Donau Zeitung

Drogen an 14-Jährige verkauft

Eine Frau gibt Jugendlich­en gegen Geld Marihuana. Jetzt muss sie dafür ins Gefängnis

- VON ANDREAS SCHOPF

Dillingen Staatsanwä­ltin Birgit Milzarek ist mit ihrem Plädoyer zu Ende und will sich gerade wieder hinsetzen, da wird es laut im Gerichtssa­al des Dillinger Amtsgerich­ts. Der Sohn der Angeklagte­n springt wutentbran­nt auf, stürmt aus dem Raum und schlägt die Türe hinter sich mit einem lauten Knall zu. Die Angeklagte hält sich die Hände vors Gesicht und bricht in Tränen aus. „Ich hab das nicht gemacht“, wimmert sie. Staatsanwä­ltin Milzarek hatte soeben eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren und zehn Monaten gefordert – ab zwei Jahren kann eine Freiheitss­trafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Es ist der Moment des Prozesses, an dem den Beteiligte­n klar wird, was auf dem Spiel steht. Es geht nicht nur um ein paar Gramm Gras, mit denen die Angeklagte gehandelt hat. Es geht darum, dass sie die Drogen an Minderjähr­ige verkauft hat, mitunter an ein erst 14-jähriges Mädchen.

Den ganzen Prozess über hatte die 37-jährige Angeklagte aus einer Donaustadt im Landkreis die Vorwürfe vehement abgestritt­en. Die warf ihr unter anderem vor, 2017 einer damals 14-Jährigen in vier Fällen Marihuana verkauft zu haben – von 2,4 Gramm für 30 Euro bis zu 4,8 Gramm für 60 Euro. Des Weiteren soll sie über Wochen in mindestens einem Dutzend Fällen die Droge an zwei 17-Jährige veräußert haben. Ebenfalls in der Anklage steht der unerlaubte Besitz von 2,7 Gramm Gras.

„Das stimmt gar nicht“, sagt die Angeklagte zu Beginn. Und liefert eine Erklärung hinterher, wie es stattdesse­n gelaufen sei. Sie habe eine Trennung hinter sich sowie gesundheit­liche Probleme gehabt. Auch der Kontakt zu ihrem Sohn sei zwischenze­itlich abgerissen. Dies alles habe auf ihre Psyche geschlagen. „Ich war komplett fertig und in psychologi­scher Behandlung“, sagt sie. Deshalb habe sie selbst hin und wieder einen Joint geraucht, um mit der Situation klarzukomm­en. „Ich habe aber nichts verkauft“, betont sie. Sie sei aufgrund ihrer angespannt­en finanziell­en Lage selbst „auf der Suche gewesen“. Die drei jugendlich­en Zeugen, allesamt aus dem Landkreis und für den Umgang mit den Drogen bereits bestraft, stellen die Situation ganz anders dar. Alle drei schildern die Umstände relativ übereinsti­mmend. Die Frau, die ihnen das Gras verkauft habe, hätten sie über deren Sohn kennengele­rnt. Im Sommer 2017 seien sie regelmäßig zu Gast bei ihr zu Hause gewesen. Dabei sei es immer wieder um Drogen gegangen. Man sei zum Teil nur aus diesem Grund zu ihr gefahren, schildert das Mädchen, das damals 14 war. In einem Schuppen hätte die 37-Jährige das Gras abgewogen und in einer Alufolie verkauft. Manchmal seien die Jugendlich­en ohne Vorankündi­gung vorbeigeko­mmen, manchmal habe man sich vorher über eine Whatsappgr­uppe verabredet. Ein solcher Chatverlau­f wird während des Prozesses verlesen. Darin schreibt die 37-Jährige Sätze wie: „Wenn du was möchtest, komm vorbei.“Die Angeklagte behauptet: Dies habe nichts mit Drogen zu tun gehabt.

Auf diesem Standpunkt beharrt die Frau bis zum Plädoyer der Staatsanwä­ltin. Diese macht deutlich, dass es keinen Anhaltspun­kt gebe, den Zeugen nicht zu glauben – die Angeklagte hatte ihnen ein Rachemotiv unterstell­t, unter anderem ging es um eine beendete Beziehung zu ihrem Sohn. Dazu sei es offenankla­ge sichtlich, dass die Abnehmer der Drogen noch keine 18 Jahre alt sind – gerade im Fall der 14-Jährigen. Die Aussagen der Zeugen in Verbindung mit den Chatverläu­fen ließen keine Zweifel daran, dass die Jugendlich­en nicht zu normalen Treffen zur Angeklagte­n kamen, sondern dass es um Drogengesc­häfte ging. Auch wenn die Angeklagte nicht vorbestraf­t sei und und es sich um nicht allzu große Mengen handelte, fordert Milzarek eine Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

In diesem Moment wendet sich das Blatt. Die Angeklagte geht tränenüber­strömt nach draußen und berät sich mit ihrem Anwalt. Dann gibt sie alle Vorwürfe zu. „Meine Mandantin hat sich geschämt und wollte es nicht wahrhaben“, erklärt Rechtsanwa­lt Georg Zengerle. Sie habe das Alter der Jugendlich­en nicht ausreichen­d kritisch hinterfrag­t und stehe nun zu ihrer Verantwort­ung. Das Geständnis kommt allerdings zu spät und nur durch „erdrückend­e Beweislage“, wie es Patrick Hecken formuliert, Vorsitzend­er Richter des Schöffenge­richts. Das noch nicht rechtskräf­tige Urteil: Zwei Jahre und sechs Monate – keine Bewährung also.

 ?? Symbolfoto: Daniel Karmann, dpa ?? Eine 37-Jährige aus einer Donaustadt im Landkreis hat Marihuana an Jugendlich­e verkauft, unter anderem an ein erst 14-jähriges Mädchen. Das Amtsgerich­t Dillingen hat die Frau nun zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Symbolfoto: Daniel Karmann, dpa Eine 37-Jährige aus einer Donaustadt im Landkreis hat Marihuana an Jugendlich­e verkauft, unter anderem an ein erst 14-jähriges Mädchen. Das Amtsgerich­t Dillingen hat die Frau nun zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

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