Frag Toni
Wie Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, in Dillingen innerhalb einer Stunde ziemlich viele Fragen beantwortet
Dillingen
Samstag, 17 Uhr, Osteria zur Traube. „In zehn Minuten ist er da“, informiert Joachim Hien, Kreisverbandssprecher der Grünen, die zahlreichen Gäste. Sie warten gespannt auf einen der profiliertesten Grünen-politiker: Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Partei im Deutschen Bundestag. Hofreiter kommt von Günzburg und wird eine Stunde später Dillingen wieder verlassen, in Richtung Leipheim. Der Endspurt im Landtagswahlkampf hat begonnen und der Fraktionschef hetzt – wie die anderen Politiker – eng getaktet von Termin zu Termin. So war der Saal in der Traube ziemlich gut gefüllt mit Parteimitgliedern, aber auch Interessierten, die den streitbaren Doktor der Biologie aus der Nähe erleben wollten. „Frag Toni“lautete denn auch die Devise auf den Plakaten.
Nach einem kurzen Eingangsstatement über die Bundespolitik kam es im Schnelldurchgang („nicht böse sein, wenn ich es kurz und knapp mache“) zu einem munteren Frageund Antwortspiel, das Direktkandidat Peter Emil Monz moderierte. Die Palette reichte von „Wo kann ich hier in Bayern meinen Diesel nachrüsten lassen“(Antwort: „Baumot AG“) über „Warum kommt ihr Grünen immer mit einem Veggieday“(Antwort: „Es ging um einen fleischfreien Tag in deutschen Kantinen“) bis hin zu grundsätzlichen Fragen, wie den Inhalten des Wahlprogramms. Beispiel: Bis 2025 soll 30 Prozent der Landwirtschaft Ökolandwirtschaft sein. Wie stellen sich die Grünen das vor? Hofreiter betonte, dass es viele konventionell wirtschaftende Bauern gebe, die ihre „Viecher auch anständig halten“. Doch bessere Information des Verbrauchers, besser Verteilung von Steuergeldern und bessere Gesetze seien der Schlüssel. Der große Erfolg mit der Hühnerei-klassifizierung könnte sich auch bei tierischen Lebensmitteln wiederholen lassen. Aber die Subventionen müssten verlagert werden. Denn 90 Prozent der sechs Milliarden Euro Steuergelder würden einfach nach Fläche verteilt. Die Großen bekämen viel, die Kleinen wenig. Bauern sollten für öffentliche Leistungen öffentliches Geld erhalten, etwa wenn sie mit Halbtrockenrasen Kulturlandschaftsschutz betrieben. Zudem bräuchte es mehr Mindeststandards und Haltungsverordnungen, die auch „vernünftig wirtschaftenden, konventionellen Mastbetrieben“helfen würden. Die von den Grünen geforderte Ökosteuer solle dazu dienen, „endliche Ressourcen höher und Arbeit geringer zu besteuern“.
Beim Thema Flüchtlinge forderte Hofreiter einen „Spurwechsel“. Wer Arbeit habe und integriert sei, „darf einfach nicht abgeschoben werden“. Ankerzentren müssten aufgelöst werden, da sie „nur Hoffnungslosigkeit und Isolierung schaffen“. Wohnungsnot „gibt es in einem gigantischen Ausmaß“, insbesondere in den städtischen Ballungsräumen und ganz massiv bei Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Ursache sei die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit unter der Regierung Kohl. Die Gemeinnützigkeit müsse wieder eingeführt werden, mehr Geld in Sozialwohnungsbau fließen. Die ländlichen Räume bräuchten zudem bessere Bus- und Bahnangebote, bessere Infrastruktur wie Glasfaser. „Wir brauchen eine Inwertsetzung der Fläche und der ländlichen Räume“, auch damit der Druck auf die Ballungsgebiete abnehme. Nötig sei weiter eine „Offensive für Toleranz“. Denn Intoleranz sei einer der nicht zu unterschätzenden Gründe für Abwanderung, weil wir insbesondere im Osten „in manchen ländlichen Regionen zu viele Rechtsradikale haben“, die die Straßen dominierten, so Hofreiter.
Im Schnelldurchgang ging es von der Bankenmisere („der graue Finanzmarkt müsste reguliert werden“), über Mindestlohn („hätte man deutlich stärker erhöhen können“) bis zur Koalitionsfähigkeit der Union („können wir nicht für die lösen“). Viele weitere Fragen wurden „zack“abgehandelt. Doch Anton Hofreiter schloss mit einem Appell und einer „großen“Bitte an alle: „Demokratie ist nicht selbstverständlich, werben Sie für Demokratie, gehen Sie zur Wahl und wählen Sie auf alle Fälle eine demokratische Partei.“
Sprach er, setzte sich selbst ans Steuer seines Hybrid-golfs und machte sich auf den Weg zur nächsten Wahlveranstaltung in Leipheim. Vermutlich sagte der dortige Kandidat kurz darauf: Toni Hofreiter wird etwa zehn Minuten später kommen.
Frage-antwortspiel im Schnelldurchgang
Er fordert eine „Offensive für Toleranz“