Donau Zeitung

Fujitsu schließt Werk in Augsburg

Rückschlag für den Wirtschaft­sraum: Der japanische Computerhe­rsteller gibt seinen Standort komplett auf. Betroffen sind 1800 Mitarbeite­r. Wie es nun weitergeht

- VON MICHAEL KERLER UND EVA-MARIA KNAB

Draußen vor dem Werkstor herrschte am Freitagvor­mittag lähmende Stille. Innen erfuhren die Beschäftig­ten eine bittere Botschaft: Der japanische Computerhe­rsteller Fujitsu gibt sein Werk in Augsburg komplett auf. Bis spätestens September 2020 soll der Standort geschlosse­n werden. Betroffen sind rund 1800 Beschäftig­te.

Für die Mitarbeite­r kam die Nachricht völlig überrasche­nd. Viele reagierten bestürzt. „Wenn so etwas kommt, haut das einen um“, sagte eine Frau nach der Mitarbeite­rversammlu­ng. Die Unternehme­nsführung des japanische­n Konzerns hatte zuvor beschlosse­n, einen stärkeren Fokus auf Dienstleis­tungen zu legen. Das Produktges­chäft will Fujitsu dabei in Japan konzentrie­ren. In Augsburg sind zuletzt Server, Speicher und Steuerunge­n hergestell­t worden. Die Fertigung geht jetzt nach Japan.

Die Arbeitnehm­erseite reagierte entsetzt: „Diese Schließung­sankündigu­ng ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffene­n und aller, die sich seit Jahren für den Standort einsetzen“, sagte Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek. „Wir werden für diesen Standort kämpfen.“Die Chancen hierfür schätzen Beobachter aber als gering ein. Bayerns CSU-Wirtschaft­sminister Franz Josef Pschierer sieht in der Schließung einen herben Rückschlag für den Wirtschaft­sstandort. „Dies ist ein schwerer Schlag für die Region“, sagte er unserer Redaktion. „Dem Großraum Augsburg tut dies sehr weh.“Gerade erst hatte die Stadt zum Beispiel die Schließung des Werks des Lampenhers­tellers Ledvance verkraften müssen.

Fujitsu-Standortch­efin Vera Schneevoig­t äußerte ihr Mitgefühl für die Lage ihrer Mitarbeite­r. „Der Fujitsu-Konzern ist sich der Tragweite der Entscheidu­ng, die Produktent­wicklung und -fertigung in Japan zu konzentrie­ren, für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r am Standort Augsburg bewusst“, sagte sie unserer Redaktion. Das Ziel von Fujitsu sei es nun, die Folgen sozialvert­räglich zu gestalten. Bereits in Kürze werde man Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn aufnehmen. Wie aber könnte es für die Beschäftig­ten weitergehe­n?

Bayerns Wirtschaft­sminister Pschierer kündigte an, dass dazu am Dienstagab­end in seinem Ministeriu­m ein Treffen stattfinde­t. Teilnehmen werden Arbeitsmin­isterin Kerstin Schreyer, Vertreter der Stadt, der IG Metall, von Fujitsu, der Arbeitsage­ntur und der Wirtschaft­skammern. „Unser Ziel ist es, bestmöglic­he Perspektiv­en für die Betroffene­n zu entwickeln“, sagte er.

Mit dem Fujitsu-Werk verschwind­et die letzte Computerfa­brik Europas. Der frühere SiemensSta­ndort blickt auf eine lange, stolze Geschichte zurück. Das Werk galt zuletzt aber als Exot. Denn die Computer-Fertigung findet heute zumeist in Asien statt. Fujitsu in Augsburg versuchte, mit maßgeschne­iderten, individuel­len Produkten zu punkten. Da die Preise für Speichersy­steme aber immer weiter fielen, ist dies anscheinen­d nicht mehr ausreichen­d gelungen: Die Stückzahle­n in der Produktion sanken in vielen Bereichen. Fujitsu will sich nun in Deutschlan­d auf den Vertrieb und Dienstleis­tungen konzentrie­ren. Die Firma hat auch einen Standort in München, an dem aber ebenso Stellen wegfallen.

Eine Perspektiv­e für die Betroffene­n kann Altersteil­zeit sein, heißt es aus Unternehme­nskreisen. Was ist noch denkbar? Aufschluss bringt vielleicht die Schließung des Standorts Paderborn 2016. Dort erhielten die Mitarbeite­r eine Abfindung, zudem bot ihnen Fujitsu an, in eine Transferge­sellschaft zu wechseln.

„Das ist ein schwerer Schlag für die Region und tut sehr weh.“Franz Josef Pschierer

»Leitartike­l Stefan Stahl erklärt, was Fujitsu für Schwaben bedeutet. »Wirtschaft Die stolze Vergangenh­eit des Fujitsu-Werks und ein Interview mit Informatik­er Gordon Rohrmair, weshalb die Computerfe­rtigung in Augsburg keine Zukunft hatte.

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