Altes Christkind mit neuer Heimat
Kultur Warum das neu gestaltete Schwäbische Krippenmuseum in Mindelheim zu den bedeutendsten Sammlungen Süddeutschlands zählt und sich ein Besuch lohnt
Mindelheim Kaum eine Stadt nördlich der Alpen weist eine längere Geschichte als Krippenstadt auf als Mindelheim. Ursprünglich aus Italien, verbreitete sich die Kunst des Krippenbaus im Schwäbischen vor allem dank der Jesuiten, die vor 400 Jahren nach Mindelheim gekommen waren. Der Bayerische Herzog Maximilian I. hatte eine Handvoll der Kirchenmänner in seine neue Herrschaft Mindelheim entsandt, um dort ein katholisches Bollwerk in Zeiten der Glaubenskämpfe zu errichten.
Heute befindet sich in der Unterallgäuer Kreisstadt eine der bedeutendsten Krippensammlungen in ganz Süddeutschland. 1989 erhielt sie als Schwäbisches Krippenmuseum ihr eigenes Museum im Mindelheimer Colleg. Verfahren worden war allerdings nach der Methode, möglichst viele Krippen zu zeigen, aber eher wenig zu erklären und Zusammenhänge aufzuzeigen.
Schon vor Jahren war Fachleuten klar: Dieses Museum verdient es, konzipiert zu werden. Darauf drängten Kulturamtsleiter Christian Schedler und Museumsleiterin Friederike Haber. Eher durch Zufall hatte Schedler im Museum einen Riesenschatz entdeckt. Eine der Figuren hatte sich als Werk des bedeutenden Ulmer Michel Erhart entpuppt, der im 15. und 16. Jahrhundert gewirkt hat. Experten schätzen den Wert der Skulptur auf rund eine Million Euro. Nicht genug: Voriges Jahr fand sich in der Mindelheimer Sammlung das älteste Christkind der Welt. Die Figur stammt aus der Zeit ums Jahr 1300 und war ursprünglich in einem Kloster in Leutkirch geschaffen worden. Bis dahin galt in der Kunstgeschichte, dass es solche Darstellungen nicht vor 1500 gab.
All diese Schätze haben auch den Mindelheimer Stadtrat und den Kreistag Unterallgäu überzeugt, das Museum auf völlig neue Beine zu stellen. Über mehrere Jahre hinweg wurde es praktisch neu erfunden. 700000 Euro an Steuergeldern und Spenden flossen in den Umbau. Der renommierte Museumsexperte Peter Schreiner hat die Grundideen geneu liefert. Nicht mehr vorrangig einzelne Stücke werden gezeigt, sondern Zusammenhänge deutlich gemacht. Die Geschichte der Krippen wird jetzt thematisch erzählt. Auf einer Weltkarte können Besucher beispielsweise nachspüren, wo es überall Krippen gibt. An anderer Stelle lässt sich eine himmlische Zeitreise ins Jahr 7 v. Chr. antreten. Gezeigt wird der Sternenhimmel von Bethlehem. Wer Lust hat, kann sein eigenes Sternbild zur Zeit Christi anklicken.
Fast jede Krippe kann ihre eigene Geschichte erzählen. Die Wittelsbacher Krippe ist so eine, die von Flucht und neuer Heimat erzählt. Mitglieder des Adelsgeschlechts waren 1918 ins Exil nach Ungarn geflohen. Um 1930 schnitzten sie die Krippe, die jetzt in Mindelheim zu sehen ist. Darunter ist auch eine Darstellung des äthiopischen Königs Haile Selassie.
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Öffnungszeiten Das Schwäbische Krippenmuseum, Hermelestraße 4 in Mindelheim, ist täglich außer Montag von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr geöffnet.