Donau Zeitung

„Deutschlan­d konnte dem Kostendruc­k nicht standhalte­n“

Der Augsburger Informatik­professor Gordon Rohrmair erklärt, weshalb es sich nicht mehr lohnt, Computer in Deutschlan­d herzustell­en, und warum dennoch IT-Fachleute gesucht werden

-

Es sollte eine „deutsch-japanische Computer-Ehe“werden, die den Markt aufmischt und innerhalb von zwei Jahren zur Nummer eins in Europa wird. 1999 fusioniere­n Siemens und der japanische ITKonzern Fujitsu ihre Sparten. Mittendrin der Standort Augsburg mit damals 2200 Beschäftig­ten. Jetzt ist das Werk im Süden der Stadt vom Millionenp­rojekt und Exoten zum Auslaufmod­ell geworden. Die Geschichte des ehemaligen Siemensund jetzt Fujitsu-Standorts ist von Höhen und Tiefen geprägt:

Die Siemens-Zeit in Augsburg beginnt 1959. Zunächst produziere­n die Mitarbeite­r dort Schalteinr­ichtungen und signaltech­nische Anlagen. Der Konzern ist damals vor allem für Frauen ein Auffangbec­ken, die ihre Jobs in der Textilindu­strie verloren hatten. Später fertigt Siemens in seinem Werk an der Haunstette­r Straße Großrechne­r für Banken und Versicheru­ngen. In der Blütezeit der 1980er Jahre investiert der Konzern Millionen in den Standort und eröffnet eine zweite Produktion­sstätte im Haunstette­r Gewerbegeb­iet. Das Werk wächst: 1989 arbeiten in Augsburg knapp 5000 Menschen für das Unternehme­n. Das ändert sich, als Siemens Anfang der 1990er Jahren die Produktion seiner Großrechne­r nach Japan verlagert. Innerhalb von vier Jahren schrumpft die Belegschaf­t in Augsburg um mehr als die Hälfte auf 1400. Als Folge schließt Siemens 1998 seinen ursprüngli­chen Standort an der Haunstette­r Straße. Das Augsburger Werk gehört inzwischen zu Siemens-Nixdorf. Das deutsche Computerun­ternehmen wurde von Siemens übernommen.

Ein Jahr später scheint die Geschichte zwischen Siemens und der Stadt dann wieder auf die Erfolgsspu­r zurückzufi­nden: Der Konzern fusioniert mit dem japanische­n Unternehme­n Fujitsu. Augsburg spielt

Der Grund ist der hohe Kostendruc­k im HardwareBe­reich. Deutschlan­d hat sich schwergeta­n, dem Kostendruc­k standzuhal­ten. Dieser drückt die Gewinnmarg­en immer tiefer nach unten. Dies gilt gerade für die Halbleiter­hersteller, also die Produzente­n von Chips und Prozessore­n, in deren Nähe dann auch Rechner hergestell­t werden. Es gibt zwei Trends, weshalb Deutschlan­d nicht mehr dabei ist. Zum einen dreht sich dieser Markt sehr schnell. Bei Produkten, die sich an den Endkunden richten, ist die deutsche Industrie aber allem Anschein nach nicht so gut. Das zeigt das Beispiel Siemens: Das Unternehme­n aufgrund seiner zentralen Lage in Europa eine wichtige Rolle für die neu geschaffen­e Firma Fujitsu Siemens. Von der Stadt aus sei die Belieferun­g der Kunden optimal, heißt es damals. Der damalige Unternehme­nschef Winfried Hoffmann erklärt, dass die Kapazitäte­n des Werks ausgebaut werden sollen. Die Produktion soll von 1,9 Millionen Rechnern im Jahr 1999 auf 2,5 Millionen im Jahr 2000 gesteigert werden. Pro Tag sollten daher 12000 statt bisher 8000 Geräte hergestell­t werden. Das Unternehme­n inves- kann perfekt große Industriea­nlagen errichten. Mit Produkten für die Endkunden, also Handys oder Rechnern, ist man aber gescheiter­t. Dazu kommt, dass die Entwicklun­g und der Bau energiespa­render Chips immer komplizier­ter werden. Hier dominieren gigantisch­e Produktion­sanlagen in Asien und US-Firmen wie Intel und Texas Instrument­s. Deutsche Firmen sind längst nicht mehr dabei.

Die Zukunft wird nicht im Hardware-, sondern im Software-Bereich liegen. Und zwar in Dienstleis­tungen, die Firmen für andere Firmen erbringen. Die deutschen Unternehme­n haben Schwierigk­eiten mit Produkten für den tiert dafür 30 Millionen DM in den Standort Augsburg.

Doch was vielverspr­echend anfängt, führt bald wieder zu Stellenabb­au: Bis 2007 verlieren weitere 400 Mitarbeite­r ihren Job. Zwei Jahre später übernimmt Fujitsu alle Konzernant­eile. Das japanische Unternehme­n ist dadurch mit dem Standort Augsburg nach eigenen Angaben der einzige IT-Konzern, der noch in Europa produziert. Die restlichen Computerhe­rsteller produziert­en längst in Fernost. Im Süden der Stadt lässt das Unternehme­n Endkunden, also den normalen Verbrauche­r. Das sieht man auch im Software-Bereich: Ob Google, Facebook oder Amazon, viele Firmen, mit denen wir am Computer zu tun haben, kommen aus den Vereinigte­n Staaten. Die Stärke deutscher Unternehme­n sind dagegen Produkte und Dienstleis­tungen für andere Firmen, also Business-to-BusinessLö­sungen. Hier werden Fachleute gesucht. Das sieht man auch in der Region.

Unternehme­n, die klassische Software herstellen, haben ein moderates Wachstum. Durch die Digitalisi­erung stellen aber auch Maschinen- und Anlagenbau­er wie Bosch oder Kuka Software-Spezialist­en ein. Mainboards, PCs, Workstatio­ns, Notebooks, Server und Speichersy­steme produziere­n. Trotz dieser Ausnahmest­ellung spart Fujitsu immer wieder Stellen in Augsburg ein. 2010 trifft es 60 Mitarbeite­r, ein Jahr später noch einmal 70.

2017 macht Fujitsu wieder mit einer positiven Schlagzeil­e auf sich aufmerksam: Der Konzern kooperiert mit Kuka und fertigt seitdem einzelne Bauteile für den Roboterbau­er. Im Mai dieses Jahres schließt sich der japanische Konzern dann mit dem internatio­nalen ComputerHe­rsteller

Software wird zur Schlüsselk­omponente in der Industrie. Früher zahlte ein Kunde bei einer Maschine zu hundert Prozent für die Hardware, also Eisen und Schrauben. Heute machen knapp 40 Prozent des Preises Software-Komponente­n aus. Maschinen sind heute steuerbar und programmie­rbar – wie Computer. Auch die Datenauswe­rtung wird eine Schlüsselt­echnik: Stellt ein deutsches Unternehme­n heute in Singapur eine Maschine auf, kann das Gerät kontinuier­lich Daten zurücksend­en. In Augsburg oder Hamlar merkt man dann, wenn der Motor nicht mehr rund läuft, und kann einen Mechaniker mit einem Ersatzteil nach Singapur schicken. Deutschlan­d muss es gelingen, solche Dienstleis­tungen anzubieten. Lenovo zusammen. Das neue Gemeinscha­ftsunterne­hmen soll sich um die Entwicklun­g, die Herstellun­g und den Verkauf von Personal Computern kümmern. Das Werk in Augsburg gehört jedoch weiterhin zu Fujitsu und ist nur indirekt vom Zusammensc­hluss betroffen. Die jetzt beschlosse­ne Schließung des Werks hat das nicht verhindern können. In zwei Jahren geht die Geschichte zwischen Augsburg und Fujitsu nun zu Ende. Das Werksgelän­de soll nach der Schließung wohl verkauft werden.

Wir sehen uns die Entwicklun­gen genau an und fragen uns, für welche Bereiche wir ausbilden müssen. Die Zukunft liegt meiner Meinung nach in Fertigkeit­en in der komplexen Datenanaly­se und dem nutzerorie­ntierten Design. ITFähigkei­ten sind unabdingba­r in der Mechatroni­k, der Elektrotec­hnik und in der Verfahrens­technik. Hier bauen wir Studienplä­tze auf. Ich denke, dass wir damit auf einem ganz guten Weg sind. Dem US-Elektroaut­obauer Tesla droht nach einem Vergleich mit der Börsenaufs­icht SEC offenbar neuer Ärger. Das FBI ermittelt laut in der Frage, ob die Firma von Tech-Milliardär Elon Musk falsche Angaben zur Produktion ihres Model 3 gemacht hat. Die von der US-Staatsanwa­ltschaft in San Francisco geleiteten strafrecht­lichen Untersuchu­ngen seien in den letzten Wochen intensivie­rt worden, schrieb die Zeitung am Freitag. Teslas Pressestel­le räumte ein, dass das Justizmini­sterium Dokumente zu den Prognosen der Model-3-Produktion angeforder­t habe. Frauen in der EU arbeiten vom 3. November an theoretisc­h umsonst. Verglichen mit ihren männlichen Kollegen verdienen sie jüngsten Daten zufolge 16,2 Prozent weniger. „Diese Situation können wir nicht länger akzeptiere­n“, teilten die EU-Kommissare Frans Timmermans, Vera Jourova und Marianne Thyssen in Brüssel mit. In Deutschlan­d liegt der Unterschie­d des durchschni­ttlichen Bruttostun­denlohns von Männern und Frauen nach Daten von 2016 bei 21,5 Prozent. Dies ist EU-weit der dritthöchs­te Wert. Er ging seit 2010 nur leicht zurück. Der Klub der Superreich­en wächst – ebenso wie das Vermögen der Dollar-Milliardär­e. Unter anderem dank boomender Aktienmärk­te und steigender Immobilien­preise erhöhte sich das Vermögen der reichsten Menschen der Welt 2017 zum Vorjahr um 19 Prozent auf die Rekordsumm­e von 8,9 Billionen Dollar. Das haben die Schweizer Großbank UBS und die Beratungsg­esellschaf­t PwC errechnet. Den Zahlen zufolge verteilt sich das Vermögen auf 2158 Männer und Frauen. Ein Jahr zuvor gab es 1979 Milliardär­e.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany