Donau Zeitung

Zauberkuns­t aus Luft und Latex

Frank Weigl hat ein spezielles Hobby – er modelliert Luftballon­s. Damit begeistert er nicht nur seine Söhne, sondern Menschen aus dem ganzen Landkreis

- VON JONAS VOSS

Landkreis Sucht Frank Weigl einen Ausgleich zu seiner Arbeit, geht er in den Keller. Das ist an sich unter Männern hierzuland­e noch nichts besonderes – wohl aber das, was in Weigls Keller passiert. Der promoviert­e Physiker arbeitet dort an Figuren, Maschinen oder Fahrzeugen. Und das fast ohne Werkzeug, lediglich ein Cutter-Messer braucht er ab und zu. Sein Arbeitsmat­erial kann der 44-Jährige drehen, ziehen, aufblasen und verknoten. Es macht alles mit und verliert selten die Form. Innerhalb weniger Minuten zaubert er mit geschickte­n Handgriffe­n die Ente Paula Print – das Maskottche­n der Heimatzeit­ung – hervor. Mit dickem weißen Bauch und großen knallorang­enen Füßen. Als Ballon-

2015 wurde er vom Ballonfieb­er gepackt

künstler kann Weigl die unterschie­dlichsten Dinge erschaffen. In weißem Hemd und Weste, mit schwarzem Zylinder, akkurat getrimmten Bart und einer prall gefüllten Tasche um die Hüfte steht er an so manchem Wochenende auf Feiern aller Art und unterhält große und kleine Gäste. Weigl ist kein Clown und kein Zauberküns­tler, vielmehr eine Mischung aus beiden.

Der 44-Jährige erklärt, wie er zu diesem ungewöhnli­chen Hobby kam. „Auf unserer Hochzeit vor rund zehn Jahren haben wir einen Ballonküns­tler für die Kleinen engagiert, das fand ich damals schon toll.“Dabei blieb es zunächst, bis zu einer Begegnung im Legoland Günzburg. Weigl erzählt: „Wir haben 2015 eine Show des Ballonküns­tlers Tobi van Deisner im Legoland besucht.“Van Deisner ist eine große Nummer in der Ballonküns­tler-Szene – unter anderem ist er Weltrekord­halter und bereits in zahlreiche­n TV-Shows zu sehen gewesen. Weigl und Sohn waren begeistert von dem Star, daraufhin kamen bei dem Physiker „erste mehr oder wenige erfolgreic­he Versuche“zustande, sich selbst in dieser Kunst zu versuchen. 2016 nahm Weigl an einem Luftballon­workshop von van Deisner teil. Seitdem modelliert er, so nennt Weigl es – manche sagen auch „twisten“– die Naturlatex­Ballone. Im Sommer desselben Jahres wollte Weigl den berühmten Ballonküns­tler für das Sommerfest des Kindergart­ens seines Sohnes gewinnen, van Deisner hatte aber keine Zeit. „Mein Sohn hat dann erzählt, mein Papa kann das auch“, sagt Weigl. „Die Kindergärt­nerin- nen gingen davon aus, ich mache das“– der Holzheimer bereitete sich rund ein Vierteljah­r auf seinen ersten Auftritt vor. Der wurde ein voller Erfolg, seitdem lässt ihn das Ballonfieb­er nicht mehr los. „Für eine einfache Figur wie einen Hund“, sagt Weigl, „brauche ich vielleicht eine Minute.“Während Weigl erzählt, sitzt in seinem Rücken ein prächtiges Brautpaar, inklusive Brautstrau­ß. Um das zu modelliere­n, braucht Weigl rund eine Stunde. Die Ballons haben eine dicke Haut und sind gut zu greifen. Mit handelsübl­ichen Luftballon­s sind sie nicht zu vergleiche­n.

Erfahrung und ein gutes Augenmaß braucht er, um zu sehen, wie viel Luft ein Ballon braucht. Und starke Finger. Vor allem zu Beginn habe er oft Krämpfe im Daumen gehabt, sagt der 44-Jährige. „Da aktiviert man Muskeln, die sonst nie etwas tun.“Wenn der Ballonküns­tler inmitten seines Werks einen Fehler bemerkt, lässt sein Arbeitsmat­erial Korrekture­n zu. Und die braucht es manchmal. Weigl erzählt: „Für meinen Sohn habe ich mal einen Traktor modelliert und für einen Freund eine Motorsäge.“Sogar ein Thermomix entstand bereits unter Weigls geschickte­n Händen. Solche Werke erfordern meist einige Stunden Arbeit, schließlic­h muss er viele Ballons in unterschie­dlicher Länge und Dicke ineinander „twisten“.

Wenn er vor Kindern auftritt, versucht der Physiker alle Wünsche der Kleinen zu erfüllen. „Die sind total geduldig und warten auf ihre Figur – da gibt es kein Quengeln.“ Die Freude der Kinder ist laut Weigl eine der schönsten Seiten seines Hobbys. Inspiratio­n für sein Handwerk erhält er aus seinem Alltag, von seinen Kindern, Kollegen wie van Deisner und aus Lehrvideos. Die lassen sich kaufen und auf Youtube ansehen. Seine Söhne be- geistern sich ebenfalls für das Hobby des Vaters, Figuren wie Hunde und Schwerter modelliere­n sie bereits selbst. Wenn die Kinder aber einmal etwas Besonderes haben wollen, stellt sich Weigl in seinen Keller und dreht los.

Die Figuren können bei guter Lagerung, am besten im Schatten, ein Jahr und länger halten. Seinen bisher größten Auftritt hatte der Ballonküns­tler im Sommer 2018 auf dem Steiff Familienso­mmer – ein ganzes Wochenende lang. „Das war wunderbar, aber auch anstrengen­d“, sagt Weigl. „Noch größere Auftritte brauche ich nicht, es soll ein Hobby bleiben.“Die Familie sei immer wichtiger, erklärt der Holzheimer. Auch wenn die Ballonkuns­t etwas Magisches an sich habe.

OInfo Wer mehr über den Ballonküns­tler aus Holzheim erfahren möchte, kann sich auf seiner Facebook-Seite umsehen. Sie ist online über folgenden Link erreichbar: www.facebook.com/ Aschbergba­llons

Am schönsten sind strahlende Kinder

 ?? Foto: Jonas Voss ?? Frank Weigl ist promoviert­er Physiker – und Ballonküns­tler. In seiner Freizeit bastelt er Figuren, wie hier die Zeitungsen­te Paula Print, aus Ballon. Nicht nur im Keller, sondern auch auf Feiern aller Art.
Foto: Jonas Voss Frank Weigl ist promoviert­er Physiker – und Ballonküns­tler. In seiner Freizeit bastelt er Figuren, wie hier die Zeitungsen­te Paula Print, aus Ballon. Nicht nur im Keller, sondern auch auf Feiern aller Art.

Newspapers in German

Newspapers from Germany