Donau Zeitung

Brexit: Das müssen Urlauber wissen

Kommt es zu Chaos im Flugverkeh­r? Welche Folgen des Brexits Urlauber zu spüren bekommen könnten

- VON TINGA HORNY

Lange wollte es niemand wahrhaben, aber nun steht die Scheidung von Großbritan­nien wirklich bevor. Vor den Folgen des britischen EUAustritt­s Ende März warnen vor allem Wirtschaft­sexperten. Schließlic­h befindet man sich seit 1973 in einer Art Gütergemei­nschaft mit Regeln und Abhängigke­iten. Auch Urlauber werden den Brexit spüren und sich fragen:

● 1. Drohen strengere Einreisere­geln? Da das Vereinigte Königreich nie zum Schengen-Raum gehörte, gab es von jeher für EU-Bürger Passkontro­llen. Personalau­sweis oder Reisepass werden weiter akzeptiert. Auch nach der Übergangsz­eit Ende 2021 ist nicht damit zu rechnen, dass Visa von EU-Urlaubern verlangt werden. Alles könnte auf eine Lösung wie beim Nicht-EU-Mitglied Schweiz hinauslauf­en: EU-Bürger dürfen sich bis zu 90 Tage im Land visumfrei aufhalten. ● 2. Wird Urlaub in Großbritan­nien preiswerte­r? Eine der wenigen Vorteile für England-Besucher wird das günstige Pfund sein. Bereits unmittelba­r nach dem Referendum für den Brexit am 23. Juni 2016 verlor das britische Pfund rund zehn Prozent an Wert. Mittlerwei­le hat es seit jenem schicksalh­aften Datum um fast 25 Prozent nachgegebe­n.

● 3. Werden Roaming und Handy-Telefonier­en teurer? Seit Sommer 2017 gibt es aufgrund einer EU-Regulierun­g keine Roaming-Gebühren mehr. Verlässt Großbritan­nien die EU-Gemeinscha­ft, dann muss es sich nicht mehr an diese Bestimmung halten. Die Tarife für Reisende auf der Insel könnten also deutlich nach oben klettern, weil die Handynetz-Provider vor Ort wieder Roaming-Gebühren verlangen dürften. Realistisc­h ist allerdings, dass der EU-Roaming-Vertrag mit dem Vereinigte­n Königreich weiterhin besteht, da er nicht an die EUMitglied­schaft gekoppelt ist. Schon sind die Nicht-EU-Staaten Liechtenst­ein, Island und Norwegen Unterzeich­ner des Abkommens.

● 4. Kommt es zu Chaos im Flugverkeh­r? „Von einer extrem ernsthafte­n Lage“spricht Alexandre de Juniac, Geschäftsf­ührer der internatio­nalen Luftverkeh­rsvereinig­ung IATA, wenn er über die noch nicht gelösten Probleme im Flugverkeh­r nach dem Brexit spricht. Der Austritt bedeutet, dass alles – von den Pilotenliz­enzen über die Sicherheit­sbestimmun­gen bis zu den Flugstreck­en – neu verhandelt werden muss, weil das Vereinigte Königreich dann ein Drittstaat ist. Bis dato wurde der gesamte EU-Raum wie ein Land behandelt. Alle EU-Airlines hatten die gleichen Rechte und durften jedes Land innerhalb der Gemeinscha­ft anfliegen. Nur so ist es möglich, dass zum Beispiel die irische Ryanair Flüge von Hamburg nach Lissabon anbietet. Für Fluggesell­schaften mit Sitz in Großbritan­nien und in mehrheitli­ch britischem Besitz bricht also nach dem Brexit der lukrative europäisch­e Markt weg. Viele britische Unternehme­n wie Easyjet, aber auch die englischen Flugtöchte­r der Reisekonze­rne Thomas Cook und Tui müssen sich auf das Schlimmste gefasst machen. Easyjet hat bereits in Wien eine Tochterfir­ma gegründet, um ein europäisch­es Standbein zu haben – für alle Fälle. Vermutlich wird es nach dem 29. März 2019 nicht zu einem Chaos am Himmel kommen. Vielmehr wird eine Übergangsp­hase die derzeitige­n Flugbeding­ungen garantiere­n, bis alle Punkte geklärt sind. Idealerwei­se würde Britannien einfach die EURegeln und -Standards übernehmen.

● 5. Was passiert mit den Fluggastre­chten? Nach dem EU-Austritt gelten die Fluggastre­chte nicht mehr für England. Großbritan­nien könnte verfügen, dass Airlines Passagiere auf britischen Flughäfen für lange Wartezeite­n und Flugannull­ierungen nicht mehr entschädig­en müssjetzt ten. Doch dieser Fall ist unwahrsche­inlich. Wenn in weiteren Verhandlun­gen die Briten nicht einfach die gültigen EU-Fluggastre­chte in nationales Recht umwandeln, dann bietet sich erneut das Schweizer Modell an, das auch Island und Norwegen anwenden. Das heißt, britische Fluggesell­schaften hätten die gleichen Rechte und Pflichten wie die EU-Airlines.

● 6. Bleiben Britannien-Urlauber krankenver­sichert? Bei einem harten Brexit würden EU-Bürger keinen Versicheru­ngsschutz mehr auf der Insel genießen. Die Europäisch­e Krankenver­sicherungs­karte (EHIC) wäre ungültig. Würde es Verhandlun­gen über die Austrittsm­odalitäten geben, dann bliebe erst einmal alles bis zu deren Klärung unveränder­t. Möglich wäre, dass wie mit der Türkei ein Sozialabko­mmen ausgehande­lt wird. Wem die Lage zu unsicher ist, der schließt am besten eine Auslandsve­rsicherung für die Dauer seiner Reise ab.

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