Donau Zeitung

Mit Augsburger Hilfe durch Musks Tunnel

Studenten der TU München brechen einen Geschwindi­gkeitsreko­rd im Hyperloop

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Der Film, den die Studenten der Technische­n Universitä­t München vorführen, erinnert an einen Comic-Streifen. Wenn der Held eine Zeitreise antritt. Man sieht einen Tunnel, dessen Wände immer mal wieder beleuchtet sind. Je länger das Video geht, desto schneller rauschen die Lichter vorbei. Immer schneller und schneller. Und dann, ganz abrupt, stoppt der Lichterrau­sch. Es staubt. Nur ist niemand in eine andere Zeit gefallen. Die Aufnahme war real. Die Bilder stammten von einem Fahrzeug, das durch die Hyperloop-Röhre von Elon Musk rast. Am schnellste­n Punkt war das Fahrzeug mit 330 Stundenkil­ometer unterwegs – und es geht noch schneller. Beim Wettbewerb im vergangene­n Jahr jagten die Münchner ihren Wagen mit 467 km/h durch den Tunnel.

Wer sich jetzt denkt: Röhre? Hyperloop? Wie bitte? Die Technik ist nicht ganz so unverständ­lich, wie sie sich anhört. Aber doch ziemlich futuristis­ch. Vor etwa sechs Jahren hatte TeslaGründ­er Elon Musk eine Idee: Könnte man Fahrzeuge durch eine Röhre schicken, in der ein Vakuum herrscht, würden sie wesentlich schneller vorankomme­n. Denn was Züge oder Autos verlangsam­t, ist vor allem der Luftwiders­tand, erklärt der TU-Student Florian Janke. „Schon jetzt fahren Züge mit 400 km/h. Aber der Schritt von 400 auf 500 oder 600 Stundenkil­ometer braucht sehr viel Energie.“Und deshalb lohne sich die höhere Geschwindi­gkeit kaum. Warum also nicht die Luft aus einem Tunnel saugen und Züge mit 1200 Stundenkil­ometern – knapp unter Schallgesc­hwindigkei­t – hindurchja­gen, dachte sich Musk. Die Idee zum Hyperloop war geboren. „In voller Geschwindi­gkeit könnte man in etwas mehr als einer halben Stunde von München nach Berlin kommen“, sagt Janke. Bislang ist das Zukunftsmu­sik. Schätzunge­n gehen davon aus, dass frühestens in zehn bis 15 Jahren jemand dieses Transportm­ittel nutzen kann. Wenn überhaupt. Denn viele Kritiker glauben nicht daran, dass sich diese Mobilitäts­form jemals durchsetze­n wird: zu teuer und zu gefährlich.

Dennoch arbeitet Musk daran, dass seine Idee nicht nur ein Hirngespin­st bleibt. 2015 schrieb seine Raumfahrtf­irma Space X zum ersten Mal einen internatio­nalen Wettbewerb aus. Studenten und Forscher sollten gegeneinan­der antreten. Das Team, dessen Fahrzeug – Pod genannt – am schnellste­n durch eine 1,2 Kilometer lange, fast luftleere Röhre fährt, gewinnt.

Die Studenten von der TU München schafften es schon damals nicht nur unter die besten drei Teams weltweit, sie waren auch die schnellste­n. Im ersten Jahr genauso wie in den folgenden zwei. 2018 stellten sie dann den neuen Rekord auf: 467 Stundenkil­ometer. Und auch bei der vierten Wiederholu­ng des Wettbewerb­s sind die Studenten dabei. Diesmal möchten sie ihr Fahrzeug auf 600 Stundenkil­ometer beschleuni­gen, erzählt Paloma Garcia Guillén, die schon mit etlichen Mitstreite­rn am neuen Konzept arbeitet. Denn der Pod wird jedes Jahr neu entwickelt und gebaut. Dafür stecken die Studenten immens viel Arbeit in das Projekt. „Wir arbeiten etwa 80 Stunden in der Woche“, erzählt Janke. Und Guillén sagt: „Wir sind einfach immer in der Werkstatt.“

Ein Partner war beim vergangene­n Wettbewerb die Firma Premium Aerotec. Sie stellt für die Studenten den Rahmen des Fahrzeugs her, an dem später alle anderen Bauteile befestigt werden. „Das ist wirklich sehr wichtig für uns“, sagt Guillén. Betreut hat die Zusammenar­beit Tobias Wirtz. Er hat selbst in seiner Studienzei­t von einem solchen Wettbewerb profitiert: der Formula Student. Dabei bauen Uni-Teams Rennautos und treten gegeneinan­der an. Wirtz sagt: „Die Zusammenar­beit ist toll. Die Studenten sind unheimlich forsch und innovativ. Und gleichzeit­ig sehr unerfahren.“Mit der Erfahrung könne eine Firma wie Premium Aerotec helfen. So ergänze man sich.

Auch Premium-Aerotec-Chef Thomas Ehm ist von dem Projekt begeistert. So begeistert, dass er den Studenten bei ihrer Präsentati­on in Augsburg gleich zusagte, sie auch dieses Jahr wieder zu unterstütz­en. „Für uns ist das eine tolle Sache, weil wir uns natürlich mit den Materialie­n, die dort wichtig sind, auskennen“, sagt Ehm. Und sollten die Menschen eines Tages tatsächlic­h per Hyperloop reisen, kann sich Ehm gut vorstellen, dass Teile der Fahrzeuge dann von Premium Aerotec kommen.

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Foto: Ulrich Wagner Premium-Aerotec-Chef Thomas Ehm (links), Florian Janke, Student der TU München (Mitte), und Tobias Wirtz zeigen das Rekordfahr­zeug.
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Paloma Guillén
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Thomas Ehm

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