Donau Zeitung

Beziehunge­n zu Kindern: Mann muss in den Knast

Ein 18-Jähriger küsst eine 13-Jährige. Einem anderen Mädchen fasst er an das Gesäß – und das alles bei schwerwieg­enden Vorstrafen

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Ein Wohnwagen im westlichen Landkreis Dillingen. Dort trifft sich eine Gruppe von Kindern und Jugendlich­en immer wieder. Auch an jenem Februar-Abend in diesem Jahr. Einer aus der Clique feiert seinen Geburtstag, es fließt Alkohol. Dann, nachts, eskaliert die Situation. Es geht um eine Beziehung. Ein 18-Jähriger, ebenfalls aus dem westlichen Landkreis, sieht seine Ex-Freundin sowie deren neuen Freund. Es kommt zu einer Auseinande­rsetzung, der 18-Jährige schubst den neuen Partner seiner Verflossen­en. Die will schlichten – und wird selbst zum Opfer. Der 18-Jährige packt sie und schleudert sie zu Boden. Das 15-jährige Mädchen trägt Hämatome an den Knien und am Handgelenk davon. Außerdem fasst ihr der Ex-Freund an diesem Abend zweimal an das Gesäß.

Am Mittwoch landete der Fall vor dem Dillinger Amtsgerich­t. Angeklagt ist der 18-Jährige nicht nur wegen sexueller Belästigun­g und Körperverl­etzung. Er muss sich auch wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern verantwort­en. Er gab einer 13-Jährigen einen Zungenkuss. Das alles wiegt umso schwerer, da der junge Mann einschlägi­g vorbestraf­t ist. Im vergangene­n Herbst verurteilt­e ihn das Dillinger Gericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr. Unter anderem, weil er eine sexuelle Beziehung zu einer damals 13-Jährigen führte. Es kam zum Geschlecht­s- und zum Oralverkeh­r mit dem Mädchen, das laut Gesetz ein Kind ist. Außerdem hat er eine Spielkonso­le nach ihr geworfen und sie dadurch verletzt. In einer Berufungsv­erhandlung wandelte das Landgerich­t das Urteil in eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und acht Monaten um. Zwischen diesen beiden Prozessen passierte der Vorfall am Wohnwagen. Zu einem Zeitpunkt, als dem jungen Mann ohnehin eine Haftstrafe drohte. Beim Prozess am Mittwoch droht ihm diese erst recht. „Für Sie steht einiges auf dem Spiel“, betont Richterin Gabriele Held.

Den Zungenkuss gibt der Angeklagte gleich zu Beginn zu. Er habe sich in einer Beziehung zu der 13-Jährigen befunden, der Kuss sei freiwillig erfolgt. Das Alter des Mädchens habe er gekannt. Dass er der 15-Jährigen zweimal an den Po gefasst haben soll, gibt er erst mit Verzögerun­g zu. Zunächst gibt er an, betrunken gewesen zu sein und sich nicht mehr zu erinnern. Dann sagt er, dass es so gewesen sein könnte, er es aber nicht mehr wisse. Erst auf Rücksprach­e mit seinem Anwalt Rüdiger Prestel gibt er auch diese Tat zu – ebenso wie das Wegschubse­n des Mädchens.

Vor Gericht kommt der persönlich­e Hintergrun­d des Mannes zur Sprache. Die Verhältnis­se zu Hause sind schwierig. Zeitweise hat er bei anderen Familien gelebt, unter anderem auch bei der 15-Jährigen, die er später begrapscht hat. Er habe ein Drogenprob­lem gehabt, dieses offenbar überwunden. Ein Problem ist jedoch nach wie vor der Alkohol. Dazu komme eine Verschiebu­ng seiner sexuellen Orientieru­ng, berichtet seine Bewährungs­helferin: „Er ist sehr einfach strukturie­rt und findet keine altersadäq­uate Freundin.“Bei jungen Mädels habe er es leichter anzukommen. Die Bewährungs­helferin schlägt eine Sexualund Alkoholthe­rapie vor. Jugendgeri­chtshelfer­in Christine Fischer bestätigt ein „massives“Alkoholpro­blem und schwierige Verhältnis­se zu Hause. Sie macht jedoch deutlich, dass das laufende Jahr „für ihn spricht“. Er wohne wieder bei seiner Mutter und habe, obwohl er keinen Abschluss vorzuweise­n hat, einen Job gefunden. „Ich tendiere zu einer Bewährungs­strafe“, sagt sie.

Staatsanwä­ltin Birgit Milzarek sieht das anders. Zwar halte sie dem Angeklagte­n zugute, dass er geständig ist, Alkohol im Spiel war und die Verletzung­en nicht gravierend waren. Ein Punkt spreche jedoch „ganz massiv“gegen ihn: die einschlägi­ge Vorstrafe. Das vorangegan­gene Urteil habe ihn „null“beeindruck­t. „Ich halte eine Jugendstra­fe für absolut erforderli­ch, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt ist“, sagt die Staatsanwä­ltin, die zwei Jahre und drei Monate fordert. Verteidige­r Prestel führt das Geständnis seines Mandaten ins Feld und argumentie­rt, dass eine Therapie sinnvoller als eine Haftstrafe sei. „Wir müssen die Weichen stellen, dass sich so etwas nicht wiederholt.“Das Schöffenge­richt um Richterin Held folgt der Argumentat­ion der Staatsanwä­ltin. „Die Therapien sind erforderli­ch, das geht aber nur noch in der JVA“, sagt Held und verurteilt den Angeklagte­n zu einer Jugendstra­fe von zwei Jahren und drei Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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