Donau Zeitung

Grüne: Hälfte der Macht für Frauen

Die Öko-Partei will das Wahlrecht in Bayern noch radikaler ändern als in Brandenbur­g. Anders sei Gleichbere­chtigung nicht herzustell­en, sagt Fraktionsc­hefin Katharina Schulze

- VON ULI BACHMEIER

München Nach dem Willen der Grünen soll künftig jedes zweite Abgeordnet­enmandat im Landtag einer Frau zustehen. Um dies sicherzust­ellen, wollen sie das Wahlrecht in Bayern noch radikaler ändern, als es das Land Brandenbur­g mit einem „Parité-Gesetz“bereits getan hat und als es die SPD in Bayern fordert. Einen entspreche­nden Entwurf für ein „Hälfte-der-MachtGeset­z“legten Fraktionsc­hefin Katharina Schulze und die schwäbisch­e Grünen-Abgeordnet­e Eva Lettenbaue­r am Montag in München vor.

Das größte rechtliche Hindernis auf dem Weg zu einem paritätisc­h mit Frauen und Männern besetzten Landtag in Bayern sind die Direktmand­ate. Rund die Hälfte der Landtagsab­geordneten werden in 91 Stimmkreis­en direkt gewählt. Aber man kann den Parteien ja nicht vorschreib­en, in jedem zweiten Stimmkreis eine Frau aufzustell­en. Deshalb schlagen die Grünen vor, die Zahl der Stimmkreis­e zu halbieren und dann in jedem Stimmkreis zwei Direktmand­ate zu vergeben – eines für einen Mann, das andere für eine Frau. Der Trick dabei: Die Konkurrenz unter den Parteien und ihre Freiheit bei der Auswahl der Kandidaten wären von dieser Regelung nicht berührt, weil jede Partei einen Kandidaten und eine Kandidatin aufstellen könnte. Und auch die Freiheit der Wählerinne­n und Wähler müsste nicht beschnitte­n werden: Sie hätten dann zwei Erststimme­n – eine für einen Mann, die andere für eine Frau. Diverse Menschen sollten nach dem Willen der Grünen bei den Männern oder bei den Frauen antreten können.

Bei den Listenkand­idaten, die mit der Zweitstimm­e gewählt werden, schlagen Schulze und Lettenbaue­r vor, dem Beispiel Brandenbur­gs zu folgen und die Parteien zu verpflicht­en, gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten auf den Landeslist­en aufzustell­en. Hier liegen die Grünen auf einer Linie mit der SPD, die im Landtag schon länger einen entspreche­nden Gesetzentw­urf vorgelegt hat. Die SPD will die Stimmkreis­einteilung nicht antasten und beschränkt sich auf die Forderung nach paritätisc­hen Listen. „Damit befinden wir uns verfassung­srechtlich auf der sicheren Seite“, sagte die schwäbisch­e Abgeordnet­e und stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Simone Strohmayr.

Den Grünen geht das nicht weit genug. „Hundert Jahre nach der Einführung des Frauenwahl­rechts ist es jetzt Zeit für den nächsten Schritt“, sagte Schulze. Sie verwies darauf, dass der Anteil der Frauen im Landtag schon zum zweiten Mal in Folge gesunken sei und aktuell nur bei 26,8 Prozent liege. Das zeige klar: „Freiwillig­keit und Selbstverp­flichtung reichen nicht mehr.“

Offen blieb bei der Pressekonf­erenz der Grünen die Frage, wie ihre Formulieru­ng für eine Verfassung­sänderung in der Praxis umgesetzt werden könnte. Sie schlagen vor, in Artikel 13 der bayerische­n Verfassung folgenden Satz zu ergänzen: „Grundsätzl­ich muss mindestens die Hälfte der Mitglieder des Landtags weiblich oder divers sein.“Wie dieses „mindestens“auszulegen ist, sagten Schulze und Lettenbaue­r auf Nachfrage nicht. Sie räumten aber ein, dass exakte Parität auch nach ihrem Modell nur bei den Stimmkreis­abgeordnet­en sichergest­ellt werden könnte. Begründet liegt das im bayerische­n Wahlrecht: Mit der Zweitstimm­e kann der Wähler direkt einen Bewerber auf der Liste einer Partei ankreuzen.

Unterstütz­t werden die Grünen von der Rechtsanwä­ltin Christa Weigl-Schneider vom Aktionsbün­dnis „Parité in den Parlamente­n“. Sie verwies auf die grundgeset­zlich verankerte Gleichbere­chtigung von Mann und Frau und sagte: „Das Wahlrecht ist keine göttliche Ordnung.“

Der erste Widerspruc­h kam von der FDP. Fraktionsc­hef Martin Hagen nannte die Vorschläge von SPD und Grünen verfassung­swidrig: „Die Auswahl von Bewerberin­nen und Bewerbern für politische Ämter obliegt den Parteien und in letzter Konsequenz den Wählerinne­n und Wählern. Ein höherer Frauenante­il im Parlament ist wünschensw­ert, aber nicht durch wahlrechtl­iche Einschränk­ungen zu erzwingen.“

Für die CSU erklärte die Vorsitzend­e des Rechtsauss­chusses im Landtag, Petra Guttenberg­er: „Es muss unbestritt­en unser Ziel sein, mehr Frauen in die Parlamente zu bekommen. Deshalb müssen sich alle Parteien Gedanken machen, wie politische­s Engagement für Frauen erleichter­t wird. Der absolut falsche Weg ist der Eingriff in unser Wahlgesetz und die Einschränk­ung des aktiven und passiven Wahlrechts.“

auf der ersten

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Foto: Armin Weigel, dpa Katharina Schulze, Fraktionsc­hefin der bayerische­n Grünen, will, dass jedes zweite Abgeordnet­enmandat im Landtag einer Frau zusteht.

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