Wie entwickelt sich Ihre Heimat?
Die einen wohnen allein in einem großen Haus, die anderen suchen dringend eine kleine Wohnung
Landkreis Stehen die Ställe inzwischen leer? Sind die Kinderzimmer verwaist? Oder suchen Sie dringend eine kleine Wohnung, damit Sie endlich von Zuhause ausziehen können? „Wir haben viel Wohnraum, aber er passt nicht zu unseren Bedürfnissen“, fasst Lothar Kempfle das Problem zusammen. Statistisch gesehen gibt es in den Landkreisen Dillingen und Günzburg sehr viel Wohnraum, weiß der Geschäftsführer von Donautal-aktiv. Doch immer öfter leben dort einsame Menschen, die ihren Partner verloren haben, die Kinder leben woanders. Junge Menschen, die in ihrem Heimatort bleiben wollen, finden dort oft nichts Passendes. Sie ziehen in die nächste Stadt oder bauen ihr Eigenheim auf die grüne Wiese, schildert Kempfle das Szenario. Der Ortskern blutet aus. Die Auswirkungen des demografischen Wandels werden von der Bevölkerung wahrgenommen. „In Bürgerworkshops haben wir festgestellt, dass die Situation verzweifelt ist – und es gibt keinen guten Handlungsansatz. Deswegen wollen wir das Thema zum Thema machen.“Mehr könne der Verein mit Sitz in Bächingen nicht tun. Auch die Bürgermeister im ländlichen Raum seien bereits ausgelastet. Deswegen sucht Kempfle einen anderen Ansatz: Er will interessierte Dorfgemeinschaften gewinnen, die das Problem erkennen und gemeinsam lernen wollen, wie ihr Dorf zukunftsfähig wird. Oft fehle es gar nicht am Geld, sondern an Know-how und Handlungsbedarf. Modellkommunen könnten sich im Rahmen eines Leader-projektes mit Ideen wie seniorengerechtem Wohnen beschäftigen. Es müsse auf jeden Fall etwas passieren, sagt Kempfle, denn: „Der eine ist mit seinem Haus überfordert, der andere findet keinen Wohnraum und geht, die Dörfer bluten aus, der Kindergarten rechnet sich nicht mehr, die Bushaltestelle wird nicht mehr angefahren.“Donautal-aktiv will Interessierte unterstützen, zum Beispiel im Rahmen von Arbeitskreisen, mit der Erstellung von Leerstandskatastern als Datenbasis, mit Maßnahmen zur Sensibilisierung der Kommunen und ihrer Einwohner und durch Ko- ordinierung eines Entwicklungsnetzwerkes, schlägt Kempfles Kollegin Andrea Zangl vor. Würden 20 von 60 Kommunen etwas bewegen, könnten andere nachziehen und hätten es leichter. Wenn man etwas ändert, leiste man etwas für das Dorf: Neue, altersgerechte Wohnformen für ältere und jüngere Menschen, verbunden mit Mobilitätsergänzungen und Barriereabbau, sowie die Investition in kulturelle Bildung stärken die Verwurzelung, halten die Menschen auf dem Land oder motivieren sie dazu, sich später dort wieder anzusiedeln, sagt Zangl. Kempfle weiß, dass das in der Schweiz bereits klappt.
Deswegen will sich das Team Regionalentwicklung von Donautalaktiv bis 2022 auf das Thema „Leben und Wohnen auf dem Land“konzentrieren. Ziel müsse es sein, dass die wichtigsten Funktionen öffentlicher Daseinsvorsorge gewährleistet sind und das Dorf als attraktiver Wohn- und Lebensort erhalten wird. Maßnahmen wie Image-kampagnen, Ortskernbelebungen oder erste Startprojekte mit Hauseigentümern, die Beratungsgutscheine bekommen, sollen dazu beitragen. Eine gesunde Dorfstruktur und eine gute Dorfgemeinschaft sorgen für eine zukunftsfähige Entwicklung unserer Dörfer, sind Zangl und Kempfle überzeugt.
Am Donnerstag, 15. November, wird Dr. Sabine Müller-herbers über das Thema „Aktive Innenentwicklung – eine Chance für zukunftsfähige und lebendige Dörfer“ sprechen. Ihr Vortrag beginnt um 16 Uhr in der Kapuzinerhalle in Burgau. Die Referentin, tätig bei der Baader-konzept Gmbh, wird erläutern, was Innenentwicklung bedeutet, welche Zielgruppen miteinbezogen werden und Handlungsansätze aufzeigen. Im Anschluss ist Zeit für Diskussion.
Verwurzelung ist wichtiger als Standortfaktoren