Lärmschutz für B 16 war Thema in Gundelfingen
Verkehr Nicht nur die Fahrbahnen, sondern auch die Belastung der Anwohner sind Teil der Debatte. Warum Gundelfingens Bürgermeisterin Miriam Gruß nun auf Ilse Aigner hofft
Gundelfingen Früher war in der Nacht Ruhe. Bis um fünf Uhr morgens. Dann kam der erste Kieslaster. Und erst dann hörte man etwas von der Bundesstraße. Heute ist das im Wohngebiet „Ehla“in Gundelfingen, nur wenige hundert Meter neben der B 16, anders. Ein Anwohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, berichtet. „Seitdem es die Mautpflicht auf Autobahnen gibt, hat der Lkw-Verkehr massiv zugenommen“, sagt er. Mittlerweile würden die Laster auf der B16 „die ganze Nacht fahren“. Der Anwohner würde trotz Schallschutzfenster regelmäßig morgens um drei oder vier Uhr wach werden. Auch am Tag sei der Verkehr störend.
Und der Lärm wird voraussichtlich zunehmen. Die Bundesstraße soll zwischen Günzburg und Ingolstadt ausgebaut werden. Wie genau, das ist noch unklar. Bislang war die Rede von einem dreispurigen Ausbau. Kürzlich brachte der Bauernverband für den Bereich zwischen Günzburg und Gundelfingen auch eine vierspurige Variante ins Gespräch. Das Staatliche Bauamt prüft diesen Vorschlag derzeit. So oder so: Es ist davon auszugehen, dass mit dem Ausbau der B 16 die Verkehrsbelastung zunehmen wird – und damit auch der Lärm für die Anwohner.
Im April dieses Jahres beschäftigte sich der Stadtrat mit der Thematik. Zu Gast war Raphael Zuber vom Staatlichen Bauamt in Krumbach. Das, was er zu berichten hatte, hat unter den Stadtvertretern für Ernüchterung gesorgt. Zuber machte deutlich, dass zwischen der Anschlussstelle Peterswörth und der zur Bundesstraße 492 kein baulicher Lärmschutz, also etwa in Form einer Wand, möglich ist. Der Grund, vereinfacht gesagt: Der Lärm reicht nicht aus. Grundlage für diese Annahme ist eine Verkehrszählung aus dem Jahr 2015, sowie, darauf aufbauend, eine Prognose bis 2030. Der erwartete Verkehr mit knapp 8000 Fahrzeugen pro Tag reicht nicht für einen gesetzlichen Anspruch auf bauliche Lärmschutzmaßnahmen.
Ein Schlag ins Gesicht für die vom Lärm geplagten Anwohner. Miriam Gruß (FDP), Gundelfingens Bürgermeisterin, will sich damit nicht zufrieden geben. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete hat ihre Kontakte genutzt und in den vergangenen Wochen und Monaten Briefe verschickt. Unter anderem an den Europaabgeordneten Markus Ferber. Und einen nach Berlin, an den Bundesverkehrsminister An- Scheuer. „Welche Möglichkeiten siehst Du, uns vor dem noch weiter zunehmenden Lärm schützen zu können?“, fragte Gruß den Bundesverkehrsminister. Der antwortete nur bedingt zur Zufriedenheit der Bürgermeisterin. „Nach dem Ergebnis der Lärmberechnungen wurden die gesetzlichen Immissionsgrenzwerte für die Lärmvorsorge nicht überschritten“, schrieb Scheuer zurück in die Gärtnerstadt. Lärmschutzwände könnten deshalb „leider“nicht begründet werden. Auch die EU biete derzeit keine passenden Förderprogramme oder Strukturhilfen. Das Bayerische Verkehrsministerium teilt auf Anfrage ebenfalls mit: „Aus haushaltsrechtlichen Gründen können für einen Ausbau keine Anlagen des aktiven Lärmschutzes, wie beispielsweise Lärmschutzwände, zu Lasten des Bundes eingeplant werden.“
Einziger Lichtblick für die Anwohner: Es ist zumindest geplant, einen lärmmindernden Asphalt zu verwenden. Das sagte Bundesverkehrsminister Scheuer in seiner Antwort an Miriam Gruß zu. Nach Auskunft von Raphael Zuber vom Bauamt könne dieser Asphalt in den ersten ein bis zwei Jahren den Lärm um bis zu sieben Dezibel mindern. Auf Dauer werden die Anwohner durch den Asphalt um etwa zwei Dezibel entlastet. Reicht das aus? Der Anwohner aus Gundelfingen ist überzeugt: nein. Auch die Stadt ist damit nicht zufrieden. Ende September schrieb Gruß deshalb persönlich an Ilse Aigner, die bayerische Verkehrsministerin. „Ich freue mich zwar über die angebotene Möglichkeit eines leiseren Asphaltes, dieser wird unsere Probleme für das angrenzende Wohngebiet allerdings nicht lösen“, schreibt Gruß. Und beklagt, dass die tatsächliche Lärmbelastung nicht den Berechdreas nungen entspreche. „Wir kommen hier über die Bundesseite nicht mehr weiter. Es wäre sehr schön, wenn Du uns helfen könntest“, bittet sie Aigner. Bislang kam laut Gruß noch keine Antwort zurück.
Auch in der Stadtratsitzung am Donnerstagabend ist der Lärmschutz Thema. „Der Lärm im Wohngebiet Ehla ist eklatant“, sagt Jürgen Hartshauser (SPD). „Hier müsste man unbedingt etwas für die Anwohner machen.“Er macht außerdem auf die im Vergleich kürzere Lebensdauer eines Flüsterasphalts aufmerksam. „Der hält ein Drittel so lange wie normaler Asphalt, man müsste ihn alle paar Jahre austauschen.“Michael Wohlhüter (CSU) spricht ebenfalls von einem „nicht erträglichen“Lärm und schlägt vor, zur Kontrolle eine eigene Lärmmessung durchzuführen. „Wir werden uns eigene Zählungen vorbehalten“, kündigt Bürgermeisterin Gruß an. Auch die Prognosen halte sie für zu niedrig angesetzt. „Der Verkehr wird viel mehr zunehmen als in der Hochrechnung angegeben.“Werner Böswald (FDP) beantragt, in die Stellungnahme der Stadt zum B-16-Planfeststellungsverfahren
(siehe Artikel unten) aufzunehmen, auch zukünftige, nördliche Neubaugebiete mit Lärmschutzwänden schützen zu wollen. Ein Vorschlag, der diskutiert wird. „Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt Ingo Blatter (FW). „Wir sollten uns lieber auf die Gebiete konzentrieren, die schon da sind und bei denen die Forderungen realistisch sind.“Nach kurzer Debatte entscheidet der Stadtrat jedoch einstimmig, den Vorschlag aufzunehmen.
Und wie sehen die Anwohner die Angelegenheit? Der eingangs zitierte Anwohner betont: Die Lärmbelastung sei so groß, dass er durchaus mit dem Gedanken spiele, wegzuziehen, falls sich die Situation nicht ändert. Eine andere Anwohnerin im Ehla sieht die Lage entspannter. „Ich bin sehr zufrieden hier“, sagt sie. „Es gibt Lärmquellen in der Stadt, die sind deutlich lauter.“
Der Flüsterasphalt bringt ein paar Dezibel