnbogaso­n steht ruhig am Elfmeterpu­nkt. Der Isländer ist beim Torabschlu­ss eiskalt.

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