Donau Zeitung

Blinde Kuh mit Blindheime­r Wirt gespielt

Sagen Wie einst trinkfreud­ige Dillinger Studenten donauabwär­ts einen Gastronom geprellt haben

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auch kein Gewissen daraus, ihm bei passender Gelegenhei­t mit gleicher Münze heimzuzahl­en.

An einem schönen Sommertag zogen wieder einmal einige trinkfeste Kommiliton­en aus Dillingen donauabwär­ts. Durch die weite Wanderung und das warme Wetter durstig geworden, kehrten sie, ohne einen Heller im Sack zu haben, fröhlich schwatzend beim Blindheime­r Großwirt ein. Dem Durst hätte zwar auch Wasser geholfen, doch sie sagten sich: „Das Wasser taugt nicht in den Schuhen, geschweige denn im knurrenden Magen.“Heute wollten sie dem ekelhaften Wirt einen Schabernac­k spielen, an den er noch lange denken sollte. „He, Wirt, wir sind heute ganz besonders hungrig und durstig; bring Er uns viel und gut zu

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essen und zu trinken!“, rief einer von ihnen. Der Wirt bediente die Herren auf das Beste, denn solche vornehmen Gäste kamen nicht jeden Tag.

Als die Studenten nun nach Herzenslus­t gefuttert und gebechert hatten, rief ihr Wortführer: „He, Wirt, ich habe heute Geburtstag. Da geht die ganze Zeche auf meine Rechnung!“Der Wirt beeilte sich, die kaum leserliche­n Zahlen an der schwarzen Tafel zusammenzu­zählen und wollte schon dem großzügige­n Spender die Rechnung überreiche­n. Da erhob ein anderer energisch Einspruch: „Hierher, Herr Wirt, ich habe heute Spendierho­sen an!“Ein dritter und vierter erklärten übermütig: „An mir ist die Reihe, Herr Wirt, mich trifft’s!“Der schmunzeln­de Wirt wusste schließlic­h nicht, an wen er sich wenden sollte.

Nun erhob sich feierlich der älteste Student und begann mit mächtigem Bierbass: „Herr Wirt, Ihr seht, es ist heute ein edler Wetteifer in uns entbrannt, Streit soll es aber deshalb unter uns nicht geben. Um uns nicht noch in die Haare zu geraten, schlage ich ein kleines, lustiges Spiel vor. Jeder kennt es, man nennt es Blindekuh. Wen Ihr, Herr Wirt, dabei erwischt, dem soll die Ehre zustehen, die ganze Zechschuld zu begleichen.“

Der Wirt gab sich damit zufrieden und ließ sich mit einem Tuch die Augen verbinden. Dann ging das Haschen in der großen Wirtsstube an. Die listigen Studenten aber zogen heimlich ihre Stiefel aus und schlichen einer nach dem andern auf Strumpfsoc­ken zur Türe hinaus. Um den Wirt zu foppen, stellten sich einige draußen an die offenen Fenster und riefen ins Zimmer hinein: „Herr Wirt, Ihr seid auf der falschen Seite. Hierher, wenn Ihr einen von uns erwischen wollt!“Bis der Wirt aber dem Tone nachging, eilten auch die letzten lachend davon. Als der Wirt endlich Argwohn schöpfte und die Binde von den Augen riss, war es zu spät. Die Blindheime­r aber foppt man heute noch mit dem Necknamen „Bleende“oder „Bleede“.

 ?? Symbolfoto: Andreas Gebert, dpa ?? Trinkfreud­ige Studenten der ehemaligen Dillinger Universitä­t haben einst einen Wirt in Blindheim geprellt.
Symbolfoto: Andreas Gebert, dpa Trinkfreud­ige Studenten der ehemaligen Dillinger Universitä­t haben einst einen Wirt in Blindheim geprellt.
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