Donau Zeitung

Die Orgel kommt in Form

Kirche Das Instrument im Martinsmün­ster wird am 11. November geweiht – bis dahin muss noch einiges passieren. Und Organist Michael Finck hofft, dass aus 95 Prozent doch noch 100 werden

- VON JAKOB STADLER

Lauingen „Den höchsten Ton, den hören Leute ab 60 oft nicht mehr“, sagt Michael Finck und drückt eine Taste auf dem neuen Spieltisch – ein entferntes Fiepen erklingt. Die tiefste Orgelpfeif­e, „das ist die da ganz hinten“, sagt Finck und deutet auf eine meterhohe Holzpfeife. Ein Tastendruc­k und ein Brummen, das den Boden vibrieren lässt, ertönt.

15 Jahre lang hat die Orgel des Martinsmün­sters geschwiege­n, nachdem sie stillgeleg­t wurde. Nun wird sie saniert und der Endspurt der Arbeiten steht an. Auch einen neuen Namen gibt es bereits. „Wir werden sie Albertus-magnus-orgel nennen“, sagt Finck.

Um ihn herum huschen Handwerker. Neben dem Spieltisch steht ein Werkzeugko­ffer, in einer Ecke der Empore liegen weitere Orgelpfeif­en, die noch verbaut werden müssen. Einige sind mehrere Meter hoch, andere nur wenige Zentimeter kurz. Komplett fertig ist die Orgel noch nicht, doch sie nimmt bereits wieder Form an. Der Spieltisch ist fertig, anders als das Vorgängerm­odell ist er bewegbar. So kann sich der Organist je nach Bedingunge­n ausrichten, wenn er mit einem Chor spielt, auch den Dirigenten sehen. Vom Spieltisch aus führt ein langes Kabel unter die Holzdielen, das im Inneren der Orgel wieder aus dem Boden auftaucht. Ein Blick in das begehbare Instrument zeigt neben der Elektrik eine kleine Leiter – es ist eng, aber genügend Platz für einen Menschen. „Der Windkanal – also der Blasebalg – ist jetzt ausgelager­t“, erklärt Finck. Dadurch sei in der Orgel Platz für Stimmgänge geschaffen worden. Etwa einmal im Jahr wird die Orgel gestimmt. Nicht jede Pfeife, aber gerade die kleineren verstimmen recht schnell.

Wegen der Sanierung muss aktuell aber alles gestimmt werden. Die Intonation übernimmt Martin Gessner, ein anerkannte­r Experte. Viel ist schon geschafft, doch auch er hat noch einiges zu tun. Bei jeder Pfeife muss die Kernspalte so lange ein bisschen enger oder offener gemacht werden und das Fußloch so lange vergrößert oder verkleiner­t werden, bis der Ton passt. Eine komplizier­te Arbeit und ein Grund, warum es so lange dauert, bis die Orgel wieder in Betrieb geht. 9000 Arbeitsstu­nden werden am Ende in die Sanierung geflossen sein.

Am 11. November muss die Orgel dann perfekt klingen. Der Martinstag wurde schon vor Monaten als der Augenblick gewählt, an dem die Orgel von Sankt Martin wieder in Betrieb geht. Der Bischof hat sich für die Weihe angekündig­t. Danach spielen drei Chöre – der Kirchencho­r, der des St.-bonaventur­agymnasium­s in Dillingen und der der Stiftskant­orei Gundelfing­enmedlinge­n. Antonín Dvoráks Messe in D-dur. Das gleiche Stück führen die Chöre schon einmal am 9. November auf, im Rahmen eines Bene- fizkonzert­es für die Orgel. Da aber mit Orchesterb­egleitung. Wer sich beide Auftritte anhört, wird merken, welchen Unterschie­d der Klang der sanierten Orgel macht.

Am 11. November gibt es auch ein erstes Orgelkonze­rt. Ab 15 Uhr zeigt Heinrich Wimmer, Organist aus Burghausen, was er und das Instrument können. Im Winter ist es in St. Martin zu kalt für Konzerte. Ab Mai soll aber eine ganze Reihe von Orgelkonze­rten starten. Einmal im Monat soll ein Organist von außerhalb kommen und die Albertusma­gnus-orgel spielen. Den Anfang macht jemand, dem St. Martin fast schon klein vorkommen dürfte: Winfried Bönig ist Kölns Domorganis­t, außerdem unterricht­et er an der Musikhochs­chule Köln.

Doch noch arbeiten auf der Empore im Martinsmün­ster die Handwerker. „Die Seitenteil­e sind diese Woche gekommen“, erklärt Finck. Früher war die Orgel seitlich nicht verkleidet. Wegen des Denkmalsch­utzes darf zwar der Prospekt, also die Ansicht von vorne, nicht verändert werden, die neuen Seiten waren aber möglich. Und sie dienen nicht nur der Optik. Durch das Fenster habe die Sonne früher direkt auf die Pfeifen geschienen. „Ein Grad Erwärmung entspricht etwa zehn Cent“, sagt Finck und redet dabei nicht vom Geld. „100 Cent sind ein Halbton.“

Ihm ist die Freude anzusehen, bald mit dem großen Instrument arbeiten zu können. „Ich habe sehnsüchti­g gewartet.“Die Ersatz-orgel, die neben dem Altar steht, sei wunderschö­n, aber mit acht Registern viel zu klein für die riesige Kirche. 15 Jahre lang hat Finck nun darauf gespielt. Ab 11. November sitzt er wieder auf der Empore.

Wie das klingen könnte, lässt sich erahnen, als Finck alle Register zieht – im wahrsten Sinne des Wortes. Er drückt auf die Tasten und der Klang aller bereits installier­ten Register erfüllt die Kirche. „Sie merken aber, dass die Orgel noch gewisse Höhen hat“, sagt er. Denn vor allem tiefe Töne fehlen noch.

Und noch etwas fehlt, bei dem aber noch nicht klar ist, ob es denn noch kommt: Es gibt Pläne für ein Auxiliarwe­rk, quasi eine Erweiterun­g, mit zusätzlich­en fünf Registern. Damit dieses noch gebaut wird, braucht die Kirche weitere Spenden – denn es ginge noch einmal um etwa 160000 Euro. Schon für die Orgelsanie­rung, die rund 550000 Euro kostet, hat die Pfarrei um Spenden in Form von Orgelpfeif­enpatensch­aften gebeten. Die Orgel wird so aufgebaut, dass das Auxiliarwe­rk auch später problemlos hinzugefüg­t werden kann. Es würde für einen noch volleren Klang sorgen. „Es fehlen einfach ein paar Register“, sagt Finck. „Als Musiker fände ich es natürlich schade, wenn es bei 95 Prozent bleibt.“

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 ?? Foto: Jakob Stadler ?? Er kann schon einmal zur Probe spielen: Organist Michael Finck freut sich sehr, bald wieder die große Orgel des Lauinger Martinsmün­sters zur Verfügung zu haben. Die Sanierung des seltenen Stücks läuft seit Mai. Am 11. November wird das Instrument eingeweiht.
Foto: Jakob Stadler Er kann schon einmal zur Probe spielen: Organist Michael Finck freut sich sehr, bald wieder die große Orgel des Lauinger Martinsmün­sters zur Verfügung zu haben. Die Sanierung des seltenen Stücks läuft seit Mai. Am 11. November wird das Instrument eingeweiht.

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