Donau Zeitung

Wer ist eigentlich Banksy?

Nach der wahren Identität des Graffiti-Künstlers haben schon Wissenscha­ftler der Queen-Mary-Universitä­t London gesucht. Aber auch ihre Erkenntnis­se besitzen nicht den Rang eines unumstößli­chen Beweises

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Bei einer zweitägige­n Versteiger­ung für die Gründung eines Exilmuseum­s in Berlin sind bereits 1,6 Millionen Euro erzielt worden. Eine Sprecherin des Berliner KunstAukti­onshauses Villa Grisebach zeigte sich bereits nach dem ersten Tag „sehr zufrieden“. Unter den Hammer kommen hochkaräti­ge Werke aus der Privatsamm­lung des Kunsthändl­ers Bernd Schultz, darunter Zeichnunge­n von Pablo Picasso, Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner und Käthe Kollwitz. Der gesamte Erlös soll dem geplanten Museum zugutekomm­en. Das Haus wird an die rund 500 000 Menschen erinnern, die unter der Verfolgung der Nazis Deutschlan­d in den 1930er-Jahren verlassen mussten. Viele davon kehrten nach dem Krieg nicht mehr in die Heimat zurück. Schirmherr­in des Projekts ist die Literaturn­obelpreist­rägerin Herta Müller. Bernd Schultz, Gründer der Villa Grisebach, sagte laut der erste Tag sei ein schöner Auftakt gewesen. „Alle hochpreisi­gen Werke sind verkauft worden.“Die Ergebnisse hätten 130 Prozent über den Schätzwert­en gelegen.

Jene Kunst-Aktion Anfang Oktober in London, als das Bild „Girl with a Balloon“von Banksy durch einen Schredder hälftig zerstört worden war, hat die Spekulatio­nen rund um des Künstlers Identität aufs Neue entfacht: Wer verbirgt sich hinter dem Pseudonym?

Seit mehr als 25 Jahren bleibt diese Frage unbeantwor­tet. Mittlerwei­le ranken sich die wildesten Theorien um den Briten: Steckt der Sänger einer Band dahinter? Oder doch eine Frau, die sogar ein ganzes Kollektiv leitet? Bekannt ist: Banksy kam Ende der 90er Jahre nach London. Berühmt wurde er durch seine gesellscha­ftskritisc­hen und meist (sozial-)politische­n Motive. Seine Kunst kritisiert wieder und wieder Krieg, Faschismus und Konsumverh­alten. Eines der wenigen Graffiti, das in London noch zu sehen ist, heißt „Shop till you Drop“(Einkaufen bis zum Umfallen). Es zeigt eine fallende Frau mit Einkaufswa­gen an einer Hauswand in der Nähe des Hyde Park.

Viele glauben, dass Banksy ein etwa 40 Jahre alter Mann ist, der aus Bristol stammt. Seit vergangene­m glaubt man sogar, den Namen des Künstlers zu kennen: Rob. Der britische DJ Goldie hat ihn in einem Podcast angeblich aus Versehen ausgeplaud­ert. „Ich halte ihn für einen genialen Künstler“, sagte Goldie, der früher selbst Graffiti gesprayt hat. Seitdem sind zwei Männer ins Visier der Spekuliere­nden gerückt: Robert Del Naja und Robin Gunningham.

Robert Del Naja stammt aus BrisJahr tol und ist der Sänger der britischen Band Massive Attack. Der schottisch­e Musikjourn­alist Craig Williams hat 2016 in seinem Blog die angebliche­n Indizien dafür zusammenge­tragen, dass Del Naja wohl Banksy ist: Es gebe Verbindung­en zwischen den Tournee-Daten von Massive Attack und der Sichtung neuer Banksy-Bilder auf der ganzen Welt. So seien etwa am 1. Mai 2010 sechs Kunstwerke von Banksy in San Francisco aufgetauch­t, Massive Attack hatte dort ein paar Tage zuvor ein Konzert gegeben. Auch in Toronto will Williams Hinweise gefunden haben: Dort spielte Robert Del Naja mit seiner Band am 7. und 9. Mai 2010 – am 9. wurden drei neue Banksy-Motive in der Stadt gesichtet. Williams Liste ist lang – fast möchte man ihm glauben. Del Naja aber bestreitet die Behauptung und sagte vor zwei Jahren der

dass er mit Banksy lediglich befreundet sei.

Der zweite „Verdächtig­e“, Robin Gunningham, ist Straßenkün­stler und ebenfalls aus Bristol. Schon 2008 behauptete die Gunningham ist Banksy. Acht Jahre später wollen Wissenscha­ftler der Queen-Mary-Universitä­t in London das in einer Studie belegt haben. Durch Techniken aus der Kriminolog­ie haben sie ähnlich wie Craig Williams ein Muster zwischen den Werken und Aufenthalt­sorten von Banksy und Gunningham hergestell­t. „Ich wäre überrascht, wenn er es nicht ist“, so Steve Le Comber, einer der Forscher. Der Street-ArtExperte Carlo McCormick schätzt, dass Gunningham mit 75-prozentige­r Wahrschein­lichkeit Banksy ist – auch wenn der das über die Jahre immer wieder bestritten hat.

Seine Bücher publiziert Banksy übrigens unter dem Namen „Robin Banksy“. Keine der beiden Theorien ließ sich bis heute bestätigen – also haben sich die Menschen über die Jahre weitere ausgedacht. Mittlerwei­le gibt es so verrückte, so abwegige Behauptung­en, dass man eigentlich fragen müsste: Wer ist nicht Banksy?

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