Verheiratet, Kinder, katholischer Priester
Kirche Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa weiht zwei ehemalige evangelische Pfarrer zu katholischen Priestern. Beide sind Familienväter. Wie passt das mit dem Zölibat zusammen?
Augsburg André Schneider ist verheiratet, er hat vier Kinder – und er wird am Sonntag vom Augsburger Bischof Konrad Zdarsa zum katholischen Priester geweiht. Als einen Vorreiter wider den Zölibat versteht sich der 44-jährige Theologe trotzdem nicht. „Als ehemaliger evangelischer Pfarrer bin ich eine Ausnahme von der Regel. Außerdem gilt im Prinzip der Zölibat auch für uns: Sollte ich Witwer werden, dürfte ich auch nicht mehr heiraten“, sagt er.
Die Möglichkeit, dass evangelische Pfarrer in die katholische Kirche übertreten und dort zu Priestern geweiht werden, hatte schon Anfang der 50er Jahre Papst Pius XII. eröffnet. Jeder Fall wird zunächst von der vatikanischen Glaubenskongregation geprüft. Wenn von dort das Okay kommt, kann der zuständige Ortsbischof ein Gesuch an den Papst richten. „Der Heilige Vater kann auf dem Gnadenweg die Dispens vom Zölibat erteilen, aber man hat kein Recht darauf“, so Schneider.
Seither wurden nach Angaben der Diözese in Deutschland rund hundert evangelische Pfarrer katho- lisch. In etwa dieselbe Zahl katholischer Priester – so wird geschätzt – wurde in dieser Zeit evangelisch. Im Bistum Augsburg schieden aus verschiedenen Gründen, vor allem um zu heiraten, in den vergangenen 20 Jahren 14 Priester aus dem Amt aus.
Früher gingen konversionswillige Lutheraner vor allem in die Diözese Regensburg, inzwischen begleiten einige Bischöfe ihren Weg in die katholische Kirche, etwa in Dresden, Fulda oder Hamburg. In Augsburg weihte zuletzt vor 20 Jahren Bischof Josef Stimpfle einen evangelischen Pfarrer zum Priester. Damals fand die Feier vor der Öffentlichkeit verborgen in der bischöflichen Hauskapelle statt. Diesen Sonntag findet die Weihe (14.30 Uhr) für jeden zugänglich in St. Sebastian statt.
André Schneider hat einen längeren Weg mit seiner Konversion hinter sich, seit er 2013 „im Frieden“von seiner Erfurter Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutheri- schen Kirche Abschied nahm. „So eine Entscheidung reift über Jahre in einem. Es ist ein Prozess, man ringt im Gebet mit sich.“Immer schon habe er sich sehr katholisch gefühlt, erzählt Schneider. „Im Gottesdienst trug ich ein Messgewand, ich habe die Beichte gehört und die Krankensalbung gespendet.“Zu Hause wurde der Rosenkranz gebetet, seine Kinder heißen alle mit zweitem Namen Maria, sie gingen in den katholischen Kindergarten und ins katholische Gymnasium. „Immer stellte ich mir die Frage: Warum bist du eigentlich noch Lutheraner?“
Schneider wollte sich ehrlich machen und seiner Gemeinde nicht länger etwas vorspielen, „was so nicht ist“. „Es war ein Weg, auf den Gott mich geführt hat“, beteuert er. Seinen Schritt habe er keine Sekunde bereut – „ich bin glücklich“. Anfangs wusste er allerdings nicht, wie es weitergeht. „Die Herausforderung besteht darin, einen Bischof zu finden, der bereit ist, den Weg ins Priestertum zu begleiten.“Für seine Kinder war es natürlich schwer, ihren Freundeskreis zurückzulassen, als die Familie 2013 von Thüringen nach Augsburg umzog. Bischof Zdarsa hatte ihm bedeutet, dass er hier erneut in der Seelsorge – dann als katholischer Priester – wirken könne. Als Kaplan im Augsburger Stadtteil Hochzoll wird diese Vision nach seiner Weihe in Erfüllung gehen. Zuvor hatte Schneider als Referent beim Diözesan-Caritasverband gearbeitet und sich an der Uni in katholischer Lehre fit gemacht.
Zusammen mit Schneider wird auch der ehemalige evangelische Pfarrer Andreas Theurer, 51, zum Priester geweiht. Er kam 2012 aus der württembergischen Landeskirche nach Augsburg. „Ich habe für mich nach und nach festgestellt, dass die evangelische Kirche in vielen Punkten falsch liegt – und die katholische richtig“, sagte er damals. Seine Ehefrau, mit ihr hat er zwei erwachsene Söhne, war Mitglied in der Landessynode, als das Paar den Übertritt beschloss. Theurer arbeitet heute im Institut für Neuevangelisierung der Diözese Augsburg.