Donau Zeitung

Vor der Demenz schenkte er immer eine Valentins-Rose

Alois Häusler hat seine Frau Elisabeth am Valentinst­ag immer überrascht. Jetzt weiß der an Alzheimer erkrankte Höchstädte­r nicht mehr, dass er mit ihr verheirate­t ist. Dennoch ist eine tiefe Verbundenh­eit spürbar

- VON BERTHOLD VEH

Die Höchstädte­rin Elisabeth Häusler pflegt ihren Mann Alois, der an Alzheimer leidet. Auch jetzt ist die Liebe noch spürbar.

Welche Frau freut sich denn nicht, wenn sie von ihrem Mann Kompliment­e bekommt? Auch der Höchstädte­rin Elisabeth Häusler geht dies so. Und wenn ihr Mann Alois, den alle Bob nennen, sie fragt, ob sie ihn denn heiraten möchte, dann sind die Turbulenze­n der vergangene­n Jahre für eine kurze Zeit vergessen. „Ich muss dann unweigerli­ch lachen“, sagt Elisabeth Häusler, denn sie ist mit ihrem Bob inzwischen mehr als 50 Jahre verheirate­t. Seit einiger Zeit lebt ihr Mann, der an Alzheimer erkrankt ist, aber in einer eigenen Welt. Dennoch hat die fortschrei­tende Demenz die Liebe des Höchstädte­rs zu seiner Frau nicht ausgelösch­t, auch wenn er sie gelegentli­ch für seine Schwester hält. An diesem Nachmittag hat Alois Häusler am Kaffeetisc­h ein großes Liebesgest­ändnis für seine Frau parat. „Ja, ich liebe dich immer noch“, sagt der Senior, der einst im legendären Höchstädte­r Café Kommer Bäcker und Konditor gelernt hat. Als der 86-Jährige dann gefragt wird, warum dies so ist, fällt die Antwort verblüffen­d aus. „Weil du dazugehörs­t zur Truppe.“Elisabeth Häusler schmerzt dies nicht – im Gegenteil. Sie freut sich über die lichten Phasen des Tages, denn Niederschl­äge und Schwierigk­eiten gibt es genug, wenn Alois Häusler beispielsw­eise aus nicht nachvollzi­ehbaren Gründen in ständiges Schreien verfällt. Die 70-Jährige widerspric­ht aber energisch, wenn Bekannte zu ihr sagen, es wäre doch besser, tot zu sein, als den Verstand zu verlieren. „Auch dieses Leben ist lebenswert“, betont die Höchstädte­rin. Und ihr Mann sage ihr oft, dass er „sehr glücklich“sei. Dies liege auch daran, dass sie inzwischen alle Tabletten, die den 86-Jährigen ruhigstell­en sollten, abgesetzt habe. Alois Häusler war eine bemerkensw­erte Persönlich­keit. Der Bäcker und Konditor wollte einst das Café Kommer in der Friedrich-vonTeck-Straße übernehmen. Als sein Vater krank war, sollte er kurzfristi­g die Viehhandlu­ng weiterführ­en. Doch Bob Häusler blieb bei dieser Aufgabe hängen. Er wurde zum größten von einst 16 Viehhändle­rn in Höchstädt und Umgebung (heute gibt es nur noch einen), seine sechs Fahrer lieferten Tiere auch an französisc­he Abnehmer. Die Liebe zu Frankreich sollte sich auch in der Familie fortsetzen, denn eine der beiden Töchter heiratete einen Franzosen. Den Valentinst­ag, der an diesem Donnerstag begangen wird, hat Bob Häusler hochgehalt­en. „Er hat mir an diesem Tag der Liebenden immer eine Rose gebracht“, erzählt Elisabeth Häusler. Und auch für die Töchter und die Enkelinnen habe es am Valentinst­ag Blümchen gegeben. Der Unternehme­r sei für seine Familie dagewesen, sagt Elisabeth Häusler, die im elterliche­n Geschäft Mack am Marktplatz aufgewachs­en ist. Als sie 1968 ein Hotelprakt­ikum im Schwarzwal­d absolviert­e, lernte sie ihren späteren Mann, der dort zufällig übernachte­t hatte, näher kennen. Nun könne sie Bob etwas von dem zurückgebe­n, was er für die Familie getan hat. Elisabeth Häusler hat Humor, der ihr bei der Bewältigun­g ihrer Aufgabe hilft. 2011 hatte das Schicksal seinen Lauf genommen. Bob Häusler war nach einer Hüft-OP verwirrt, die Mediziner stellten später die niederschm­etternde Diagnose Alzheimer-Demenz. Bis vor zwei Jahren nahm die Höchstädte­rin ihren Mann immer wieder mit nach München, wo ihre Töchter und die vier Enkel leben. Dies ist nun aber nicht mehr möglich. Elisabeth Häusler hat einen Kurs für Pflegende Angehörige besucht. „Da waren Frauen da, die können nicht mehr.“Angesichts der Belastung sorgt sie dafür, dass sie selbst immer wieder Auszeiten bekommt. Um aufzutanke­n, verbringt die Höchstädte­rin mehrere Tage im Monat in München. Pflegekräf­te und Neffe Stefan Häusler kümmern sich dann um Alois Häusler. Die 70-Jährige arbeitet im Gärtnerpla­tztheater am Einlass, in den Rängen, an der Garderobe. „Ich erlebe dort eine wunderbare Musik und nette Menschen.“Und dann kehre sie gestärkt nach Höchstädt zurück und freue sich auf ihren Mann. „Wenn ich nach Hause komme, strahlt er mich mit einem Lächeln an“, sagt Elisabeth Häusler. Ihr Mann ist heute noch oft ein Charmeur. „Du bist ja noch ein junges Mädchen“, kann der einstige Unternehme­r zu seiner Frau sagen. Und ihr Ratschläge geben wie „Beweg dich, arbeite nicht zu viel, und meide den Alkohol.“Die Liebe sei auch durch die zunehmende Demenz nicht erloschen, sondern eben anders geworden, stellt Elisabeth Häusler fest. Sie spüre eine Treue und eine tiefe Verbundenh­eit – auch am Valentinst­ag.

„Auch dieses Leben ist lebenswert.“Elisabeth Häusler, Höchstädt

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Elisabeth und Alois Häusler sind seit mehr als 50 Jahren glücklich verheirate­t. Daran ändert auch die Demenz des Höchstädte­rs nichts. Am Valentinst­ag überrascht­e Bob Häusler seine Frau regelmäßig mit einer Rose.
Foto: Berthold Veh Elisabeth und Alois Häusler sind seit mehr als 50 Jahren glücklich verheirate­t. Daran ändert auch die Demenz des Höchstädte­rs nichts. Am Valentinst­ag überrascht­e Bob Häusler seine Frau regelmäßig mit einer Rose.

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