Diesel-skandal: Rieser klagt gegen Volkswagen
Prozess Der Mann versucht vergeblich, sein gebrauchtes Fahrzeug zu verkaufen. Dafür macht er den Autobauer verantwortlich
Nördlingen Ein Mann aus dem Ries strengte vor dem Nördlinger Amtsgericht eine Zivilklage gegen Volkswagen unter dem Vorsitz von Richterin Alexandra Krug an. Er wollte seinen Vw-diesel bei einem Händler in Zahlung geben, um sich ein neues Auto zu kaufen, doch der Händler erklärte, er könne ihm kein Angebot machen, da derzeit kein Käufer zu finden wäre. Der Autobesitzer führte das auf den Dieselskandal zurück und verklagte VW auf Schadensersatz.
Zunächst wurde eine Güteverhandlung angesetzt, um eine Einigung ohne Urteil herbeizuführen. Richterin Krug erklärte grundsätzlich, sie werde in diesem Verfahren keine unerlaubte Handlung von VW annehmen – der Abgasskandal habe sich bereits durch alle Gerichte gekämpft und beispielsweise die Frage der Software-updates sei immer wieder unterschiedlich beurteilt worden. Die Akte zum Verfahren ist sehr dick, weil die Anwälte beider Seiten Gerichtsurteile vorgelegt hatten, die jeweils zugunsten ihrer Seite ausgegangen waren. Einschätzungen von Experten wie beispielsweise ADAC oder Kraftfahrt-bundesamt seien laut Richterin ebenfalls keine Grundlage für Verhandlungen; sie stellen zum Teil Meinungen dar, die sich zudem bereits geändert hätten. „Bei jedem Unfall lassen wir ein Gutachten erstellen, hier liegt keines vor“, stellte die Richterin fest und setzte ihre Hoffnungen auf ein Gutachten, welches das Oberlandesgericht in Auftrag gab. Alexandra Krug sah es als juristische Lösung, das Vertragsrecht anzuwenden: Die falsch angegebenen Abgaswerte stellten einen Mangel dar. Die Frage sei, ob dieser durch die Software-nachrüstung, die beim Kläger erfolgte, behoben wurde. Der Kläger erklärte, dass der Verbrauch nach der Nachrüstung gemäß Anzeige höher geworden sei, immer über acht Liter pro 100 Kilometer liege und im Gegensatz zu vorher nicht mehr auf das Minimum von 6,8 Litern sinke. Krug zweifelte an, ob hier ein Bereich vorliege, in dem von einem relevanten Schaden zu sprechen sei. Auch die Frage, ob der Käufer eines Autos mit zwei Litern Hubraum sich aufgrund der Umweltbelastung hier getäuscht sehen könne, sei schwierig zu beantworten. Der Kläger führte an, dass er künftig womöglich zu einer teuren Hardware-nachrüstung gezwungen sei, wenn er noch nach München, Regensburg oder Stuttgart fahren wolle. Alexandra Krug stellte fest, dass dies, sollte es eintreffen, auf das jeweilige Dieselfahrverbot und nicht auf Fehler bei VW zurückzuführen sei; Fahrverbote würden schließlich über alle Marken hinweg gelten. Auch, dass auf dem Markt die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen zurückgegangen sei, liege in erster Linie am drohenden Dieselfahrverbot und könne nicht ausschließlich VW zur Last gelegt werden. Richterin Krug machte deutlich, dass sie persönlich das Verhalten von VW als durchaus verwerflich ansehe, sich durch Marketing-behauptungen Vorteile zu verschaffen, die letzten Endes zulasten der Autokäufer gingen.
Auch zeigte sie Verständnis für das emotionale Verhalten des Klägers – „Ich fühle mich verscheißert, VW hat von Recht, Gerechtigkeit und Anstand keine Ahnung“, hatte er sich unter anderem erbost. Doch es gelte, das Problem rein juristisch zu erfassen. Die Anwältin, die VW vertrat, sprach schließlich ein grundsätzliches Problem bei der Anwendung von Vertragsrecht an: Vertragspartner sei ja nicht VW, sondern das Autohaus. Richterin Krug stimmte dieser Interpretation zu und regte letztendlich eine gütliche Einigung an, bevor in einer Dreiecksabwicklung der Käufer das Autohaus und dieses dann VW verklagen müsse. Sie räumte beiden Seiten eine Frist ein, die Ergebnisse der Verhandlung zu reflektieren und sich gegebenenfalls außergerichtlich zu einigen. Ende Oktober werde ein Beschlusstermin für eine weitere Verhandlung bekannt gegeben, falls dies nötig sein sollte.
Verbrauch ist gestiegen