Eine Grundschule startet von null
Bildung Rund 70 Schüler besuchen seit wenigen Tagen eine neue Schule in Neu-ulm. Ein Blick hinter die Kulissen
Neu-ulm Noch heißt sie Grundschule an der Grethe-weiser-straße. Aber nicht mehr lange, wie Schulleiter Thomas Brenner erklärt: „Sobald der Elternbeirat gewählt ist und zugestimmt hat, werden wir offiziell Mark-twain-grundschule heißen.“Der neue Name sei nur noch eine Formalie. Was die Schule besonders macht, ist nicht die offene und helle Bauweise oder die kunterbunte Außenfassade. Nein, sondern dass sie von Grund auf neu errichtet wurde. Mitten in einem Stadtteil, der in den vergangenen Jahren rasant gewachsen ist. Eine andere Grundschule in der direkten Nachbarschaft wurde vor wenigen Jahren geschlossen. Grund: zu wenige
Schüler.
Vor einigen Tagen, Mitte September, war die Eröffnung der rund 15 Millionen Euro teuren Grundschule im Neu-ulmer Stadtteil Wiley. Rund 70 Schüler sitzen seitdem im Unterricht. Alles Erstklässler. Erst in den kommenden Jahren wird es eine zweite, dritte und vierte Klasse geben – dann werden es wohl 350 Schüler sein. „Wenn es mehr werden, kann eventuell noch angebaut werden“, sagt Brenner.
Er war vorher an einer Grund- etwas außerhalb von Neuulm in Thalfingen schon Schulleiter. Anfang August sei er für die neue Stelle bestellt worden. „Dann ging alles ganz schnell“, erinnert er sich. Plötzlich musste er sich über tausend Dinge Gedanken machen. Welche Möbel sollen in die Klassenzimmer? Wie sollten die Tafeln aussehen? Welche Geräte braucht es im Werkraum? „Und die Schule selbst war noch eine Großbaustelle“, sagt Brenner. Zusammen mit seinen Kollegen an seiner alten Schule er- stellte er ein Konzept. Warum der 45-Jährige die Stelle angenommen hat, ist schnell erklärt: „Ich bin nicht zu alt und dachte mir, das könnte was für mich sein. Eine Schule zu prägen, ist eine tolle Aufgabe.“
Von seiner alten Schule folgten ihm keine Lehrer an seine neue Wirkungsstätte. Das Staatliche Schulamt Neu-ulm teilte ausschließlich neue und frisch ausgebildete Lehrer an der Grundschule ein. Insgesamt sind es elf Stück. Darunter auch Kaschule thrin Eberle, die die 1b als Klassenleiterin übernahm. „Die Lehrer können alle bei der Gestaltung der Klassenzimmer mitsprechen“, sagt Brenner. Zwar fehle hier und da noch Mobiliar wie ein Schrank oder eine Garderobe, der Unterricht läuft aber schon. Überhaupt seien alle „erwartungsvoll gespannt“, beschreibt der Schulleiter die Atmosphäre des Kollegiums.
Jahr für Jahr wird die Zahl der Lehrer aufgestockt. Am Ende sollen es 40 sein. „Wir wachsen wie eine Familie zusammen“, sagt Brenner. Aber: Man stehe immer noch vor vielen Herausforderungen. Großen und kleinen. „Eine neue Schule braucht beispielsweise ein Siegel, um damit die Zeugnisse zu versehen“, sagt der Schulleiter. An allen anderen Schulen, an denen er bisher war, gab es das schon seit vielen Jahren. Brenner musste jetzt beim Münzamt ein Siegel bestellen. Stempel fehlen noch – für die Zeugnisse, sowie für die Bücher. „Keiner weiß gerade was der nächste Tag bringt“, sagt Brenner und schmunzelt. Noch werde viel improvisiert.
Ungewöhnlich ist, dass die jetzigen Erstklässler keine älteren Schüler über sich haben. Die Schule gehört ihnen noch alleine, erst in den folgenden Jahren müssen sie das Gebäude mit Jüngeren teilen. „Dann sollen die zukünftigen Zweitklässler die Erstklässler an die Hand nehmen und als Tutoren dienen“, erklärt Brenner.
Im Schulhof können die Kinder die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn nachspielen: Ein Holzfloß mit Segel schwimmt auf einem blauen Untergrund, der den Fluss Mississippi darstellen soll. Ganz wie in Mark Twains Romanen. Warum die Schule nach dem Autor benannt werden soll, kann sich der Schulleiter nur so erklären: „Hier befand sich früher eine amerikanische Kaserne.“In den kommenden Jahren soll neben der Grundschule noch ein Gymnasium errichtet werden.