Ein Grüner ahnte das gute Ergebnis
Bündnis 90/Die Grünen feiern in der Osteria, die FDP bangt und einer bekommt viel Mitleid von den anderen
Landkreis Der Jubel im Nebenzimmer der Osteria zur Traube ist nicht zu überhören: Die Grünen im Landkreis freuen sich über das gute Ergebnis. Kreisvorsitzender Joachim Hien hat sich ein T-shirt mit großer Sonneblume drauf für den Abend gemacht. „Danke, 20,2 Prozent“steht darauf. „Es gab eine Tippliste für das bayerische Ergebnis der Grünen“, erklärt er. „Und ich bin tatsächlich am nächsten.“Hien freut sich nicht nur über das bayerische Ergebnis, sondern auch über die hohe Wahlbeteiligung. Auch die Zahlen im Landkreis Dillingen seien toll. „Ich denke, das liegt daran, dass wir die grüne Lebensart auch vorleben.“Sowohl die Spitzenkandidaten in Bayern als auch Peter Emil Monz als Landtagskandidat und die Bezirkstagskandidaten im Landkreis Dillingen haben Mut bewiesen. Auch das sei eine grüne Tugend. Monz wohnt in Augsburg, trotzdem feiert er in Dillingen mit. „Die Truppe, die dieses tolle Ergebnis mit mir erreicht hat, die ist hier“, erklärt er glücklich. Im Wahlkampf hat er eine große Zustimmung in der Bevölkerung für die Themen der Grünen gespürt. „Selbst bei Menschen, bei denen ich nicht damit gerechnet hätte.“Für einen Einzug in den Landtag reicht es für den Augsburger nicht. „Aber wir haben ein super Ergebnis erzielt, das freut mich sehr.“
„Wunderbar ist das“, jubelt Kreisrätin und Kreisvorsitzende Heidi Terpoorten am Telefon. In Augsburg feiert sie mit weiteren Grünen. „Mit dem Ergebnis habe ich nicht gerechnet – das ist ja irre!“Das Ergebnis zeige deutlich, dass die Themen Menschenrechte, christliche Werte und Europa für viele Menschen eine große Bedeutung habe. „Die Ökologie hat einen größeren Stellenwert. Die bisherige Regierung hat hier bislang geschlampt.“Was mit Land und Boden passiert und wie der Landkreis Dillingen lebenswert bleibt, habe auch die Wähler in der Region beschäftigt.
Benedikt Rapp, Bezirksgeschäftsführer der Grünen in Schwaben hat mit einem guten Wahlergebnis gerechnet, „aber dass es so gut wird, damit nicht“, freut er sich. „Das ist ein grandioses Ergebnis“, stimmt Bezirkstagskandidatin Seraphia Gruber zu. Es sei schön zu sehen, dass das, was die Grünen tun, bei den Menschen ankommt. Gründe für das gute Ergebnis hat sie viele: „Wir verfolgen Themen und hal- ten unsere Standpunkte – nicht nur im Wahlkampf. In der Flüchtlingspolitik haben wir Haltung gezeigt und Grundwerte verteidigt.“Sie will weiter Menschen für die Politik begeistern – auch mit Blick auf die Europawahl. „Europa ist so eine große Errungenschaft, das müssen wir bewahren.“
Die Grünen haben nicht nur ein sehr gutes Ergebnis erzielt, sondern im Landkreis Dillingen auch neue Mitglieder gewonnen. Laut Rapp ist das die zweithöchste Zuwachsrate der Grünen in Schwaben. Unter den jetzt 55 Mitgliedern ist seit einer Woche Barbara Weiser aus Dillingen. „Ich wollte Farbe bekennen“, sagt sie. Eine Woche vorher sind Lorenz und Roswita Stöpfel aus Gundelfingen in die Partei eingetreten. „Gedanklich und inhaltlich waren wir das immer schon, jetzt haben wir es durchgezogen“, sagt das Ehepaar. Mit Blick auf den Klimawandel müsse mehr getan werden, findet Lorenz Stöpfel. Er hatte ebenfalls mit etwa 20 Prozent in Bayern gerechnet. Petra Hien, Frau des Kreisvorsitzenden und Listenkandidatin für die Landtagswahl, hatte vorsichtiger getippt. Der Wahlkampf sei anstrengend gewesen, aber die Arbeit im Team habe auch Spaß gemacht. Die Rentnerin vertritt ihre Anliegen Umwelt- und Naturschutz in vielen Gesprächen. „Ich bekomme viel Zustimmung, auch für meine Leserbriefe“, sagt sie und lacht. Dagmar Carsten, seit rund sieben Jahren Mitglied der Grünen und für die Finanzen zuständig, kann das gute Ergebnis kaum fassen. „Es wäre nur schade, wenn wir dennoch in der Opposition landen.“Ingrid Stanzl, Kreis- und Stadträtin in Dillingen, ist seit 1998 bei den Grünen. Damals hatte die Partei 30 Mitglieder. „Es geht bergauf, wir hoffen, das bleibt so; es gibt viele Aufgaben, die zu lösen wären“, findet sie.
Auch die Kreis-fdp Kreisvorsitzendem Alois der Osteria vertreten
– und ein versprengter Spd’ler: Hubert Probst, Vorsitzender der SPD in Dillingen. „Ich bin für’s Beileid zuständig“, sagt er mit einem traurigen Lächeln. Bis eben war noch Landtagsdirektkandidat Tobias Rief dabei. Doch jetzt ist Probst allein. „Das Ergebnis ist ganz schwierig.“Auf Bundesebene habe ist Jäger mit in
(siehe eigenen
die SPD den Mindestlohn, die Rentenreform und den sozialen Wohnungsbau angepackt, doch das habe anscheinend wenig interessiert. Vielleicht habe man mit dem Wahlkampf zu spät begonnen. Der habe im Landkreis auch unter der Bürgermeisterwahl in Lauingen gelitten. „Und allgemein war der Einsatz der Genossen im Landkreis nicht gerade großartig.“Da hat sich Hubert Probst kurz überlegt, „warum machst Du das alles?“. Aber das Thema soziale Gerechtigkeit halte er hoch. Kreisvorsitzender Dietmar Bulling sagt in Lauingen: „Das ist für die Sozialdemokraten im Landkreis natürlich ein katastrophales Ergebnis.“Die Schwierigkeiten in Berlin hätten für die Bayernwahl erhebliche Konsequenzen gehabt. Bullings Fazit: „Die Gruppierungen, die in Berlin nicht in der Regierung sitzen, sind gewählt worden. Abgestraft wurden die Regierungsparteien in Berlin.“Otto Horntrich, Stadtrat Wertingen (SPD) macht das Ergebnis traurig, sagt er am Telefon. „Wir brauchen wieder ein klares, soziales Profil. Die Leute haben einfach nicht mehr gewusst, warum sie SPD wählen sollten.“Die Partei müsse sich erneuern und von der Agenda 2010 und anderen Entscheidungen der Vergangenheit klar abgrenzen.
Gefeiert wird an diesem Abend dagegen auch bei den Grünen in Wertingen. Kreisrat Ludwig Klingler freut sich über das Ergebnis. Damit könnten die Grünen jetzt mehr Druck in der Politik ausüben. Und wenn sich in der CSU einiges in der Besetzung tut, könnte eine Koalition schwarz/grün durchaus möglich sein. Sein Stadtratskollege Peter Hurler meint, das Ergebnis der Grünen sei schön. „Leider wird es aber wohl trotzdem für eine Koalition ohne die Grünen, sondern aus Csu/freie Wähler, reichen.“
Manfred Seel, Kreisvorsitzender der Linken, bezeichnet das Ergebnis am Telefon als großen Denkzettel für CSU und SPD. Es werde am Bürger vorbeiregiert. „Leider konnten wir das nicht nutzen, um selbst ein starkes Ergebnis zu erzielen. Warum das so war, werden wir scharf diskutieren.“Die Linke sei für viele in Bayern immer noch von vornherein unwählbar. „Warum, ist mir nicht klar – wir sind keine Kommunisten.“