Donau Zeitung

Vettel erlebt mehr als eine bittere Pleite

- VON MILAN SAKO ms@augsburger-allgemeine.de

Dafür lieben wir die Italiener. Sie reden nicht, nein sie spielen ein Ein-mann-stück, sie gestikulie­ren wie wild mit den Händen oder raufen sich die Haare. Der Italiener bevorzugt das Drama oder die Tragödie, wo der Deutsche eher zum kleinen Fernsehspi­el neigt. In der Formel 1 ist das nicht anders. Nach dem dritten Platz von Sebastian Vettel ist das Wm-rennen gelaufen. Die Kollegen von der Gazzetta dello Sport läuten bereits die Totenglock­e für Ferrari und schreiben: Der russische Grand Prix ist fast ein Grabstein auf den Hoffnungen des Cavallino auf den Gewinn dieser Weltmeiste­rschaft. Aus der Traum der Scuderia auf den ersten Wm-titel seit Kimi Räikkönen 2007.

Angesichts von 50 Punkten Rückstand von Vettel auf Hamilton bei fünf ausstehend­en Rennen kann Ferrari die Flügel für 2020 testen. Und noch bitterer: Den Sieg bekam der Brite durch eine plumpe Teamorder geschenkt, die selbst dem Gewinner hochnotpei­nlich war. Dieser Erfolg stehe auf der Liste seiner Siege, auf die er am wenigsten stolz sei, sagte Hamilton. Da sich der Kommandost­and der Silberpfei­le mit dem Zeitpunkt des Reifenwech­sels von Hamilton verrechnet hatte, musste Teamchef Toto Wolff später handeln und Valtteri Bottas seinen Sieg an den Garagenkol­legen abtreten. Stallorder ist seit 2011 wieder erlaubt und von Ferrari kam nicht der Hauch einer Kritik. Die Italiener wissen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Zu oft schon hatte die Scuderia auf diese Weise in die WM eingegriff­en. Legendär ist der Befehl in Spielberg 2002 an den Führenden Rubens Barrichell­o, der Platz machen sollte für Michael Schumacher. Es ist einer der größten Skandale der Sportgesch­ichte, die Fahrer verkommen zu Marionette­n des mächtigen Teamchefs Todt.

Nun lobt Vettel die gute Teamarbeit der Konkurrenz und verkündet pflichtsch­uldig, an seine Wmchance zu glauben. Doch Sotschi führt dem Deutschen auf bittere Weise vor Augen: Mercedes funktionie­rt als Team, Ferrari nicht. Für die Italiener endet das Rennen nicht mit einer Niederlage, sondern mit einer Beerdigung.

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Foto: Witters Aus, vorbei: Das Wm-rennen ist für Sebastian Vettel wohl gelaufen.
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