Wenn Firmen Mitarbeiter zum Wählen aufrufen
Politik Zwei bayerische Unternehmen verbreiten kurz vor der Landtagswahl Schreiben an ihre Beschäftigten. Was die Gründe dafür sind und warum sich andere Konzerne aus der Region mit politischen Äußerungen zurückhalten
Donauwörth/München Unternehmen, die Wahlempfehlungen abgeben oder ihre Mitarbeiter ganz explizit zum Wählen aufrufen: Was in den USA gang und gäbe ist, kommt in Deutschland nicht allzu oft vor. Zwei bayerische Firmen haben es trotzdem gemacht – und sich direkt an ihre Mitarbeiter gewandt. Für Aufsehen hatte diese Woche besonders ein Schreiben von Airbus Helicopters aus Donauwörth gesorgt. Per Mail, über das interne Netz und per Aushang hat die Geschäftsführung einen Brief verbreitet. Darin bittet Manager Wolfgang Schoder seine Mitarbeiter, zur Landtagswahl zu gehen. Eine Wahlempfehlung gibt er nicht. In dem Schreiben wird jedoch darauf hingewiesen, wie wichtig der Ausgang der Wahl sein kann.
Der Manager betonte in dem Schreiben auch, dass populistische Parteien größtenteils Positionen vertreten, die den Werten des Unternehmens entgegenstehen. Wer wählen gehe, fügte er hinzu, entscheide sich für eine lebendige Demokratie und nehme letztlich auch Anteil am möglichen künftigen Erfolg des Unternehmens. Als Grund für seinen Brief zur Landtagswahl nennt Schoder die politischen Entwicklungen der vergangenen Monate.
Auch der Münchner Flugzeugzulieferer MTU Aero Engines ruft seine Mitarbeiter dazu auf, zur Wahl zu gehen. Ein Sprecher des Unternehmens sagte gegenüber unserer Zeitung, dass die Geschäftsleitung die Beschäftigten dazu ermuntere, ihr demokratisches Wahlrecht wahrzunehmen. MTU sei ein international agierendes Unternehmen mit Mitarbeitern aus über 60 Nationen, da habe Demokratie einen wichtigen Stellenwert. Der Brief wurde über das Intranet verbreitet und soll nach Angaben des Unternehmenssprechers auch die demokratische Haltung des Konzerns transparent machen.
Dass Firmen Wahlempfehlungen aussprechen, kommt immer mal wieder vor. Eines der bekanntesten Beispiele ist Tengelmann. In den Bundestagswahlkämpfen 2013, 2005 und 1994 rief das Familienunternehmen in Zeitungsanzeigen dazu auf, die CDU zu wählen. Mit dem Motto „Im Zweifel für die Raute. Treffen Sie Ihre Wahl!“warb Tengelmann beispielsweise 2013 für die Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Einer, der sich ebenfalls regelmäßig zur aktuellen Politik äußert, ist Siemens-Chef Joe Kaeser. Als Reaktion auf Aussagen von AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel schrieb Kaeser auf Twitter: „Lieber ,Kopftuchmädel‘ als ,Bund Deutscher Mädel‘. Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt. Da, wo die Haupt-Quelle des deutschen Wohlstands liegt.“Ein SiemensSprecher erklärte gestern, dass es vom Konzern jedoch keine Wahlempfehlungen oder Aufrufe, zur Wahl zu gehen, gibt. Es wisse jeder, dass er sich an der Landtagswahl beteiligen soll, sagte der Unternehmenssprecher. Es gebe deshalb keine eigenen Hinweise.
Andere Firmen aus der Region halten sich mit Äußerungen zur Wahl ebenfalls zurück. Ein Sprecher des Landsberger Unternehmens Rational erklärte, dass Wahlen eine Privatsache ihrer Mitarbeiter seien. Die Grob-Werke in Mindelheim sagten, dass das Unternehmen noch nie Wahlempfehlungen ausgesprochen hat. Der Konzern habe mündige Mitarbeiter. Beim Fahrzeugausstatter Sortimo in Zusmarshausen und SGL Carbon in Meitingen hält man sich ebenfalls mit politischen Äußerungen zurück.
Für Aufsehen sorgte ebenfalls 2013 ein Brief eines Unternehmens aus Proschim in Brandenburg: Die Mitarbeiter erhielten mit ihrer Gehaltsabrechnung eine Wahlempfehlung für die Bundestagswahl. In dem Brief erklärte die Geschäftsführung, dass ihr empfohlener Direktkandidat der einzige sei, der sich für die Probleme des Unternehmens interessiert.