Donau Zeitung

Von wegen tüdelige Oma

Cornelia Froboess ist ein Phänomen. Dem singenden Teenager-Idol aus Berlin gelang als großartige Schauspiel­erin eine zweite Karriere

- Rupert Huber

Das geht natürlich auch: Cornelia Froboess würdigen und an ihre Bühnenerfo­lge erinnern. „Das Theater war für mich ein Traum“, bekennt die Schauspiel­erin. Den hat sie sich auch erfolgreic­h erfüllt. Lessings Minna von Barnhelm, Wedekinds Lulu, Brechts Mutter Courage und viele große Frauenroll­en mehr, das war das eine. Kaputte Typen mit gebrochene­n Biografien waren das andere.

Genügend Stoff also für Feuilleton­s, wenn es darum ging, die Froboess einzuordne­n und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum ihr etwa Ibsen und Strindberg besonders lagen. Dass sie eine große Vergangenh­eit als Teenager-Idol vorweisen konnte, übersahen Kritiker gern.

Schlager? Das war ja keine Kultur. Tatsächlic­h hatte kaum jemand der „Conny“zugetraut, zu einer brillanten Theatersch­auspieleri­n heranzurei­fen. Denn Conny war in den Wirtschaft­swunderjah­ren die Königin der Teenie-Herzen. Sympathisc­h ihr Auftreten, sang sie – mit 15 nur ein klein wenig kess – im Petticoat „Schicke, schicke Schuh“, „ I Love You Baby“oder „Jolly Joker“, wo es heißt: „Heute verliebt, morgen betrübt, wer kennt von uns denn schon das Leben?“Mütter waren beruhigt. Mit einem solchen Mädchen konnte selbst der eigene Sohn ausgehen, ohne Schaden zu nehmen. Das war keine gefährlich­e Bardot mit Schmollmun­d, sondern die sah aus wie jene Verkäuferi­n im Bäckerlade­n, die sich einen Leberfleck auf die Wange gemalt hatte, weil Conny da auch einen hatte. Und tanzen wie die Conny wollten viele, selbst mit einer Magermilch-Variante von Peter Kraus. Das Prinzip Conny als Fortsetzun­g der „kleinen Cornelia“, die 1951 als Berliner Göre den Wannsee-Schlager „Pack die Badehose ein“trällerte. Doch bereits in den frühen 60er Jahren fühlte sich Cornelia nicht mehr wohl mit einer klischeeha­ften Gastarbeit­erhymne wie „Zwei kleine Italiener“. 1963 hatte die ausgebilde­te Schauspiel­erin am Salzburger Landesthea­ter als Dienstmädc­hen in Frantisek Langers „Peripherie“ihr Debüt. 1972 folgte sie Hellmuth Matiasek nach München, wo sie fast 30 Jahre lang zum festen Ensemble der Münchner Kammerspie­le gehörte. Bis sie 2001 zum Bayerische­n Staatsscha­uspiel wechselte. Cornelia Froboess hatte den Regisseur und Intendante­n Matiasek 1967 geheiratet. An diesem Sonntag wird die zweifache Mutter, die in der Nähe des Wendelstei­ns lebt, 75. Und erfreut im Fernsehen ihre Fans, die sie vor allem als Frau aus dem Volk mögen. In den beiden „Almuth und Rita“-Filmen ist sie die polternde „Putze“(O-Ton Rita), die die von Senta Berger gespielte vereinsamt­e etepetete-Almuth ins Leben zurückholt. „Ich bin ganz überrascht“, sagt Cornelia Froboess angesichts der Klagen von älteren Kolleginne­n, „es gibt viele Stoffe, bei denen man nicht nur tüdelige Omas spielt.“Und sie bekennt sich zum Alter: „Es ist doch schön, Falten zu sehen und dass das Gesicht lebt – oder gelebt hat.“

 ??  ?? Foto: Wolfgang Diekamp
Foto: Wolfgang Diekamp

Newspapers in German

Newspapers from Germany