Türöffner zum Unbegriffenen
Ein Dichter-Quartett macht Schule
Erleben wir eine Blütezeit der deutschsprachigen Dichtung? Die Anzeichen mehren sich seit Jahren, auch in Form aufsehenerregender Auszeichnungen: Preis der Leipziger Buchmesse und Büchner-Preis an Jan Wagner, Kleist-Preis und Jandl-Preis an Monika Rinck, Bachmann-Preis an Nora Gomringer. Die Dichter von heute harren freilich nicht mehr mit selbstausbeuterischer Eselsgeduld der Belobigung, sie nehmen ihre Vermarktung (Verlag, Aufführung, Vertrieb) entschieden in die eigene Hand – tun sich beispielsweise zusammen in dem
(2003 gegründeten)
Berliner Independent-Verlag kookbooks. Er verbindet sich mit Namen wie Daniela Seel und Ron Winkler, Steffen Popp und Monika Rinck, Uljana Wolf und Martina Hefter ...
Der Literaturwissenschaftler
Christian Metz hat in einer exemplarischen, mit hohem Gewinn zu lesenden Analyse der GegenwartsLyrik ein Quartett herausgegriffen: Monika Rinck, Jan Wagner, Ann Cotten und Steffen Popp. Über gründliche Einzeldeutungen hinaus greift der Autor Herkunft, Muster und Verästelungen des poetischen Denkens heute auf. Der Leser findet sich in den Kammern eines hoch reflektierten Sprachlabors wieder. In ihm werden Wort- und Denkgebäude geschüttelt und erschüttert und für das Unbegriffene geöffnet. Wie sagt doch Steffen Popp: „99 % der uns betreffenden Phänomene“seien „bislang nicht oder nur unbefriedigend sprachlich gefasst“.