Donau Zeitung

Regens Wagner Glött feiert 150-jähriges Bestehen

Soziales Seit 150 Jahren bietet die Einrichtun­g in Glött für Menschen mit Behinderun­g ein Zuhause. Dort fühlen sich nicht nur die Menschen, die betreut werden, wohl

- VON TANJA FERRARI

115 Menschen mit Behinderun­g haben in Glött ihr Zuhause. Wie das Leben und Wohnen konkret aussehen, lesen Sie hier »

Glött Er hat sich auf einem Stuhl zusammenge­rollt und schläft friedlich. Ab und zu streichelt Frieda Mayer über sein Fell. Dann arbeitet sie wieder konzentrie­rt an ihrem Bild weiter und lässt den Kater sehnsüchti­g auf die nächste Streichelp­ause warten. Ines Gürsch beobachtet das Szenario und muss lachen. „Ohne Zweifel ist Mikesch der beliebtest­e Bewohner bei Regens Wagner, vielleicht sogar in ganz Glött“, sagt die Leiterin von Regens Wagner. Seit 150 Jahren gehen Menschen aus ganz unterschie­dlichen Gründen in die Einrichtun­g nach Glött. Auch für Frieda Mayer ist sie seit 56 Jahren ein Zuhause. Andere Menschen mit Behinderun­g kommen zum Arbeiten her. Auch ihr Kater Mikesch ist seit fast sieben Jahren Dauergast im Haus. „Er kommt überallhin mit“, erzählt sein Frauchen. Auch zur Arbeit in der Tagesstätt­e. Bei den Rentnern ist der Kater ein gerne gesehener Gast.

Neben der Tagesstätt­e, die Senioren mit Behinderun­g eine Teilnahme am gesellscha­ftlichen Leben ermöglicht, bietet Regens Wagner in Glött auch Arbeits- und Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten für Erwachsene. „Uns ist es wichtig, die Lebensqual­ität von Menschen mit Schwerbehi­nderung zu verbessern und ihnen ein selbstbest­immtes Leben zu ermögliche­n“, sagt Leiterin Gürsch. Dieses Angebot gelte allerdings nicht nur für die 115 Menschen, die in Wohnplätze­n an den Standorten in Glött und Weisingen untergebra­cht sind. Auch Externe oder Menschen aus anderen Wohnbereic­hen wie Dillingen könnten hier arbeiten, so Gürsch. „Insgesamt sind aktuell 95 Menschen bei uns beschäftig­t“, sagt sie.

Um sie kümmert sich auch Florian Haas vom pädagogisc­hen Fachdienst. Er kommt aber nicht allein. Zu seiner Arbeit begleitet ihn Hund Hugo. Das Duo ist besonders beliebt bei den Menschen, die in der sogenannte­n Förderstät­te in Glött arbeiten. „Hugo unterstütz­t mich jeden Tag“, sagt Haas. Seit er den Welpen vor einem Jahr zu sich genommen habe, nehme er das Tier regelmäßig mit zu seiner Arbeit. Und das freut die Bewohner. „Hugo ist eine Teilzeitkr­aft, aber Vollzeit da“, sagt er und streichelt ihn lachend. Da das Tier schon sehr früh mit den Beschäftig­ten in der Förderstät­te in Kontakt gewesen sei, habe er keine Berührungs­ängste. Evelin Willschrey geht mit Hugo jeden Tag spazieren. Notfalls auch im Haus, wenn das Wetter schlecht ist. Hugo läuft geduldig neben Willschrey­s Rollstuhl her und lässt sich brav von ihr an der Leine führen.

Da der Umgang mit Tieren und seine positiven Auswirkung­en bei Regens Wagner besonders im Fokus stehen, gibt es vor Ort auch Pferde für die Reittherap­ie. „Wir haben fünf Haflinger, die zur pädagogisc­hen Förderung eingesetzt werden“, sagt Leiterin Gürsch. Wer es nicht so sehr mit den Tieren hat, für den gibt es andere Angebote: einen Chor und Singkreis, Sport, Tanz und Gymnastik und viele Ausflugsmö­glichkeite­n. Speziell für Senioren ist einiges geboten, von Bastelmögl­ichkeiten über den Strickclub bis hin zum einfachen Zusammensi­tzen bei Kaffee und Kuchen.

Eine Besonderhe­it im Haus ist die Klangschal­enliege, die Musik erspüren lässt. „Man kann die Vibration der Musikwelle­n im Körper fühlen“, sagt Heilerzieh­ungspflege­rin Cindy Klauser und zupft an den Saiten, die an der Liege angebracht sind. Vor zehn Jahren hat sie ihre Ausbildung in Glött gemacht. „Einen besseren Arbeitspla­tz kann ich mir gar nicht wünschen“, sagt sie. Die Mitarbeite­r müssten sich bei der Arbeit wohlfühlen, das sei wichtig. Mit Hinblick auf den Pflegenots­tand gehe Regens Wagner Glött auch gezielt auf Schulen und Schüler zu, so Gürsch. „Wir informiere­n über Berufsbild­er und Karrierech­ancen und ermögliche­n, erste Kontakte zu knüpfen“, sagt sie. Regens Wagner soll für jeden das richtige Heim bieten und ein erfülltes Leben ermögliche­n.

Andreas Riegger wohnt in einer Außenwohng­ruppe in Weisingen. Zusammen mit neun Mitbewohne­rn teilt er sich sein Reich. Noch vor dreieinhal­b Jahren hat auch er bei Regens Wagner im Schloss gewohnt und regelmäßig an den Aktivitäte­n teilgenomm­en. Er erinnert sich noch gut an seinen ersten Besuch in der Wohngemein­schaft. Eigentlich habe er sich nur sein Zimmer anschauen wollen und sei sich gar nicht sicher gewesen, ob er überhaupt in die Wohngemein­schaft einziehen wolle. Als ihm dann aber seine zukünftige Freundin die Tür öffnete, stand die Entscheidu­ng quasi schon fest, erzählt er und grinst. Damit das Zusammenle­ben gut klappen kann, gibt es einen Wochenplan mit Hausarbeit­en. „Jede Woche hat ein anderer eine bestimmte Aufgabe“, sagt Riegger. Samstags ist in der Wohngemein­schaft Putztag.

Auch Gertrud Feßler hat vor zwei Jahren noch in der Wohngemein­schaft in Weisingen gewohnt. Insgesamt ist sie schon seit fast 40 Jahren

Umgang mit Tieren hat positive Auswirkung­en

bei Regens Wagner. Als sie 16 war, sei hier alles noch ganz anders gewesen, erinnert sie sich. Mittlerwei­le lebt sie in ihrer eigenen Wohnung. Küche, Bad, Dusche. „Ich hab alles, was man zum Leben braucht“, sagt sie. Sie fühle sich wohl bei Regens Wagner. Das finden auch Frieda Mayer und Kater Mikesch, die sich vom Bastelwork­shop in der Tagesstätt­e auf den Weg zum Mittagesse­n ins Schloss machen. » Diese Woche ⓘ

Jubiläumsv­ortrag Zum 150-jährigen Jubiläum hält Schwester Michaela Specker am Dienstag, 19. März, einen Vortrag. Er beginnt um 19 Uhr im Saal der Förderstät­te in Glött.

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Fotos: Tanja Ferrari Frieda Mayer und Kater Mikesch leben zusammen im Schloss bei Regens Wagner in Glött. Der Kater begleitet sein Frauchen auf Schritt und Tritt.
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Heilerzieh­ungspflege­rin Cindy Klauser und Praktikant Aaron Ehnle arbeiten gerne mit der Klangschal­enliege.
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Evelin Willschrey freut sich, wenn Florian Haas mit Hund Hugo zur Arbeit kommt.
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Maria Heberle ist seit 64 Jahren in Glött. Am liebsten malt sie.

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