Diverse Stellenanzeigen im Landkreis Dillingen
Wenn Firmen neue Mitarbeiter suchen, steht dort neben „m“und „w“nun oft ein kleines „d“. Was das zu bedeuten hat und wie Unternehmen mit der neuen Regelung umgehen
BSH macht’s, Same Deutz-Fahr auch, bei Josef Gartner zögert man noch. Was ein kleines „d“in Stellenanzeigen ausmacht.
Dillingen Es gibt etwas Neues im Anzeigengeschäft. Hinter vielen Stellenausschreibungen, auch aus dem Landkreis Dillingen, ist neuerdings der Zusatz „m/w/d“zu lesen. Die ersten beiden Buchstaden stehen altbekannt für männlich und weiblich, das dritte Kürzel ist hingegen neu und steht für „divers“. Damit sollen Personen einbezogen werden, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen.
Den Änderungen bei Stellenangeboten liegt ein Beschluss des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 zugrunde. Dieser besagt, dass für Menschen, die biologisch oder bezüglich ihrer Identität nicht männlich oder weiblich sind, eine dritte Option im Personenstandsregister geschaffen werden muss. Ende vergangenen Jahres verabschiedete der Bundestag ein Gesetz mit der nun vorhandenen Option „divers“. Diese Möglichkeit muss seit Jahresbeginn auch in Stellenanzeigen umgesetzt werden.
Die BSH-Group steuert ihre Jobangebote für den Standort Dillingen zentral von München aus und trägt dem dritten Geschlecht mit dem Kürzel „d“in ihren Anzeigen Rechnung. Bei den Berufsbezeichnungen wie zum Beispiel Entwickler oder Techniker wird aber ausschließlich das generische Maskulinum benutzt. Dies geschehe, laut Stellungnahme des Unternehmens „aus Gründen der besseren Lesbarkeit und ohne jede Diskriminierungsabsicht“. Es seien alle Geschlechter miteinbezogen. Ziel sei es, Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren. Sollten sich Beschäftigte zum dritten Geschlecht bekennen, zöge das weitere Änderungen nach sich. Beispielsweise müssten neue Lösungen für sanitäre Anlagen, möglicherweise in Form einer UnisexToilette gefunden werden.
Auch bei den Ausschreibungen von Same Deutz-Fahr in Lauingen findet sich in neuen Stellenanzeigen seit Anfang Januar das Kürzel für das dritte Geschlecht. Im unternehmenseigenen Job-Portal habe man auch ältere Anzeigen aus dem vergangenen Jahr um den Zusatz ergänzt, so Personalchefin Isabel Groß. Zwar umschließt das Unter- nehmen mit den drei Kürzeln alle drei Geschlechter, Interessierte sind aber nicht verpflichtet, sich bei Bewerbungen für eines zu entscheiden. Eine entsprechende Auswahl findet sich im Job-Portal nicht. Was weiterführende Maßnahmen, wie WCs oder die Zusammensetzung des Betriebsrats angeht, werde man warten, bis entsprechende gesetzliche Regelungen vorgegeben werden.
„Wir machen weitere Änderungen nicht einzig von politischen Vorgaben abhängig“, sagt Marion Heinrich, „sollte bei unseren Mitarbeiterbefragungen etwas aufkommen, wie zum Beispiel der Wunsch nach weiteren Toiletten, würden wir uns etwas überlegen.“Heinrich ist Personal-Managerin bei der Erwin Müller Group in Wertingen. Auch dort wird seit Dezember letzten Jahres mit dem Kürzel „d“in Stellenausschreibungen das dritte Geschlecht mit angesprochen. „Bisher haben wir noch keine Bewerbung erhalten, welche sich auf diese Option bezieht“, so Heinrich. Ein möglicher Grund: Wer sich auf den Onlineseiten des Unternehmens für einen Job bewerben möchte, musste sich bis vergangenen Mittwoch bei der Anredeform noch zwischen „Herr“und „Frau“entscheiden. Inzwischen wurde das Auswahlfeld um die Option „Divers“ergänzt.
Noch in der alten (m/w)-Version sind die Stellenangebote bei Josef Gartner in Gundelfingen. „Wir sind uns des Themas aber bewusst“, sagt Personalleiter Helmut Esser. Das Unternehmen begründet die noch nicht angepassten Anzeigen damit, dass einige Stellen international in englischer Sprache ausgeschrieben würden, wofür das divers-„d“unzutreffend wäre. Ein Zusatz für einzelne Stellen würde zusätzliche Verwirrung stiften. Sobald es auch eine eindeutige Regelung im Englischen gebe, werde man alle Anzeigen auf einmal anpassen.
Anita Christl hält diese Argumentation für gefährlich. Sie ist Beraterin für Arbeitsrecht bei der IHK Schwaben. „Auch in englischer Formulierung: Wenn sich die Suche auf eine deutsche Niederlassung bezieht, gilt das hiesige Antidiskriminierungsgesetz“, so Christl. Wer nicht mit dem „d“als Zusatz operiere, begebe sich in die große Gefahr, geklagt zu werden. Was zukünftige Entwicklungen angeht, rechnet Christl am ehesten mit Anpassungen bei Betriebsratswahlen, da auch dort besonders darauf geachtet werden müsse, keine Beschäftigten zu diskriminieren.
Müssen nun auch neue Toiletten her?