Donau Zeitung

Als Amerika langsamer wurde

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Richard Nixon gehört nicht zu den Helden der amerikanis­chen Geschichte, auch wenn er selbst in einer Fernseh-Rede versichert­e: „Ich bin kein Gauner.“Das war der Höhepunkt des Watergate-Skandals. Aber der Mann, der kein Gauner sein wollte, ist nicht nur für Skandale verantwort­lich. Er sorgte auch dafür, dass Amerika ein Land der gemütliche­n Autofahrer wurde. Lange Zeit durften die Amerikaner höchstens 55 Meilen pro Stunde fah- ren, also schlichte 88 Stundenkil­ometer.

Ganz freiwillig kam es dazu aller- dings nicht. Auslöser war der JomKippur-Krieg. Er sollte Israel vernichten, wurde aber zum Desaster für die angreifend­en Araber. Eine Nebenwirku­ng des Krieges war die weltweite Ölkrise. Vor den Tankstelle­n des öldurstige­n Westens, vor allem Amerikas, bildeten sich lange Autoschlan­gen. Und Richard Nixon hielt 1973 seine andere, innenpolit­isch bedeutende Fernsehred­e. Er forderte seine Landsleute auf, rundum Energie zu sparen. Die bundesweit­e Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf 55 Meilen pro Stunde hielt mehr als ein Jahrzehnt, ehe man sich auf wieder zu 65 Meilen (105 km/h) hoch robbte. Das Schneckent­empo führte zu enormen Einsparung­en und – ganz nebenbei – zu weniger Verkehrsto­ten.

Eine andere

Quelle der Verschwend­ung waren die Klima-Anlagen, die amerikanis­che Heime und Büros auch im Hochsommer zu kühlen Oasen machen. Die Thermostat­e mussten um etliche Grad höher gestellt werden. Und damit es den Staatsdien­ern nicht zu heiß wurde, durften sie in den Amtsstuben mit Billigung des Präsidente­n Jackets und Kostümjack­en ablegen und am Hals die Krawatten lockern. Das half kurzfristi­g. Wichtiger war, dass Amerika jetzt mit Elan die Suche nach hauseigene­r Energie vorantrieb, nach Wind, Sonne und damals schon Hybrid. Vor allem nach heimischen Ölquellen. Die sprudeln inzwischen so reichlich, dass die einzelnen Staaten seit 1985 wieder selber zu bestimmen dürfen, wo wie schnell gefahren werden darf.

Einige wagten sich auf 80 Meilen (128 km/h) vor, andere blieben beim Tempo 55. Auch das ist noch schnell im Vergleich zu der 35-Meilen-Höchstgesc­hwindigkei­t während des Krieges. Diese knapp 50 Stundenkil­ometer wurden den Amerikaner­n damals als „Victory Speed Limit“, als „Höchstgesc­hwindigkei­t für den Sieg“schmackhaf­t gemacht. Das mit dem Sieg hat dann auch geklappt.

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