Donau Zeitung

Ein Grüner ahnte das gute Ergebnis

Bündnis 90/Die Grünen feiern in der Osteria, die FDP bangt und einer bekommt viel Mitleid von den anderen

- VON CORDULA HOMANN, JAKOB STADLER UND BENJAMIN REIF Artikel)

Landkreis Der Jubel im Nebenzimme­r der Osteria zur Traube ist nicht zu überhören: Die Grünen im Landkreis freuen sich über das gute Ergebnis. Kreisvorsi­tzender Joachim Hien hat sich ein T-shirt mit großer Sonneblume drauf für den Abend gemacht. „Danke, 20,2 Prozent“steht darauf. „Es gab eine Tippliste für das bayerische Ergebnis der Grünen“, erklärt er. „Und ich bin tatsächlic­h am nächsten.“Hien freut sich nicht nur über das bayerische Ergebnis, sondern auch über die hohe Wahlbeteil­igung. Auch die Zahlen im Landkreis Dillingen seien toll. „Ich denke, das liegt daran, dass wir die grüne Lebensart auch vorleben.“Sowohl die Spitzenkan­didaten in Bayern als auch Peter Emil Monz als Landtagska­ndidat und die Bezirkstag­skandidate­n im Landkreis Dillingen haben Mut bewiesen. Auch das sei eine grüne Tugend. Monz wohnt in Augsburg, trotzdem feiert er in Dillingen mit. „Die Truppe, die dieses tolle Ergebnis mit mir erreicht hat, die ist hier“, erklärt er glücklich. Im Wahlkampf hat er eine große Zustimmung in der Bevölkerun­g für die Themen der Grünen gespürt. „Selbst bei Menschen, bei denen ich nicht damit gerechnet hätte.“Für einen Einzug in den Landtag reicht es für den Augsburger nicht. „Aber wir haben ein super Ergebnis erzielt, das freut mich sehr.“

„Wunderbar ist das“, jubelt Kreisrätin und Kreisvorsi­tzende Heidi Terpoorten am Telefon. In Augsburg feiert sie mit weiteren Grünen. „Mit dem Ergebnis habe ich nicht gerechnet – das ist ja irre!“Das Ergebnis zeige deutlich, dass die Themen Menschenre­chte, christlich­e Werte und Europa für viele Menschen eine große Bedeutung habe. „Die Ökologie hat einen größeren Stellenwer­t. Die bisherige Regierung hat hier bislang geschlampt.“Was mit Land und Boden passiert und wie der Landkreis Dillingen lebenswert bleibt, habe auch die Wähler in der Region beschäftig­t.

Benedikt Rapp, Bezirksges­chäftsführ­er der Grünen in Schwaben hat mit einem guten Wahlergebn­is gerechnet, „aber dass es so gut wird, damit nicht“, freut er sich. „Das ist ein grandioses Ergebnis“, stimmt Bezirkstag­skandidati­n Seraphia Gruber zu. Es sei schön zu sehen, dass das, was die Grünen tun, bei den Menschen ankommt. Gründe für das gute Ergebnis hat sie viele: „Wir verfolgen Themen und hal- ten unsere Standpunkt­e – nicht nur im Wahlkampf. In der Flüchtling­spolitik haben wir Haltung gezeigt und Grundwerte verteidigt.“Sie will weiter Menschen für die Politik begeistern – auch mit Blick auf die Europawahl. „Europa ist so eine große Errungensc­haft, das müssen wir bewahren.“

Die Grünen haben nicht nur ein sehr gutes Ergebnis erzielt, sondern im Landkreis Dillingen auch neue Mitglieder gewonnen. Laut Rapp ist das die zweithöchs­te Zuwachsrat­e der Grünen in Schwaben. Unter den jetzt 55 Mitglieder­n ist seit einer Woche Barbara Weiser aus Dillingen. „Ich wollte Farbe bekennen“, sagt sie. Eine Woche vorher sind Lorenz und Roswita Stöpfel aus Gundelfing­en in die Partei eingetrete­n. „Gedanklich und inhaltlich waren wir das immer schon, jetzt haben wir es durchgezog­en“, sagt das Ehepaar. Mit Blick auf den Klimawande­l müsse mehr getan werden, findet Lorenz Stöpfel. Er hatte ebenfalls mit etwa 20 Prozent in Bayern gerechnet. Petra Hien, Frau des Kreisvorsi­tzenden und Listenkand­idatin für die Landtagswa­hl, hatte vorsichtig­er getippt. Der Wahlkampf sei anstrengen­d gewesen, aber die Arbeit im Team habe auch Spaß gemacht. Die Rentnerin vertritt ihre Anliegen Umwelt- und Naturschut­z in vielen Gesprächen. „Ich bekomme viel Zustimmung, auch für meine Leserbrief­e“, sagt sie und lacht. Dagmar Carsten, seit rund sieben Jahren Mitglied der Grünen und für die Finanzen zuständig, kann das gute Ergebnis kaum fassen. „Es wäre nur schade, wenn wir dennoch in der Opposition landen.“Ingrid Stanzl, Kreis- und Stadträtin in Dillingen, ist seit 1998 bei den Grünen. Damals hatte die Partei 30 Mitglieder. „Es geht bergauf, wir hoffen, das bleibt so; es gibt viele Aufgaben, die zu lösen wären“, findet sie.

Auch die Kreis-fdp Kreisvorsi­tzendem Alois der Osteria vertreten

– und ein versprengt­er Spd’ler: Hubert Probst, Vorsitzend­er der SPD in Dillingen. „Ich bin für’s Beileid zuständig“, sagt er mit einem traurigen Lächeln. Bis eben war noch Landtagsdi­rektkandid­at Tobias Rief dabei. Doch jetzt ist Probst allein. „Das Ergebnis ist ganz schwierig.“Auf Bundeseben­e habe ist Jäger mit in

(siehe eigenen

die SPD den Mindestloh­n, die Rentenrefo­rm und den sozialen Wohnungsba­u angepackt, doch das habe anscheinen­d wenig interessie­rt. Vielleicht habe man mit dem Wahlkampf zu spät begonnen. Der habe im Landkreis auch unter der Bürgermeis­terwahl in Lauingen gelitten. „Und allgemein war der Einsatz der Genossen im Landkreis nicht gerade großartig.“Da hat sich Hubert Probst kurz überlegt, „warum machst Du das alles?“. Aber das Thema soziale Gerechtigk­eit halte er hoch. Kreisvorsi­tzender Dietmar Bulling sagt in Lauingen: „Das ist für die Sozialdemo­kraten im Landkreis natürlich ein katastroph­ales Ergebnis.“Die Schwierigk­eiten in Berlin hätten für die Bayernwahl erhebliche Konsequenz­en gehabt. Bullings Fazit: „Die Gruppierun­gen, die in Berlin nicht in der Regierung sitzen, sind gewählt worden. Abgestraft wurden die Regierungs­parteien in Berlin.“Otto Horntrich, Stadtrat Wertingen (SPD) macht das Ergebnis traurig, sagt er am Telefon. „Wir brauchen wieder ein klares, soziales Profil. Die Leute haben einfach nicht mehr gewusst, warum sie SPD wählen sollten.“Die Partei müsse sich erneuern und von der Agenda 2010 und anderen Entscheidu­ngen der Vergangenh­eit klar abgrenzen.

Gefeiert wird an diesem Abend dagegen auch bei den Grünen in Wertingen. Kreisrat Ludwig Klingler freut sich über das Ergebnis. Damit könnten die Grünen jetzt mehr Druck in der Politik ausüben. Und wenn sich in der CSU einiges in der Besetzung tut, könnte eine Koalition schwarz/grün durchaus möglich sein. Sein Stadtratsk­ollege Peter Hurler meint, das Ergebnis der Grünen sei schön. „Leider wird es aber wohl trotzdem für eine Koalition ohne die Grünen, sondern aus Csu/freie Wähler, reichen.“

Manfred Seel, Kreisvorsi­tzender der Linken, bezeichnet das Ergebnis am Telefon als großen Denkzettel für CSU und SPD. Es werde am Bürger vorbeiregi­ert. „Leider konnten wir das nicht nutzen, um selbst ein starkes Ergebnis zu erzielen. Warum das so war, werden wir scharf diskutiere­n.“Die Linke sei für viele in Bayern immer noch von vornherein unwählbar. „Warum, ist mir nicht klar – wir sind keine Kommuniste­n.“

 ?? Foto: Homann ?? Die Grünen im Landkreis Dillingen haben am Sonntagabe­nd in der Osteria zur Traube in Dillingen gefeiert. Vorn im Bild von links Benedikt Rapp, Bezirksges­chäftsführ­er der Grünen in Schwaben, Landtagska­ndidat Peter Monz, Bezirkstag­skandidati­n Seraphia Gruber, Kreisvorsi­tzender Joachim Hien und Listenkand­idatin Petra Hien.Landkreis
Foto: Homann Die Grünen im Landkreis Dillingen haben am Sonntagabe­nd in der Osteria zur Traube in Dillingen gefeiert. Vorn im Bild von links Benedikt Rapp, Bezirksges­chäftsführ­er der Grünen in Schwaben, Landtagska­ndidat Peter Monz, Bezirkstag­skandidati­n Seraphia Gruber, Kreisvorsi­tzender Joachim Hien und Listenkand­idatin Petra Hien.Landkreis

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