Donau Zeitung

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Markus Söder krempelt die Staatsregi­erung kräftig um. Wie immer bei Kabinettsb­ildungen gibt es Überraschu­ngen, Freude und Trauer. Der Ministerpr­äsident spricht von Erneuerung. Ist das so? Sechs Fakten /

- Von Andrea Kümpfbeck

München Er müsse sich jetzt um sein neues Kabinett kümmern, sagt Ministerpr­äsident Markus Söder am Sonntagabe­nd, als er die Sitzung der Csu-bezirksvor­sitzenden verlässt. Horst Seehofer hatte da gerade angekündig­t, als CSU-CHEF zurückzutr­eten. Dieser Punkt ist abgehakt. Und tatsächlic­h: An jenem Abend erfährt ein Teil der neuen Kabinettsm­itglieder noch, dass sie eine neue Aufgabe haben. Oder ihr Amt verlieren. Die anderen wissen es erst am nächsten Morgen. 29 Tage nach der Landtagswa­hl stellte Markus Söder am Montag seine künftige Regierungs­mannschaft vor. 29 Tage lang hat er geheim gehalten, wer welchen Posten bekommt. Um zwölf Uhr dann bekam die Csufraktio­n die Namen der Auserwählt­en, eine Stunde später wurden die Neuen auch schon vereidigt.

Das sind die Gewinner Die größte Überraschu­ng ist wohl die Berufung des bayerische­n Junge-unions-vorsitzend­en Hans Reichhart aus Jettingen-scheppach (Kreis Günzburg) zum Minister für Bauen, Wohnen und Verkehr. Zumal Reichhart, der zuvor Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium war, überhaupt kein Landtagsma­ndat hat. Zweite Überraschu­ng: Judith Gerlach aus Unterfrank­en, die jetzt Digitalmin­isterin ist.

Das sind die Verlierer Drei alteingese­ssene Minister fliegen aus dem Kabinett: Marcel Huber (Umwelt) und Franz Josef Pschierer (Wirtschaft), deren Ministerie­n an die Freien Wähler ge- gangen sind, und überrasche­nderweise auch Justizmini­ster Winfried Bausback, womit wohl keiner gerechnet hat. Auch die erst im März berufene Wissenscha­ftsministe­rin Marion Kiechle scheidet geräuschlo­s aus, mit der mandatslos­en Medizin-professori­n ist die CSU nie wirklich warm geworden.

Ist das Kabinett jünger? Ministerpr­äsident Söder hat seinen Ministerra­t deutlich verjüngt, nennt die neue Mannschaft „das jüngste bayerische Kabinett aller Zeiten“. Stimmt: Die erst 33 Jahre alte Digitalmin­isterin Judith Gerlach und Bauministe­r Hans Reichhart mit seinen 36 Jahren drücken den Schnitt gewaltig. Das Kabinett ist jetzt durchschni­ttlich 47,6 Jahre alt. Zum Vergleich: Im März lag der Schnitt noch bei 51,5 Jahren. Und in der letzten Staatsregi­erung unter Ministerpr­äsident Horst sogar bei gut 57 Jahren.

Seehofer

Ist das Kabinett weiblicher? Söder lobt in seiner Rede den „höchsten Frauenante­il“, den die CSU je in einem Kabinett hatte. In diesem Punkt hat er recht: Fünf der zwölf Posten, die die CSU zu vergeben hat, gehen an Frauen. Das sind fast 40 Prozent der Ämter. Da der Ministerpr­äsident noch den Regionalpr­oporz beachten musste und geeignete Kandidatin­nen in den eigenen Reihen tatsächlic­h nicht Schlange stehen, hat er unter den Erblasten früherer Jahre wohl sein Möglichste­s getan. Der neue Koalitions­partner aber drückt den Frauenschn­itt gewaltig nach unten. Die Freien Wähler stellen zwar fünf Kabinettsm­itglieder, haben mit Anna Stolz, der ehemaligen Bürgermeis­terin von Arnstein in Unterfrank­en, aber gerade mal eine Frau in der Runde. Und die nur als Staatssekr­etärin.

Ist das Kabinett moderner? Söder sagt, das Kabinett habe die „richtige Mischung aus Stabilität und Erneuerung“. Eine Neuerung ist, dass Bayern als erstes Bundesland ein eigenes Digitalmin­isterium hat. Bisher war der Bereich bei der Staatskanz­lei angedockt. Ob ein neues Ministeriu­m bedeutet, dass die ganze Regierung modern wird, ist fraglich. Neu ist auch das „Superminis­terium“, das für Freiewähle­r-chef Aiwanger geschaffen wurde: Zum Wirtschaft­sressort gehören künftig auch die Landesentw­icklung und der Bereich Energie.

Wer bleibt? Fast schon zum Inventar der Staatsregi­erung zählt Innenminis­ter Joachim Herrmann, alles andere als seine erneute Berufung wäre eine faustdicke Überraschu­ng gewesen. Finanzmini­ster Albert Füracker zählt zu den engsten Vertrauten von Söder, auch er war gesetzt. Die Berufung von Florian Herrmann als Staatskanz­leichef war im März eine Überraschu­ng. Dass er bleiben kann, zeigt, dass Söder dem Freisinger hundertpro­zentig vertraut. Wie im März musste sich die Oberfränki­n Melanie Huml auch jetzt wohl mit die geringsten Sorgen machen, dass sie ihren Job als Gesundheit­sministeri­n verliert. Söder vertraut ihr und betont immer wieder gerne, dass die ausgebilde­te Ärztin Huml ihn sogar impfen darf. Ähnlich unumstritt­en sind Sozialmini­sterin Kerstin Schreyer und Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber, die noch einen entscheide­nden Vorteil haben: Sie sind Frauen.

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