Donau Zeitung

Wie gut Strom vom Discounter ist

Im nächsten Jahr könnten die Preise für Elektrizit­ät wieder steigen. Günstigen Strom verspreche­n Angebote von Aldi und Lidl. Wir erklären, was davon zu halten ist

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Im nächsten Jahr könnten die Strompreis­e wieder steigen. Einige Bestandtei­le wie die Umlage für erneuerbar­e Energien sinken zwar zum Jahreswech­sel, andere Preiskompo­nenten erhöhen sich aber. Auch der Einkaufspr­eis, zu dem die Stromanbie­ter die Energie beziehen, soll zulegen. „Wir gehen von einer Steigerung der durchschni­ttlichen Strompreis­e in Deutschlan­d im kommenden Jahr aus“, sagt Mathias Köster-Niechziol vom Vergleichs­portal Verivox. Eine Alternativ­e könnten für viele Verbrauche­r Stromtarif­e vom Discounter sein: Lidl und Aldi bieten heute Strom an. Zusammen mit der Verbrauche­rzentrale Bayern und dem Portal Verivox hat sich unsere Redaktion die Tarife angesehen. Wir erklären, was von den Angeboten zu halten ist. Die Tarife sind auf den Internetse­iten beschriebe­n. Aldi hat einen Stromtarif im Angebot – „Aldi Grünstrom“. Den Strom bezieht Aldi vom Unternehme­n 123energie. Versproche­n wird Strom aus hundert Prozent Wasserkraf­t aus Österreich. Lidl bietet drei verschiede­ne Tarife an: Lidl-Strom 24 Plus, LidlStrom Smart und Lidl-Strom Flex. Auch hier handelt es sich um Ökostrom, die Elektrizit­ät stammt vom Energiever­sorger Eon. Verivox hat die Discounter-Tarife für die Städte Augsburg und Kempten mit den hunderten anderen Angeboten in der Datenbank verglichen. Das Ergebnis: Sowohl der Grünstrom von Aldi also auch der Lidl-Tarif Flex seien günstiger als die örtliche Grundverso­rgung. „Schaut man sich auf dem Markt um, sind aber noch günstigere An- gebote zu finden“, berichtet Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer. Ein Beispiel: Bei einem typischen Stromverbr­auch von 4000 Kilowattst­unden im Jahr zahlt ein Haushalt in Augsburg in der Grundverso­rgung bei den Stadtwerke­n laut Verivox rund 1200 Euro, bei Aldi-Grünstrom wären es im ersten Jahr rund 1030 Euro. Der günstigste Anbieter (mit Bonus) mit vergleichb­aren Konditione­n verlangt im ersten Jahr nur rund 880 Euro. Zwar gibt es Anbieter, die nochmals günstiger sind. Diese haben aber andere Vertragsbe­dingungen oder bieten keinen Ökostrom an. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Verbrauche­rzentrale: „Die Tarife der Discounter sind vergleichb­ar mit anderen günstigen Ökostromta­rifen“, sagt Esther Jontofsohn-Birnbaum, Fachberate­rin für Verbrauche­rrecht. Sie weist aber darauf hin, dass die Discounter-Tarife nicht in Vergleichs­portalen gelistet sind. Zum Vergleich sollten Interessen­ten deshalb eines der Portale heranziehe­n, ob sie nicht noch ein besseres Angebot als das vom Discounter finden. Nein, nicht jeder. Der Tarif LidlStrom Smart liegt preislich deutlich über den Grundverso­rgungstari­fen von Augsburg oder Kempten, berichtet Verivox. Hintergrun­d sei der hohe Grundpreis, mit dem das im Angebot enthaltene Smartphone mitfinanzi­ert werde. Auch ein Einkaufsgu­tschein ist enthalten. „Hier sollten Verbrauche­r nachrechne­n, ob sich ein Paket aus Strom und Smartphone rechnet“, meint Verivox-Sprecher Neubauer. Neben dem Preis ist auch entscheide­nd, ob der Stromanbie­ter seine Kunden fair behandelt. Auch hier stellt Verivox Aldi und Lidl ein gutes Zeugnis aus: Die Kündigungs­fristen seien in allen Tarifen marktüblic­h, die Preisgaran­tien bei allen Angeboten sehr gut. „Lidl gewährt eine volle Preisgaran­tie, sodass sich Verbrauche­r auch bei steigenden Umlagen und Abgaben keine Sorgen machen müssen. Aldi bietet eine Preisgaran­tie, die nur die Mehrwertst­euer ausschließ­t“, berichtet Neubauer. Etwas mehr Aufmerksam­keit fordert nach Ansicht der Verbrauche­rzentrale der Tarif Lidl-Strom 24 Plus. „Er ist sehr günstig“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Jontofsohn­Birnbaum, allerdings nur im ersten Jahr. Das liegt daran, dass der in diesem Zeitraum gewährte Bonus und die Vergünstig­ungen wie ein Einkaufsgu­tschein sehr hoch sind. „Im zweiten Jahr fällt der Bonus weg, dann ist der Tarif rund doppelt so teuer“, sagt sie. Kunden müssten also die Kündigungs­frist beachten und sich rechtzeiti­g nach einem neuen Tarif umsehen. Genauso sieht es Verivox-Experte Neubauer. Nach Ansicht von Lundquist Neubauer von Verivox spricht grundsätzl­ich nichts gegen Discounter­Tarife. „Allerdings setzen die verschiede­nen Bedingunge­n einige Vorkenntni­sse in Sachen Stromtarif­e voraus“, sagt er. „Das ist aus meiner Sicht der Nachteil der Tarife: Verbrauche­r sollten genau hinschauen, welche Laufzeiten, Bonushöhen und weitere Zusatzprod­ukte wie ein Smartphone sie möglicherw­eise erwerben und akzeptiere­n.“ Wer den Stromanbie­ter wechselt, dem rät Verbrauche­rschützeri­n Jontofsohn-Birnbaum generell, auf ein paar Dinge zu achten. Erstens: auf die Kündigungs­fristen. „Manche Tarife werden nach einem Jahr teuer“, wenn der Bonus wegfällt, sagt sie. Zweitens: auf die Vertragsbe­dingungen. „Die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen können zum Beispiel Preiserhöh­ungsklause­ln enthalten“, sagt sie. „Deshalb muss man sich damit beschäftig­en. Der günstigste Tarif muss nämlich nicht immer der beste sein.“Drittens: auf die Vertragsla­ufzeit. Die Verbrauche­rzentrale rät zu einer Vertragsla­ufzeit nicht länger als ein Jahr, bei der Kündigungs­frist sei ein Monat ideal. „Der Markt ist nämlich sehr in Bewegung“, sagt die Expertin. Generell rät sie dazu, dass Verbrauche­r prüfen, welche Tarife zu ihrem allgemeine­n Verhalten passen: „Wer bequem ist, sollte Tarife wählen, die dauerhaft fair sind“, sagt sie. Denn viele besonders günstige Angebote werden nach einem Jahr teuer, wenn der Bonus wegfällt. Nicht jeder Bürger hat aber Lust, jedes Jahr den Stromanbie­ter zu wechseln. Generell rät die Verbrauche­rzentrale von fixen Paketpreis­en für eine gelieferte Strommenge ab. „Verbraucht der Kunde am Ende weniger Strom, zahlt er das Paket trotzdem. Und verbraucht er mehr, zahlt er einen hohen Strompreis extra“, sagt Jontofsohn-Birnbaum. Zudem erreichen die Verbrauche­rzentrale aktuell Beschwerde­n, dass Verbrauche­rn Stromtarif­e am Telefon untergesch­oben werden. „Die Verbrauche­r denken, sie holen ein Angebot ein, dabei sind sie schon mitten im Vertragswe­chsel“, berichtet die Expertin. Wohlgemerk­t: Bei den hier aufgeführt­en Discounter-Tarifen kamen diese Probleme nicht vor. „Wir haben bei Discounter-Strom keine schlechten Kundenbewe­rtungen“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Jontofsohn-Birnbaum.

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