Mann stirbt vor seiner Zeugenaussage
Der Lauinger sollte Hauptbelastungszeuge bei einem Prozess in Dillingen werden. Die Kriminalpolizei ermittelt
Dillingen/Lauingen Die Zeugin hat gerade vor dem Richtertisch Platz genommen, gleich wird sie mit ihrer Aussage beginnen. Da kommt ein Polizeibeamter in Zivil in den Gerichtssaal. Er steuert zielstrebig den Platz von Richter Patrick Hecken an, lehnt sich vor ihn auf den Tisch und flüstert einige Momente. Hecken lehnt sich kurz in seinem Stuhl zurück, überlegt, dann bittet er seinen Mitarbeiter: „Wir nehmen bitte ins Protokoll auf, dass der nächste Zeuge nicht kommen kann. Er ist tot.“
Plötzlich ist es still im Gerichts- saal des Dillinger Amtsgerichtes. Einige Anwesende schauen sich entsetzt an. Dann ruft die Frau, die gerade eben auf dem Zeugenstuhl Platz genommen hat: „Oh mein Gott.“Richter Hecken unterbricht die Sitzung. Menschen schütteln ungläubig mit dem Kopf, einige haben Tränen in den Augen.
Wie die Polizei mitteilt, ist der Mann am Dienstagmorgen tot in seiner Wohnung in Lauingen aufgefunden worden. Die Kriminalpolizei war vor Ort und ermittelt. Der Lauinger sollte beim Prozess am Dienstagvormittag als einer der Hauptbelastungszeugen aussagen. Angeklagt war ein 36-Jähriger aus dem Land- kreis Dillingen, unter anderem wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung. Er soll den Lauinger bei einem Streit Anfang Dezember 2016 mit einem Hammer und einem Teppichmesser angegriffen haben und dabei gerufen haben: „Ich bring dich um.“
Nachdem Richter Hecken die schockierende Nachricht verkündet, brauchen alle Beteiligten eine Pause. Zehn Minuten später stellt Hecken fest: „Es macht wenig Sinn, dass wir weitermachen.“Vor allem wegen der Zeugin, die zuvor bereits Platz genommen hatte. Der Tote ist ihr ehemaliger Lebensgefährte, mit ihm hat sie ein gemeinsames Kind. „Wir können ihr nicht zumuten, jetzt weiter als Zeugin auszusagen.“Der Prozess ist damit vertagt, vor April soll er nicht weitergehen, ist vom Richter zu hören. „Jetzt muss die Polizei ihre Arbeit machen“, sagt Hecken. „Ich hoffe schwer, dass die Angelegenheit nichts mit dem Prozess zu tun hat.“
Die Ermittler gehen derzeit nicht von einem Fremdverschulden aus. Weitere Erkenntnisse müsse nun eine Obduktion ergeben, heißt es auf Anfrage.
Von der Situation mitgenommen war auch Birgit Spengler. Die Gundelfinger Stadträtin war bei diesem Prozess zum ersten Mal als ehrenamtliche Schöffenrichterin im Einsatz. Zu Beginn der Sitzung wurde sie noch vereidigt, dann nahm ihre Premiere als Schöffin auf der Richterbank ein trauriges Ende.