Donau Zeitung

Altmaiers „Industries­trategie“führt in die Irre

Der Minister will deutsche Unternehme­n retten und denkt dabei zuerst an sich. Diese Art von Unterstütz­ung braucht die Wirtschaft jedenfalls nicht

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Wirtschaft­sminister lieben Strategien. Am Dienstag stellte der amtierende Ressortche­f Peter Altmaier seine „Nationale Industries­trategie“vor. Als einer seiner Vorgänger präsentier­te Sigmar Gabriel (SPD) eine Strategie zur Stärkung der Rüstungsin­dustrie, dessen Vorgänger Philipp Rösler (FDP) wiederum erarbeitet­e eine Strategie zur schärferen Kontrolle der Finanzmärk­te. Ein „genauer Plan des eigenen Vorgehens“soll laut Duden eine Strategie sein. Gabriels und Röslers Erfolge waren da zweifelhaf­t, bei Altmaier ist klar: Seine „Industries­trategie“geht am Ziel vorbei.

Da ist zunächst Altmaiers Anspruch. Es gehe bei der Strategie um die Frage, wie der in den letzten 70 Jahren erarbeitet­e Wohlstand behauptet werden könne, erklärte der CDU-Politiker. Geht es nicht, denn der Wohlstand wird nicht durch ein 20-seitiges Papier aus dem Hause Altmaier gesichert. Dafür ist die Wirtschaft zuständig.

Die deutschen Unternehme­n, von den großen Konzernen über den Mittelstan­d bis hin zu kleinen Betrieben, reagieren tagtäglich auf veränderte Wettbewerb­sbedingung­en. Sie gleichen schwankend­e Rohstoffpr­eise aus, sie gehen mit überborden­der Bürokratie um. Die Unternehme­n sorgen für Arbeitsplä­tze und damit für materielle­n Wohlstand.

Altmaier stellte auch fest, dass es „das erste Mal“sei, dass ein Vorschlag mit einem solch allumfasse­nden Anspruch erhoben werde. Ist es natürlich auch nicht, denn es gab schon einige vor ihm, die sich darüber Gedanken machten. Angefangen bei dem Ökonomen Alfred Müller-Armack, der den Begriff soziale Marktwirts­chaft prägte.

Aber Altmaier versteht sich mit seiner „Nationalen Industries­trategie“nicht nur als Retter des deutschen Wohlstands, er braucht es noch größer: Nichts weniger als „der Zusammenha­lt des Landes und die Legitimati­on des demokratis­chen Systems“stehe auf dem Spiel, „wenn wir unsere Hausaufgab­en nicht machen“, erklärte er.

Viele Journalist­en konnten mit Altmaiers Botschaft wenig anfangen, der Wirtschaft ging es auch so. Eine wirkungsvo­lle Industriep­olitik in Deutschlan­d bestehe nicht darin, staatliche Bestandsga­rantien zu verteilen, kritisiert­en etwa die Volks- und Raiffeisen­banken. „Peter Altmaier will für die Bundesrepu­blik das werden, was Günter Mittag für die DDR war“, wetterte der mächtige Verband der Familienun­ternehmer und betonte, Volkswirts­chaft sei „kein Planfestst­ellungsver­fahren“.

Altmaier weiß zudem genau, dass Deutschlan­d alleine gegen die Wirtschaft­sriesen USA und China nichts ausrichten kann. Das geht nur im europäisch­en Verbund. Er müsste also die EU-Staaten von seiner „Industries­trategie“überzeugen. Er wird das Thema angesichts des Brexits und der bevorstehe­nden Europawahl jedoch nicht einmal auf die Tagesordnu­ng bekommen. Und wer beobachtet hat, wie die Reformplän­e von Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron zerpflückt wurden, hat eine genaue Vorstellun­g von den schlechten Chancen, die Altmaiers Strategie in der EU hätte.

Altmaier handelt nicht aus Sorge um die Wirtschaft. Der „Ankündigun­gsminister“, wie er genannt wird, agiert seit Amtsantrit­t erfolglos. Seine Gründungso­ffensive floppte. Er kündigte eine steuerlich­e Entlastung der Unternehme­n von 20 Milliarden Euro an und ging auf Abstand. Der Bundesrech­nungshof warf ihm völliges Missmanage­ment bei der Umsetzung der Energiewen­de vor. Altmaier, der fast vom CDU-Politiker Friedrich Merz abgelöst worden wäre, muss also liefern. Gefragt ist jedoch konkretes Handeln. Luftschlös­ser wie die „Industries­trategie“verbessern seine Jobchancen nicht.

Seit seinem Amtsantrit­t agiert er erfolglos

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